SWR4 Feiertagsgedanken

SWR4 Feiertagsgedanken

„Komm, Herr Jesus, sei du unser Gast, und segne, was du uns in Gnaden bescheret hast.“
So hat mein Opa früher immer gebetet, wenn wir Kinder samstags bei den Großeltern essen durften. Ich fand das herrlich und glaube bis heute: Wo man so viel Geborgenheit fühlt wie wir Kinder damals bei Oma und Opa, da ist Jesus sicher mit dabei.

Die Bibel erzählt immer wieder davon, wie Jesus mit seinen Freunden zusammen gegessen und getrunken hat. Es muss eine ganz besondere Atmosphäre gewesen sein, sehr offen, sehr weitherzig. Etwas, das sich einprägt. Das haben auch die Jünger von Jesus erlebt, die auf dem Weg von Jerusalem in das Dorf Emmaus einen Mann kennengelernt hatten. Sie kannten ihn nicht, aber sie hatten sich gut unterhalten. Es ging um die schlimmen Dinge, die ein paar Tage vorher in Jerusalem passiert waren. Die Kreuzigung von Jesus. Die beiden Jünger hatte das sehr mitgenommen. War jetzt alles vorbei, haben sie sich gefragt.  Sie hatten doch so viel Hoffnung auf Jesus gesetzt.

Der Mann, der mit ihnen ging, hat ihnen erst gut zugehört und dann erklärt, wie er die Dinge sieht. Als sie schließlich daheim in Emmaus angekommen waren, da wollten die beiden den Mann nicht einfach weiterziehen lassen. „Komm, bleib doch bei uns, es ist schon Abend!“ Und er hat sich tatsächlich von den beiden einladen lassen. Bei Tisch hat er dann das Brot so in die Hand genommen und verteilt, als wäre er selbst der Gastgeber. Und plötzlich haben die Jünger begriffen, wer bei ihnen ist. Jesus war bei ihnen! Die ganze Zeit über auf dem Weg von Jerusalem nach Emmaus war er bei ihnen und eben jetzt auch bei Tisch. „Da wurden ihre Augen geöffnet und sie erkannten ihn.“

Mir gefällt das, wie die Bibel diesen Augenblick beschreibt. Ich stelle mir vor, was da passiert ist. Hier, nehmt, esst ein Stück Brot! Und trinkt einen Schluck Wein. Das war typisch Jesus. So hatte er doch auch immer Brot und Wein verteilt, wenn sie mit ihm gegessen hatten. Dadurch wurde Jesus auf einmal wieder ganz lebendig für sie. Seine Art zuzuhören, zu reden, zu trösten… Ein österliches Mahl halt!

 „Komm, Herr Jesus, sei du unser Gast…“ Ich mag dieses Tischgebet, weil ich die Vorstellung mag, dass Jesus genauso lebendig mit dabei ist wie damals in Emmaus, wenn ich vor meinem Teller sitze. Was Gutes essen. Was Schönes im Radio hören. Oder viel erzählen. Was war los heute? Was gibt’s Neues? Auch mal Dampf ablassen. So stelle ich mir das vor, eine gesegnete Mahlzeit, mit der Gott Leib und Seele etwas Gutes tun will. Und grad dann, wenn ich traurig und niedergeschlagen bin, dann hoffe ich darauf, dass ich Gott an meiner Seite spüre. Das hat etwas Österliches. Das gibt Schwung und neue Kraft.

Eine schöne Vorstellung für mich: Wenn Jesus mit dabei ist, dann führt das Menschen zusammen. Manchmal ist es ja nicht ganz einfach, alle in der Familie unter einen Hut zu bringen, aber gerade deswegen ist es für mich unverzichtbar. Beim Essen und Trinken lässt sich wunderbar reden und es kommt vieles auf den Tisch. Ob es deswegen wohl auch Arbeitsessen gibt und die gemeinsame Frühstückspause im Büro? Essen muss jeder. Deswegen bringt Essen und Trinken die Menschen an einen Tisch. Und genau das hat Jesus ja auch gewollt, er wollte die Menschen an einen Tisch bringen.

Ich kann mir aber auch vorstellen, dass es Tischgemeinschaften gibt, wo sich Jesus als Gast gar nicht wohlfühlt. Wie mag es ihm z.B. gehen, wenn jeder zum Essen kommt und geht, wie er will. „Wart, ich komm gleich, ich muss nur noch…“ – und dann sind die Kartoffeln schon kalt. Ob ihn das wohl auch befremdet, wenn einige Leute sich bei Tisch mehr mit ihrem Smartphone unterhalten als mit ihrem Tischnachbarn? Und wie mag es ihm wohl gehen, wenn manche Leute sich den Teller vollpacken und alles in sich hineinschlingen, ohne darüber nachzudenken, wieviel Arbeit mit so einem Essen verbunden ist, in der Küche, aber auch vorher bei der Landwirtschaft und den Produzenten. Eigentlich ist es ja sogar Gott selbst, der mit dem „täglichen Brot“ dafür sorgt, dass wir leben können. Für mich ist das Grund genug, respektvoll und achtsam mit dem umzugehen, was auf den Tisch kommt.

 „Komm, Herr Jesus, sei du unser Gast…“ Ja, wenn ich so bete – wie damals mein Opa – dann hat das Konsequenzen. Er kommt nämlich wirklich, wenn man ihn einlädt, der „Herr Jesus“ so wie damals in Emmaus. Da sind die Jünger nach dem Essen aufgestanden und gleich noch mal  den ganzen Weg zurückgelaufen zu den anderen. Die sollten das doch auch erfahren, was sie erlebt hatten. Vielleicht würden denen ja auch „die Augen aufgehen“.

Ich kenne viele Menschen, die alleine am Tisch sitze. Sitzen müssen. Ich denke daran, wie viele Plätze leer bleiben. Und ich kenne viele Menschen, die sich genau deswegen zusammentun. Die drei Damen z.B., die sich jeden Freitagnachmittag zum Kaffeetrinken in ihrem Lieblingscafé verabreden…

Ich glaube: beim Essen und Trinken kann man was von Ostern erleben: wie das Leben aufblüht. An den Osterfeiertagen. Und auch danach.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen gesegnete Mahlzeiten und auch heute nochmal einen ganz frohen Ostertag.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26210
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