SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

In diesen Sommertagen sind viele unterwegs, gerade die Deutschen gelten ja als Reiseweltmeister. Ein ganz wichtiger Grund fürs Reisen ist oft, Fremdes und Fremde kennenzulernen.

Dabei ist es mit dem Fremden so eine Sache: Was fremd ist, macht mich neugierig, fasziniert mich. Was fremd ist, verstört aber auch, und kann ängstigen. Wenn ich in einem fremden Land Urlaub mache, ist das Risiko freilich beschränkt. Ich kann ja meistens selbst steuern, wie sehr ich mich dem Fremden aussetzen will. Und so kann ich es meist genießen, wenn das Essen anders schmeckt, sich Menschen ganz anders kleiden, sie einen anderen Glauben haben.

Wenn ich nach Hause zurückkomme, sehe ich das, was mir vertraut und eigen ist, dann oft mit anderen Augen. Ich freue mich von neuem, wenn ich etwa die heimische Landschaft wiedersehe. Oder ich frage mich sehnsüchtig, was ich gerne von der Reise nach Hause mitgenommen hätte.

Auch zu Hause werde ich natürlich wieder mit Fremden konfrontiert. Und manchmal erschrecke ich: Auf Reisen macht es mich neugierig und fasziniert mich, wenn mir fremde Menschen mit einer oft ganz anderen Lebensart begegnen. Zuhause, in meiner vertrauten Umgebung, irritiert mich ihr anderes Essen, ihre andere Kleidung, erst recht ihre andere Religion. Empfinde ich Fremdes als weniger fremd, wenn ich selbst ein Fremder bin? Zuhause und in vertrauter Umgebung mache ich aber auch noch eine andere Erfahrung mit Fremdheit: Obwohl wir Kultur und Lebensart, oft auch den gleichen Glauben teilen, entdecke ich gelegentlich an Freunden und selbst in der engsten Familie, manches, was mir einfach fremd bleibt. Auch diese Fremdheit macht mich oft neugierig oder fasziniert mich. Ich versuche dann, den Freund noch besser kennenzulernen. Oder ich habe einfach Freude an seinem überraschend anderen Blick auf die Welt.

Aber gelegentlich kann ich diese Fremdheit auch schlecht ertragen, sie ängstigt mich. So nah sind wir uns und doch so fremd! Können wir uns trotzdem vorbehaltlos trauen, uns lieben? Wünsche ich mir womöglich, dass alle so sind wie ich selbst?

Wo die Bibel unmissverständlich appelliert, gastfreundlich und offen gegenüber Fremden zu sein, mahnt sie zugleich das Volk Gottes, sich zu erinnern: Vergiss nicht, dass Du selbst fremd warst in Ägypten!

Ein bisschen klingt diese Mahnung auch mit, wenn ich reise, von einer Reise zurückkehre: Erinnere Dich, wie es war, als Du für ein paar Tage fremd warst in einem Land! Und erinnere Dich auch daran, dass Du selbst für Menschen, die Du liebst und die Dir sehr nahe stehen, gelegentlich sehr fremd sein kannst.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24702
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