SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

Ab morgen möchten viele Leute wieder richtig durchstarten. Morgen beginnt ja bei uns in Baden-Württemberg das neue Schuljahr. In Rheinland-Pfalz ist man schon seit zwei Wochen wieder an der Arbeit. Da ging es wahrscheinlich gleich wieder rund und ab morgen nun auch bei mir. Ich bin gespannt, wie das wird. Und wie ich das alles hinkriege.

Bestimmt ist es gut, es langsam und mit Bedacht angehen zu lasse. Ich denke daran, wie Mose mit seinen Leuten aus Ägypten ausgezogen ist. Die Bibel erzählt davon.
Mose und seine Leute wollten damals auch durchstarten. Endlich konnten sie in ein anderes, besseres Leben aufbrechen. Und was passiert?

Gott lässt das Volk einen Umweg machen. Statt auf direktem Weg an der Mittelmeerküste entlang soll Mose seine Leute weit in die Wüste hineinführen. Dabei hätte alles viel schneller gehen können. Aufbrechen, durchmarschieren, und in einigen Tagen wäre die Sache erledigt gewesen. Doch dann heißt es erstmal: Stop! Bitte etwas langsamer. So kommt ihr besser ans Ziel. Mose will mit seinen Leuten durchstarten. Aber Gott lässt sich Zeit.

Vielleicht ist es ja wirklich ganz gut, sich erstmal etwas Zeit zu lassen. Sich erstmal in Ruhe orientieren, und nicht gleich aufs Ziel losstürmen. Umwege sind ja keine Abwege. Zumindest wenn man mit Gott unterwegs ist. Dann, hoffe ich, führen auch Umwege zum Ziel. Nur eben mit etwas mehr Bedacht. Etwas bewusster. Wenn man an einer Aufgabe wirklich wachsen will, vielleicht sogar über sich hinaus, dann kann man sie nicht nur abhaken, glaube ich. Auch in besondere Herausforderungen muss ich wohl erst allmählich hineinwachsen, wenn ich ihnen gewachsen sein will.

Das gilt besonders für Konflikte und Auseinandersetzungen, im Beruf, aber auch in der Familie. Ich streng mich an und möchte etwas erledigen, und dann heißt es plötzlich: „Ne, das hier ist mein Platz!“ „Sie wollen mit uns etwas zusammen machen? Wie stellen Sie sich das denn vor, das geht ja nun gar nicht!“

So ähnlich hätten es wohl auch Mose und seine Leute erlebt, wenn sie ruckzuck an ihr Ziel gelangt wären. Es hätte dort wahrscheinlich ganz großen Ärger mit anderen Leuten gegeben. Sie hätten kämpfen müssen, sich durchsetzen müssen. Das hätte sie nicht geschafft!  Da hätte sie angefangen zu zweifeln und sich gefragt, warum sie sich das überhaupt antun.  So geht mir das jedenfalls. Wenn ich mich überfordert fühle, dann ziehe ich mich am liebsten zurück.

Deshalb also: lieber erstmal ein Umweg. Das schützt vor Überforderung. So hat Gott Mose und seine Leute vor Überforderung geschützt. So schützt er hoffentlich auch mich davor. Grad dann, wenn ich morgen wieder richtig durchstarte.

Manchmal ist es sicher gut, wenn man sich etwas Zeit nimmt. Erstmal schauen, wo‘s hingehen soll, bevor man sich kopfüber in die neuen Aufgaben und Herausforderungen hineinstürzt. Von Mose und seinen Leuten erzählt die Bibel: „Sie zogen wohlgeordnet aus Ägyptenland.“

Wer aufbricht und durchstartet, der braucht also auch Organisation, Regeln, Strukturen. Schon Kleinigkeiten können da eine Hilfe sein, glaube ich. Manche telefonieren jeden Tag um eine bestimmte Zeit mit der Familie, andere gehen regelmäßig mit dem Hund oder starten mit einer Viertelstunde Morgengymnastik in den Tag. Manche auch mit den Herrnhuter Losungen.

Kleine Alltagsrituale, die Halt geben, grad wenn man noch nicht so ganz klar weiß, was einem der Tag bringen wird. Mose und seine Leute, so lese ich in der Bibel,  haben damals auch „die Gebeine von Josef“ mitgenommen, von dem Vorfahren also, der als erster nach Ägypten gekommen war.   

Das ist so, als würden wir alte Familienfotos einpacken oder Familienstammbücher oder die alte Bibel der Ururgroßeltern.Wahrscheinlich hilft das ja, wenn man aufbricht und durchstartet: Dass man an Bewährtes anknüpfen kann. Mir tut das, glaube ich, auch gut, wenn ich nicht immer ganz vorn anfangen muss. Es muss gar nicht alles erst- und einmalig sein. Ich kann auch auf Altbewährtes zurückgreifen. Leute in meinem Alter haben ja schon einiges an Erfahrung. Berufserfahrung. Lebenserfahrung.

Das hilft hoffentlich auch mir, mit dem, was ansteht, zurecht zu kommen. Und dann gibt es noch eine ganz wichtige Starthilfe. Gott geht mit an den Start und ist beim Aufbruch mit dabei. Auch das lese ich in der Bibel.

Als Mose mit seinen Leuten losgezogen ist, da haben sie sich tagsüber an einer Wolkensäule orientiert und nachts an einer Feuersäule. Und sie waren davon überzeugt: Mit Wolkensäule und Feuersäule zeigt uns Gott, wie wir uns orientieren sollen. Ich hoffe darauf, dass Gott mir auch solche Hinweise gibt, wo‘s langgeht: Ein interessanter Beitrag im Radio oder in der Zeitung – und plötzlich komme ich auf andere, neue Gedanken.

Eine Bekannte erzählt mir von ihren Schlafstörungen und ich denke: So geht die also damit um. Das will ich auch mal versuchen. Plötzlich wird der Kopf frei und ich sehe, was als nächstes dran ist. Irgendwie, hoffe ich, zeigt Gott mir den Weg. Mit diesem Vertrauen möchte ich durchstarten. Und Ihnen wünsche ich nun auch einen guten Start: in die neue Woche, ins neue Schuljahr, in den Herbst – was immer bei Ihnen ansteht: bleiben Sie behütet!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27163
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