SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

-Glaube und Einsatz für den Nächsten.
Der Glaube an den Gott der Bibel ist nicht bloß ein innerliches Gefühl. Nein, wer an den Gott der Bibel glaubt, der wird das auch in seinem Verhalten zeigen. Wer sich im Gottesdienst zu Hause fühlt, der wird sich für andere einsetzen, die es schwer im Leben haben. Beides gehört unauflöslich zusammen.

Einer, der das verstanden und gelebt hat, war Dietrich Bonhoeffer, der Theologe, Christenmensch und Widerstandskämpfer. Im April 1943 wurde er verhaftet, weil er sich am Widerstand gegen das Naziregime beteiligt hat. Zwei Jahre später – kurz vor Ende des Kriegs – wurde er auf persönlichen Befehl Hitlers hingerichtet.

Was hat er heute noch zu sagen? Warum an ihn denken im Juli 2018? Bonhoeffer hat schon früh gemerkt, was damals los war. 1933 im April, kaum ein Vierteljahr nach der Machtergreifung durch die Nazis, da hatte die Ausgrenzung der jüdischen Mitbürger schon begonnen. Bonhoeffer hat damals nicht geschwiegen. „Öffne deinen Mund für die Stummen!“ In diesem Satz aus der Bibel hat er einen Auftrag für sich gesehen. Und die Stummen, das waren für ihn die Juden. „Nur wer für die Juden schreit, darf auch gregorianisch singen“, sagt er später immer wieder.

Bonhoeffer ist auch selber aktiv geworden. Er hat Juden über die Grenze ins sichere Ausland geholfen. 1940 hat er sich dem Kreis der Verschwörer gegen Hitler angeschlossen. Er knüpft Kontakte zur Widerstandsbewegung im Ausland. Irgendwann fliegt das alles auf. Dann wird er verhaftet und landet im Gefängnis. Er hat um das Risiko gewusst, das er eingegangen ist, als er sich dem Widerstand angeschlossen hat. Aber das nicht zu tun, wäre keine Alternative gewesen für ihn. Kurz bevor er verhaftet wird, sagt er: „Mag sein, dass der jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gerne die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht.“

Der Aufenthalt im Gefängnis setzt ihm körperlich und seelisch zu, Angst vor dem Tod und dann wieder hoffnungsvolle Momente. Aber er spürt auch: In größter Not ist Gott ganz nah. Immer wieder haben Menschen diese Erfahrung gemacht und weiter gegeben. Dietrich Bonhoeffer hat darüber ein Gedicht geschrieben. Viele kennen das als Lied. Gerade in dunklen Stunden kann es einen trösten: „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“

II.
„Von guten Mächten treu und still umgeben, behütet und getröstet wunderbar, so will ich diese Tage mit euch leben und mit euch gehen in ein neues Jahr.“ So fängt Dietrich Bonhoeffers Gedicht an, das er im Dezember 1944 im Gefängnis geschrieben hat. Davon habe ich Ihnen gerade hier in den SWR4-Sonntagsgedanken erzählt.

Für Dietrich Bonhoeffer sind Engel die guten Mächte. Sie haben ihn und seine Lieben behütet und getröstet. Das hat er geglaubt und gespürt.. Der Gott der Bibel lässt sich von der Not seiner Menschen anrühren. Er schickt ihnen seine guten Mächte. Er ist bei den Verfolgten. Bei denen, die nicht wissen, wie es weitergehen soll. Er ist bei den Gefangenen. Ich finde: Das gilt doch nicht nur für mich! Da kann ich doch nicht still bleiben, wo Menschen in Not geraten. Engel, glaube ich, das sind doch nicht nur Männer mit Flügeln. Kann ich nicht auch einer sein, für jemanden, der mich braucht? Dietrich Bonhoeffer hat sich im Gefängnis auch durch seine Familie getragen gefühlt. Einmal schreibt er in einem Brief an seine Braut: „Du, die Eltern, die Freunde, ihr alle… ihr seid mir immer ganz gegenwärtig.“ Das hat ihm im Gefängnis geholfen.

Ich sitze heute nicht im Gefängnis. Was kann ich tun für andere? Für Menschen, die keine Familie haben. Für Kinder, um die sich keiner kümmert. Für Alte, die allein sind. Damit sie die guten Mächte um sich spüren?

Am 9. April 1945, einen Monat vor Ende des Krieges, wurde Dietrich Bonhoeffer hingerichtet. Die Nazis wollten ihn noch beseitigen. Aber seine Botschaft haben sie nicht auslöschen können. Von Gottes guten Mächten hat er sich behütet und getröstet gewusst. Sie haben ihn bis zum Schluss stark gemacht – und ich glaube: sie ermutigen Menschen bis heute.

Gott ist mit seinen guten Mächten bei mir, auch wenn ich scheinbar alleine bin. Das bleibt, gerade heute, im Juli 2018.
Gott sei Dank ist es heute nicht so gefährlich wie zu Bonhoeffers Zeiten, den Mund aufzumachen und für andere da zu sein. Ich finde, das ist ein großes Glück und eine große Chance. Der Glaube an den Gott der Bibel ist nicht bloß ein innerliches Gefühl. Er setzt mich in Bewegung, weil ich darauf hoffen kann: „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“

Ich wünsche Ihnen einen frohen Sonntag und eine gute Woche.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26729
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