Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Eine Freundin von mir hat momentan kein Handy. Ihr altes ist kaputt. Damit alle Bescheid wissen, die sie dort anrufen wollen, hat sie eine Nachricht an ihre Kontakte geschickt. Aber statt sich zu ärgern und um Geduld zu bitten, bis sie ein neues hat, und sich sofort darum zu bemühen, ein neues zu organisieren, dreht sie den Spieß um, und gibt ihrem Freundeskreis kluge Ratschläge. In ihrer Nachricht schreibt sie:

Lieber kicken, statt klicken!

Lieber biken, statt liken!

Lieber paddeln, statt daddeln!

Ich habe auch ein Handy und mich daran gewöhnt, dass ich ständig und überall erreichbar bin. Für meinen Beruf ist es fast unverzichtbar. Ich will auf dem laufenden sein. Wenn ein aktuelles Ereignis es notwendig macht, muss ich mich absprechen können, egal ob ich im Zug sitze oder auf einer Tagung bin. Auch am späten Abend muss ich mich mit Kollegen absprechen können. Aber es gibt auch Dinge, die ich nicht mache: Ich telefoniere nicht in der Öffentlichkeit, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt. Im Zug oder in der Mittagspause sollen andere nicht mit anhören müssen, was ich zu verhandeln habe. Und sollte eine Angelegenheit mal ganz dringend und wichtig sein, dann mache ich es so kurz wie nur möglich. Und ich frage vorher um Erlaubnis oder entschuldige mich hinterher. Ich habe auch nicht den Anspruch, sofort erreichbar zu sein. Lieber rufe ich dann bei günstiger Gelegenheit zurück. So viel Zeit gibt es immer. So eilig ist nichts. Ich sitze auch nicht bei Besprechungen oder im Restaurant und schaue ständig auf mein Handy. Das finde ich unhöflich, weil es ein normales Gespräch fast unmöglich macht. Und weil es falsche Prioritäten setzt. Ich finde immer noch eine Unterhaltung Auge in Auge, Ohr an Ohr besser und wertvoller als getippte Nachrichten, die hin und her gehen. Mit meinem Handy kreise ich um mich selbst, befinde mich in meiner exklusiven Welt, zu der andere nur indirekt einen Zutritt haben.

Wenn ich meine Freundin richtig verstanden habe, dann meint sie genau das: Dass echte Begegnung und direkte Kommunikation wichtig sind, ja, dass sie kostbarer sind als alle virtuellen Formen per sms, e-mail oder whatsapp. Fußball Spielen gehört dazu, Boot fahren, Radfahren. Und vieles andere, was Spaß macht. Ich bemühe mich, das nicht zu vergessen, auch wenn mein Handy noch ganz ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24538
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