SWR2 Wort zum Tag

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Eines meiner Lieblingsbücher heißt: „Der Gaukler Pamphalon“. Es stammt von dem russischen Dichter Nikolai Leskow. Ihm zugrunde liegt eine Legende aus dem 4.Jahrhundert. Leskow beschreibt einen Menschen mit Namen Hermius, der es ganz genau wissen will. Alles in punkto Glauben ist ihm zu lasch. Er will es richtig machen, will das Evangelium genau nehmen und stürzt sich in Askese pur. Er verkauft seinen ganzen Besitz und wird Einsiedler. Er sucht einen Ort, wo er sich von der schnöden Welt zurückziehen kann und findet: eine Säule! Dort hält er tapfer allen Versuchungen stand und wird zum Musterbeispiel des Asketen. Das geht über Jahre so. Die Leute versorgen ihn mit Essen und erzählen ihm dies und das. Was so in der Welt passiert.

Doch die Stimmung des Hermius bleibt düster. Die Welt ist in seinen Augen schlecht. Dann hört er eines Tages von einem Menschen, von dem man erzählt, er sei so etwas wie ein Heiliger. Ein leuchtendes Vorbild in all dem weltlichen Durcheinander. Sein Name ist Pamphalon. Hermius lässt diese Nachricht nicht los. Er beschließt diesen Menschen kennenzulernen. Also steigt er von seiner Säule und macht sich auf den Weg. In seinen Gedanken stellt er sich diesen Pamphalon als einen Mega-Asketen vor, als einen superfrommen Menschen. Er findet ihn und erlebt die Überraschung seines Lebens. Dieser sogenannte Heilige entspricht ganz und gar nicht seinen Vorstellungen. Pamphalon ist ein Gaukler, ein Spaßmacher, der mit seinen Tricks und Kunststücken die Leute zum Lachen bringt und seine kleine Hütte gastfreundlich offen hält. Asket und Gaukler - zwei Welten begegnen sich. Während Hermius krampfhaft versucht, mit Strenge und Weltkritik die Moral hochzuhalten, lebt Pamphalon mitten in dieser Welt, begegnet den unterschiedlichsten Menschen und sorgt dafür, dass manch versteinerte Mienen aufgehellt werden.

Nichts gegen gut dosierte Askese und Verzicht, aber Glaube hat für mich zu allererst mit Lebenslust zu tun und nicht mit griesgrämiger Weltuntergangsstimmung. Die Botschaft des Evangeliums ist befreiend und das soll man uns Christen auch ansehen. Typen wie der Pamphalon in Leskow’s Erzählung kennen die Menschen, auch mit ihren Ecken und Kanten und lieben sie trotzdem. Und solche Exemplare, solche positiven Menschen, gibt es nicht nur in der Literatur. Gott sei Dank.                                                           

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