Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Die „Weihnachtliche Festzeit“ ist zu Ende, die Krippen sind abgeräumt, ihre Figuren eingemottet und die Christbäume entsorgt.
Ich habe mir ein kleines Erinnerungsstück herüber gerettet und in meinen neuen Kalender geklebt: ein ganz banaler Strohhalm vom Heiligen Abend. Im Gottesdienst der Betriebsseelsorge haben wir uns gefragt, wo wir hier bei uns konkret auf Armut treffen. Wer Antwort gab, griff sich eine Handvoll Stroh und legte es in die leere Futterkrippe. Von Hungerlöhnen war die Rede, von „Hartz IV“ und von kümmerlichen Renten. Neben der Armut im materiellen Sinn kam natürlich auch die ganze Armseligkeit inmitten des Reichtums zur Sprache: Beziehungskisten, die auseinander krachen, so manche Not mit den heranwachsenden Kindern, die Angst um den Arbeitsplatz oder Arbeit im Übermaß, von Krankheit, Alter und Tod ganz zu schweigen. Am Ende war die Krippe übervoll mit unseren Nöten und Sorgen.
An diesem Bild wurde mir wieder klar, was wir da gefeiert haben: in dieses stachlige Stroh hinein wurde Jesus geboren. Mitten hinein in die erbärmliche Armut der Hirten. Sie waren nicht umsonst die ersten im Stall. Der da geboren wurde, ist ja einer ihresgleichen. Jesus ist bei den Armen, sie brauchen nicht lange zu suchen. Nicht weil sie die besseren Menschen sind, sondern weil er durch seine Solidarität dieser elenden Armut ein Ende machen will.
Die Frage ist dann allerdings: Was feiern denn die Reichen an diesem Fest der Armen? Ist Jesus auch für uns geboren? Wir mit Arbeit und Einkommen, wir – auf der nördlichen Halbkugel unseres Planeten, die wir es besser erwischt haben als die Masse der Menschen in Süden?
Zum Glück haben nicht nur die Hirten den Weg zur Krippe gefunden, sondern auch reiche Könige oder Gelehrte. Sie waren nicht die ersten – aber sie kamen auch noch recht. Wie haben sie den Weg gefunden? Sie waren suchende Menschen geblieben, lehnten sich nicht einfach satt und träge in ihrem Reichtum zurück. Sie trugen eine Vision im Herzen und spürten, dass Leben mehr ist als Haben. Ein Stern hat sie geführt. Und als sie das Kind gefunden hatten, fielen sie nieder und beteten es an. Sie – die Könige fielen vor dem Kind in die Knie. Der Rest war dann schon selbstverständlich: sie teilten ihren Reichtum mit dem Kind.
Der Strohhalm in meinem Kalender soll mich ein Jahr lang daran erinnern: Jesus ist bei den Armen und nicht bei den Reichen. Wenn diese ihn als den Sohn Gottes suchen, dann müssen sie hingehen zu den Armen. Dort werden sie ihn finden.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=2923
weiterlesen...