SWR1 Begegnungen

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06JUN2021
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Bernd Struck

Wolf-Dieter Steinmann trifft Bernd Struck, Förster für die Karlsruher Stadtwälder

Gestalten, bewirtschaften, pflegen

Die Begegnung mit ihm hat mir die Augen geöffnet. Auf einmal sehe ich wieder diese Vielfalt von Bäumen neben der Straße. Bernd Struck ist Förster für den Karlsruher Stadtwald. Mit Freude und Herzblut, dass er ihn gestalten und bewirtschaften darf. Und pflegen. Das braucht der Wald. Sogar im „Bergwald“, auf guten Böden, sterben Bäume.

Es macht mir schon Sorgen, dass eben auch hier oben viel passiert. Wir haben den Vorteil, dass wir einen bunt gemischten Wald haben, und wenn in einem Waldstück mit 5 Baumarten einer ausfällt, stehen immer noch vier andere da. Da, wo viel Monokulturen sind, da sieht es ganz anders aus.

Ein Bündel von Problemen setzt den Bäumen zu. Vor allem zu wenig Wasser. Aber hat es denn nicht langsam genug geregnet?

Nein, wir hatten viel Niederschlag im Mai, aber viel bleibt natürlich oben in der Vegetation hängen, verdunstet sofort wieder. Wir haben grade ausreichend Wasser in den oberen Bodenschichten, aber in den Tiefen fehlt das Wasser nach wie vor.
2015-20 hat uns ein kompletter Jahresniederschlag gefehlt. Dazu kommt eben die Hitze, dass Insekten davon profitieren, wenn es warm und trocken ist, bestimmte Pilze, und dieses Sammelsurium hat zur Folge, dass viele Baumarten ausfallen.

Auch Buchen und Eichen kränkeln, Ahorn und Kiefern eh. Bernd Struck liebt Wald. Hat dort schon viel Leben verbracht. Mit Kindern, Enkeln, dem Hund. Und er sieht nicht nur Wald, er sieht jeden Baum.

Wenn ich vor `ner alten Eiche stehe, die 200 Jahre auf dem Buckel hat, was die alles erlebt hat, das finde ich einfach faszinierend.

Gerade stadtnahe Wälder tun gut. Geben Ruhe, gerade in der Pandemie, gleichen das Klima aus, Raum für ganz viel Leben. Für viele Menschen sind sie Bezugspunkt, sogar Identitätsstifter. Wie für diese Kinder in einer Wald-Kita. Bernd Struck musste einen Baum fällen, die Kinder waren darüber traurig.

„Unser Baum, da haben wir uns immer getroffen und jetzt ist dieser Baum weg.“ Ein 10-jähriger Baum - für ein drei- oder fünfjähriges Kind, stand der Baum schon immer da. Und so geht’s uns mit den alten Bäumen.

Noch was wird mir bewusst: Wald macht lange Zeiträume lebendig. Zeigt: Wir leben von dem, was wir bekommen. Und sie erinnern: Wir bestimmen über Zukunft und sind Teil von Gottes Schöpfung.

Was haben denn die Vor-Vor-Vorgänger gemacht und gedacht. Ja und natürlich auch eine Verpflichtung, was machen wir draus für unsere Nach-Nach-Nachfolger. Ich sehe, dass Gott uns diese Schöpfung anvertraut hat. Es gilt, sie zu bewahren und zu pflegen.

Er ist aber auch Forstwirt. Entscheidet, ob z.B. eine 120 Jahre alte Buche „geerntet“ wird.  Also gefällt. Tut das weh? Ein wenig: Aber es ist der Kreislauf des Lebens. Ein „guter“ Baum existiert auch weiter und nützt.

Er wird nicht verheizt, es wird ein Möbel draus gebaut. Dieser dicke Baum, wenn der weg ist, können wieder viele junge wachsen. Wenn man diesen Kreislauf sieht, kann man gut mit dem Schmerz umgehen.

Der Wald der Zukunft wird anders, weiß Bernd Struck. Wie entscheidet man da heute richtig?

Am Wald der Zukunft arbeiten

Es wird `ne Verschiebung der Baumarten geben. Wir haben jetzt ganz viele Buchen, wir werden wahrscheinlich zukünftig mehr Eichen haben. Wir werden neue Mischbaumarten einbringen, die mit den klimatischen Bedingungen besser zurechtkommen. Der Wald wird bunter.

Was sie als Forstleute dafür tun ist das eine. Und wie kommen Bäume selbst mit mehr Hitze und weniger Wasser klar? Können sich Wälder in gewissem Rahmen auch anpassen? Sie sind ja lebendige Geschöpfe.

Im Alter sich auf etwas Neues einstellen, das fällt uns Menschen schwer und das fällt den Bäumen auch schwer.
Die neue Waldgeneration, die jetzt heranwächst, die wird unter diesen Voraussetzungen groß. Dh. Sie lernt, damit zu leben, die Bäume werden vielleicht nicht mehr so hoch. Aber ich glaube schon, dass die sich anpassen können.

Bernd Struck klingt zuversichtlich. Obwohl das ja auch ein Wagnis ist: Wer einen Wald gestaltet und neu pflanzt, der trifft heute Entscheidungen drei Generationen weit in die Zukunft. Viele Kriterien muss er dafür vereinen.

Dann, denke ich, ist es wichtig, einen bunt gemischten Wald aufzubauen. Wir müssen die Ökologie im Blick haben. Vielleicht spielt in 100 Jahren das Holz als Rohstoff wieder eine ganz andere Rolle als das heute der Fall ist. Wenn ich heute einen dicken Baum ernte, dann aus der Weitsicht der Menschen damals und genauso müssen wir eben gucken, dass wir ein großes Portfolio von Wäldern zur Verfügung stellen.

Ihm ist bewusst, so eine Verantwortung für die Zukunft ist auch ein Risiko. Da ist Demut angebracht. Aber die Hände in den Schoß legen, das geht gar nicht. Vertrauen gibt ihm sein Erfahrungswissen. Als Forstleute kennen sie ihren Wald, die Böden. Und er weiß, die Vorgänger haben auch schon Zukunft gewagt.

Und dann ist ein gewisses Vertrauen schon da in die Zukunft. Wir brauchen den Wald, der Wald ist ja nicht nur Klimaopfer, sondern auch Klimaretter. Walderhalt ist unser wichtigstes Ziel, das wir haben und nach bestem Wissen und Gewissen schauen wir, dass auch nach 100 Jahren auch noch ein Wald dasteht.

Ich finde das schön und ermutigend, wenn man das in seinem Beruf verbinden kann: Können, Wissen, Demut und auch Stolz. Weil man darauf vertrauen kann wie er, dass man mitarbeitet in und an Gottes Schöpfung.

Weiterzuarbeiten, nach bestem Wissen und Gewissen, mit der Verantwortung für Gottes Schöpfung, für den Wald, für die Bäume, für nachfolgende Generationen. Also daraus schöpfe ich auch meine Kraft.

Aus allem was Bernd Struck sagt, spür ich die Liebe zum Wald. Und ein Stück wünscht er auch Ihnen und mir:

Dass sie vielleicht auch ein bissel Vertrauen haben in die Fertigkeiten der Forstleute. Gehen Sie in den Wald, genießen Sie den Wald, gehen Sie achtsam und passen Sie auf auf den Wald.

Wolf-Dieter Steinmann trifft Bernd Struck, Förster für die Stadtwälder in Karlsruhe. Wald zu gestalten bedeutet, weit in die Zukunft zu denken. Dazu helfen ihm Demut und Wissen, Vertrauen und Stolz.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33296
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