Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wie viel hatte sie damals – in den Achtzigern – getan, um den Leuten in ihrer Klasse zu gefallen. Wie sie sich anzog, welche Musik sie hörte, was sie cool fand, aber auch wofür sie sich keine Zeit nahm – das alles bestimmte ganz wesentlich die Clique. Wenn sie heute daran zurückdenkt, wird ihr bewusst, dass ihre Mitschüler von damals keinerlei Bedeutung mehr für sie haben. Und doch hatte ihr Einfluss sie bestimmt und geprägt. Der Mann, den sie geheiratet hatte, war einer von ihnen. Aber im Rückblick musste sie feststellen, dass sie überhaupt nicht zueinander passten und nie wirklich eine Chance hatten für eine glückliche Ehe.

Wie konnte sie nur so blind gewesen sein? Als sie ihren Burnout in einer Klinik aufarbeitete, wurde ihr klar, dass das Muster noch viel tiefer saß. Immer wollte sie es allen recht machen und vor allem dazugehören. Ihre Eltern sollten stolz auf sie sein können. Eine gute Mutter wollte sie sein – und eine gute Ehepartnerin. In der Firma passte sie sich den Erwartungen der Kollegen und der Chefin an. Bis es irgendwann nicht mehr weiter ging.

Die Klinik, in die sie kam, war ihr von einer Freundin empfohlen worden. Sie war von engagierten Christen gegründet worden, und das spürte man durchaus. Sie begegnete dort einem Satz, der zunächst ziemlich altertümlich klingt. Es ist ein Satz von Jesus aus dem Matthäusevangelium: „Kommt her zu mir, alle die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir (Mat 11,28-29).“

Entlastung und Befreiung erfahren, indem man sich von Jesus etwas Neues auferlegen lässt? Das klingt wie ein Widerspruch in sich. Und doch handelt es sich um eine der Grundwahrheiten, die das Neue Testament durchziehen. Sie lautet: durch die Bindung an Jesus finden wir Freiheit zum Leben. Jesus fordert auf, sich von ihm zeigen zu lassen, was hilfreich oder schädlich und was richtig oder falsch ist. Wer sich darauf einlässt, verspricht er, wird frei von anderen Antreibern und Mächten, die uns steuern. Das Ganze funktioniert, wenn ich mich tatsächlich immer wieder neu an Jesus orientiere. Das meint das Bild vom „Joch auf sich nehmen“. Natürlich ist jede Beeinflussung von außen Einschränkung und somit ein Joch. Auch die durch Jesus. Aber, gibt es nicht immer etwas oder jemanden, der uns bestimmt? Unsere Freiheit besteht nur darin, dass wir wählen können, wer und was uns prägen soll.

Sich freiwillig an Jesus zu binden, war für diese Frau die Entdeckung ihres Lebens und der Beginn eines heilsamen Weges.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24746
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