SWR2 Wort zum Tag

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Charakteristisch für die Predigt Jesu ist eine Radikalisierung der Gebote. Er lenkt den Blick vom äußeren Tun auf die innere Haltung. Entscheidend für das Urteil über gut und böse ist nicht erst das nach außen erkennbare Handeln, sondern die innere Haltung, der Geist. Aber was ist dieser Geist?

Im Johannesevangelium wird diese Frage immer wieder an Jesus gestellt. Das erste Mal will ein Gesetzeslehrer wissen, wie ein erwachsener Mensch aus dem Geist neu werden, neu geboren werden kann. Und Jesus antwortet, dass Gottes Geist nichts ist, was man festhalten und worüber man verfügen kann. Er sagt: „Gottes Geist ist wie der Wind, der weht, wo er will, du hörst sein Brausen, weißt aber nicht, woher er kommt und wohin er geht. (Joh 3,8) Ein anderes Mal spricht Jesus mit einer Frau über ihre unterschiedlichen religiösen Traditionen. Sie fragt ihn nach dem rechten Ort, um Gott anzubeten. Und Jesus antwortet: „Gott ist Geist, und die ihn anbeten, werden ihn in Geist und Wahrheit anbeten. (vgl. Joh 4,23) Beide Male lenkt Jesus den Blick seiner Gesprächspartner in eine neue Richtung: von außen nach innen. Von einer sichtbaren hin zu einer unsichtbaren, nicht fassbaren und nicht verfügbaren Wirklichkeit.

Ein drittes Mal verheißt Jesus denen, die an ihn glauben, dass ihre eigene Quelle in ihnen zu lebendigem Wasser wird. „Wer Durst hat, der komme zu mir, und es trinke, wer an mich glaubt. Wie die Schrift sagt: ‚Aus seinem Innern werden Ströme von lebendigem Wasser fließen‘.“ (Vgl. Joh 7,37-39) Der Evangelist Johannes fügt hinzu: „Damit meinte er den Geist, den alle empfangen sollten, die an ihn glauben“.

Das Johannesevangelium geht davon aus, dass sich Religionen durch äußere Merkmale unterscheiden: Orte, Feste und Gebetsformen. Diese sind jedoch für Jesus weniger wichtig als der Geist. Menschen sollen sich weniger durch das bestimmen lassen, was in ihrer Religion nach außen sichtbar wird als durch die Gegenwart des Geistes in ihnen. Im Vertrauen auf den Geist in ihrem Innern werden sie ihren eigenen Weg gehen, innerhalb ihrer Religionsgemeinschaft und in der Freiheit mündiger Menschen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22030
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