SWR4 Sonntagsgedanken

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03JAN2021
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Ein Gedanke hat mich durch die ganze Weihnachtszeit begleitet und auch jetzt in das neue Jahr hinein. Es ist ein Gedanke von Martin Luther King. Er hat ihn in einer mutmachenden Rede verwendet. Er hat gesagt - mitten in eine ganz andere Krise hinein: Nur wenn es dunkel genug ist, sieht man die Sterne.

Wer einmal in einer klaren Nacht in den Bergen war, oder sonst fernab von der Lichtverschmutzung unserer Städte und Ortschaften, kann das sicher sehr gut verstehen: Nur wenn es dunkel genug ist, sieht man die Sterne.

Wie geht es Ihnen in dieser dunklen Jahreszeit? Welche Sterne haben Sie neu gesehen? Der Ausgang des letzten Jahres, ohne großen und lauten Weihnachtstrubel, ohne Feuerwerk und Kracher hat vielleicht manches neu aufleuchten lassen. Welches Licht hat sie in diesen Tagen erfreut?

Ein gutes Gespräch, auch wenn es nur übers Telefon war? Das Gesicht neben Ihnen, für das sonst im Alltag kaum Zeit bleibt? Ein Gedanke, ein Wunsch, ein Eindruck, der Ihnen persönlich wichtig wurde?

Von Gott heißt es in der Bibel, dass er uns nicht lautstark begegnet, sondern wie ein leises Säuseln, von Jesus heißt es, dass er wie ein Licht in die Finsternis unserer Welt und die Dunkelheit unseres Lebens kommt.

Vielleicht birgt diese besondere Zeit ganz neu die Chance, Gott zu erkennen. Vielleicht kann man Gott neu wahrnehmen, weil man ein bisschen mehr Zeit und Ruhe für diese wichtige Lebensfrage hat. Vielleicht kann man so das neue Jahr geborgen im Glauben und Vertrauen auf Jesus beginnen.

Ich merke, wie ich mehr Zeit zum Beten finde, für das Aussprechen meiner Gedanken und Sorgen, aber auch für das Hinhören, was Gott mir zeigen und sagen möchte.
Und schon wieder klingt dieser Gedanke bei mir an: Nur wenn es dunkel genug ist, sieht man die Sterne.

Sieht man wie weit der Himmel ist, wie groß das Wunder der Natur. Wie viel größer und mächtiger ist dann wohl Gott? Gott, der diesen Himmel geschaffen, aber mitten unter uns gelebt hat. Der wildfremde Menschen an seiner Krippe zusammengeführt hat. Sogar weise Sterndeuter aus dem Osten, die den Himmel nach einem Zeichen Gottes abgesucht haben, sind einem Stern gefolgt. Von ihnen heißt es in der Bibel:

Und der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her, bis er schließlich über dem Ort stehen blieb, wo das Kind war. Als sie den Stern sahen, waren sie überglücklich. Sie gingen in das Haus und fanden dort das Kind und seine Mutter Maria. Da warfen sie sich vor ihm nieder und erwiesen ihm Ehre. (Matthäus 2,9-11)
„Nur wenn es dunkel genug ist, sieht man die Sterne“, das hat schon Martin Luther King gesagt.

Noch ist es dunkel, noch sehen wir nicht weit. Für die meisten von uns gab und gibt es tatsächlich viele Einschränkungen, zwar weniger als in anderen Ländern, aber teilweise mit einschneidenden Folgen. Man darf sich nicht mehr so frei besuchen, wie man es gerne getan hätte und es gewohnt ist. Das Reisen wurde eingeschränkt. Große Feiern, aber auch Weihnachtsmärkte, Konzerte und vielerorts sogar die Gottesdienste mussten abgesagt werden. Bei geschlossenen Läden war auch das Einkaufen von Geschenken sehr eingeschränkt. Eine neue Erfahrung. Mich hat interessiert, wie es jüngeren Menschen damit geht.

Die Antwort meines Schwiegersohnes hat mich erstaunt. Er nimmt das Ganze sehr positiv. Er hat mir gesagt: Ja, das mit der Krankheit ist eine harte und fürchterliche Realität, und es ist unabsehbar, was es für viele bedeutet. Aber ich versuche gerade für mich und für meine junge Familie das andere festzuhalten: Mir hat diese Zeit viel Positives gebracht. Jetzt ist alles nicht mehr so überdreht. Es bleibt viel mehr Zeit mit unserem kleinen Kind. Das ist auch anstrengend, aber sehr schön zugleich. Ich musste meine Arbeit umstellen, vieles sogar komplett verändern. Besprechungen, Geschäftsreisen, Absprachen, Büropräsenzen – vieles ist weggefallen. Für uns ist vieles besser geworden. Ohne die Bedrohung durch die Pandemie wäre es aber nie so gekommen. Längst fällige Umstellungen wurden dadurch enorm beschleunigt.

Und ich höre wieder: Nur wenn es dunkel genug ist, sieht man die Sterne. Nur dann orientiert man sich neu, geht man neue Wege. Ich hoffe sehr, dass auch die Menschen neue Wege finden, die diese Pandemie mehr als andere belastet. Die sich jetzt Sorgen machen müssen um ihr Geschäft, die dem Risiko mehr ausgesetzt sind als andere. Ich hoffe, wir können auch denen beistehen, denen die Krankheit viel genommen hat.

Ich will mich deshalb in diesen dunklen Zeiten noch mehr an Jesus orientieren.  Er hat gezeigt, wie man denen helfen und beistehen kann, die im Dunkeln stehen und kein Licht sehen können. Er ist das Licht der Welt. Und ganz gewiss gilt auch im neuen Jahr:
Nur wenn es dunkel genug ist, sieht man die Sterne.

Und so wünsche ich auch Ihnen einen gesegneten Sonntag mit glitzernden Hoffnungssternen. Behüte Sie Gott.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32354
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