SWR1 3vor8

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Apg 15,1-29

Die Urgemeinde, die Gemeinde der ersten Christen gilt vielen als ein Vorbild. Es herrscht die Auffassung: Da war die Kirche noch Ordnung. Untereinander war man ein Herz und eine Seele und es gab noch keine Skandale.

Nun gibt es in der Bibel durchaus Hinweise, die in dieser Richtung interpretiert werden können. Aber es gibt auch genauso Stellen, die das Gegenteil belegen. In den katholischen Gottesdiensten wird heute von so einer berichtet. Sie steht im 15. Kapitel der Apostelgeschichte. Da geht es um einen Konflikt zwischen Paulus und Leuten aus der Urgemeinde.  Was war passiert? Die Jerusalemer Urgemeinde bestand aus Juden, die sich zu Christus bekannten. Man verstand sich selbst als eine Art Reformgruppe innerhalb des Judentums. Paulus aber hat auf seinen Missionsreisen nicht nur Juden, sondern auch Nichtjuden – also Heiden - getauft. Teile der Jerusalemer Urgemeinde forderten nun, dass diese Heiden zuerst Juden werden müssten bevor sie Christen werden könnten. Und das bedeute: sich beschneiden lassen und sich an jüdische Reinheitsvorschriften halten. Paulus hat das natürlich ganz anders gesehen. Jude zu sein, sei keine Voraussetzung um Christ werden zu können. Man einigte sich auf einen Kompromiss: Beschneidung ist nicht notwendig, aber gewisse jüdische Reinheitsvorschriften müssen eingehalten werden. Die Findung dieses Kompromisses wird in der Apostelgeschichte als ein recht harmonischer Prozess beschrieben. Soweit so gut. Gäbe es da nicht eine gewisse Diskrepanz zwischen der Darstellung in der Apostelgeschichte und dem, was Paulus selbst im Brief an die Galater im zweiten Kapitel über diesen Konflikt schreibt. Da ist nichts mehr von Harmonie zu spüren. Sondern er spricht von den falschen Brüdern in Jerusalem, die sich eingeschlichen hätten, denen er sich aber nicht unterworfen habe. Und einen Kompromiss erwähnt Paulus nicht. Es sei ihnen nichts auferlegt worden, auch keine Reinheitsvorschriften, schreibt Paulus. Man hat den Eindruck, dass es da ganz schön gekracht hat und der Konflikt nicht sauber gelöst wurde, auch wenn der Text in der Apostelgeschichte ein harmonisches Bild zeichnet.  

Mich tröstet das. Zeigt es mir doch: Die ersten Christen waren auch nicht besser als wir heute. Die Kirche ist von Anfang an eine Gemeinschaft von Menschen mit Schwächen und Fehlern, theologisch gesprochen eine Gemeinschaft von Sündern. Und das ist gut so, denn sonst wäre für mich kein Platz in dieser Kirche.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21899
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