Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wo bist Du, Gott? Wie kannst Du das zulassen? Es gibt kaum mal eine Nachrichtensendung, nach der ich das nicht denke. Das Sterben in Syrien hört nicht auf, in Afghanistan sterben Kinder, im Irak, im Jemen. Ich höre von einem Kind, das ein Betrunkener überfahren hat. Das Kind ist tot. Wie kann Gott das zulassen? Was soll man den Eltern sagen?

Die Frage ist nicht neu. Schon in den Gebeten der Bibel quälen sich Menschen damit herum. Mit den eigenen Fragen und mit dem Spott der anderen, die sagen: „Wo ist er denn nun, dein Gott!“ (Psalm 42,4) Oder die einem raten: Finde dich damit ab. Es gibt keinen Gott. Hör auf, dich mit solchen Fragen zu quälen. Die machen es doch bloß schlimmer.

Einmal hat Gott selbst eine Antwort gegeben auf solche Fragen. Jetzt, in den Wochen vor Ostern, in der Passionszeit, erinnern wir Christen uns daran. Wir erinnern uns an Jesus Christus, der verfolgt wurde, verhaftet, gefoltert und hingerichtet. Von dem erzählt wird, dass er selbst geschrien hat: „Warum hast du mich verlassen, Gott?“

Wir Christen glauben: In diesem Jesus Christus hat Gott selbst sich gezeigt. Jesus Christus war gewissermaßen das menschliche Gesicht Gottes. Damit Menschen begreifen können, wer Gott ist. Und wie er Menschen begleitet und ihnen hilft, zu leben – gerade auch in dunklen Stunden.

Aber Jesus musste auch leiden und sterben. Unschuldig  Weil andere die Macht hatten und er sich nicht wehren konnte. Oder nicht wehren wollte. So ist die Welt. Manchmal zum Schreien ungerecht. So ist sie geworden. Eine andere haben wir nicht. Leider.

Wir Menschen träumen und hoffen eher von einem Gott, der machtvoll rettet. Der dem Betrunkenen den Autoschlüssel abnimmt. Der den politisch Verantwortlichen Einsicht gibt und dem Krieg ein Ende macht. Der den Sterbenden einen gnädigen Tod gibt. Und das geschieht ja auch immer wieder. Wie viele schlimme Unglücke werden verhindert, Menschen werden gerettet und bewahrt.

Aber oft passiert das eben auch nicht. Zu oft. Dann sterben Menschen. Und die Hinterbliebenen fragen sich: Wo war jetzt Gott? Ich weiß keine Antwort auf solche Fragen. Nur eines glaube ich fest: Gott selbst weiß, wie das ist. Wie sich das anfühlt, wenn man schreien möchte: „Warum lässt du mich im Stich, Gott!“ Er kennt das. Und er lässt keinen allein, dem es so geht. Auch wenn das zunächst gar nicht zu spüren ist.

Als Jesus schreiend starb, hat ein römischer Soldat gesagt: „Dieser war wirklich Gottes Sohn!“ Seither kann man glauben: Gott ist bei denen, die leiden müssen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26109
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