SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

Wenn man offen aufeinander zugeht, dann verändert das Menschen und bringt sie enger zusammen. Auch eine Geschichte aus der Bibel ermutigt mich dazu, mit weitem Herzen auf andere zuzugehen. Diese Geschichte erzählt nämlich, wie Jesus das gemacht hat.  Jesus hatte eines Tages einen Mann namens Matthäus bei seinen ziemlich eigennützigen Geschäften angetroffen. Hauptsache, ich komme gut über die Runden, hatte der sich schon seit Jahren in seiner Zollstation gedacht. Wie es den anderen geht, war ihm nicht so wichtig. Und Jesus hatte einfach zu ihm gesagt: „Folge mir!“ Da ist Matthäus aufgestanden und ist mit Jesus gegangen. Als hätte er nur darauf gewartet, dass er endlich wegkommt von seiner Zollstation, die ihn wahrscheinlich nicht wirklich glücklich gemacht hat. Als hätte er nur darauf gewartet, dass ihm jemand den Anstoß dazu gibt, sein Denken und Leben zu ändern und nicht noch jahrelang weiter zu machen wie bisher. Los, steh auf, gib dir einen Ruck! Du schaffst das!

 

Ich finde das eindrücklich, wie viel Jesus uns Menschen zutraut. Wie viel er sogar einem Menschen wie diesem Matthäus zugetraut hat. Denn wenn einer wie Matthäus sich ändert und neu anfängt, dann ist das ein hartes Stück Arbeit. Dann muss man sein Leben neu sortieren. Kürzer treten, verzichten. Man ist vielleicht nicht mehr so wichtig und einflussreich wie früher. Vielleicht verliert man auch alte Freunde und steht allein da. Und bis man sich neue Beziehungen aufgebaut hat, braucht es Zeit.

 

Folge mir! Hat Jesus zu Matthäus gesagt. Für mich heißt das auch. Verlass dich drauf, Gott wird dir dabei helfen. Wie Gott Matthäus dabei geholfen hat, das erzählt die Bibel so:  

 

Jesus hat sich mit Matthäus und seinen Kollegen zusammen zum Essen getroffen. Und Jesus hatte seine Freunde, die Jünger, auch mitgebracht. Wie das so ist, wenn man in großer Runde zusammen sitzt: Erstmal wird gegessen. Und es wird geredet. Vielleicht erstmal über das schlechte Wetter und die gute Suppe. Und dann kommen vielleicht auch ernstere Themen auf den Tisch, strittige Themen. Aber immerhin, man spricht miteinander. Und man hört einander zu. Und man merkt plötzlich: Mensch, da sind noch andere, denen geht´s ganz ähnlich wie mir. 

Ich kann mir gut vorstellen, dass auch bei diesem Essen ganz viel passiert ist, was Matthäus dabei geholfen hat, einen anderen Weg einzuschlagen. Diese Offenheit, sie hilft, einen anderen Weg einzuschlagen.

Folge mir! Ein kleiner Satz mit großer Wirkung. Neu anfangen, sich neu sortieren, sich verändern. Wie gut, dass Jesus uns Menschen das zutraut. Einem wie Matthäus. Und mir auch.

 

Es passiert etwas, wenn Menschen mit offenem Herzen aufeinander zugehen. Jesus will dazu ermutigen, dass ich das auch selber ausprobiere. Denn es gar nicht so leicht. Warum tut der das? Warum setzt der sich mit solchen Leuten zusammen?“ so haben  sich damals die Pharisäer gefragt und waren empört. Warum tut der das? Ich kann diese Frage gut nachvollziehen. Mit manchen Leuten kann man sich doch einfach nicht an einen Tisch setzen, denke ich manchmal. Ich denke an die Männer, die junge Frauen belästigen und Handys klauen. Mit denen will ich lieber nichts zu tun haben, um die muss die Polizei sich kümmern. Aber ich erschrecke auch, wenn Leute, die selber mal als Flüchtlinge oder Heimatvertriebene oder Spätaussiedler nach Deutschland gekommen sind, nun gegen „die Fremden“ wettern. Wenn ich so was höre, dann wechsele ich lieber das Thema.

Bin ich auch so eine wie die Pharisäer, die sich damals über Jesus aufgeregt haben? Das waren Leute, die es mit ihrem Glauben an Gott sehr ernst gemeint haben und versucht haben, nach den Geboten zu leben. Gehört es da nicht dazu,  jedermann erstmal freundlich und aufgeschlossen zu begegnen? Und Menschen zu helfen, die in Not sind?

Warum tut Jesus das? Warum redet er mit denen, die eigentlich nicht zu ihm gepasst haben? Warum sollte ich das tun? Anstrengende Diskussionen führen, Streit riskieren und Ablehnung, vielleicht sogar im eigenen Familien- und Freundeskreis? Warum sollte ich Verständnis aufbringen für Einstellungen, die ich gar nicht nachvollziehen kann?

Warum? Weil es wahrscheinlich die einzige Möglichkeit ist, dass unsere Gesellschaft nicht auseinanderdriftet. Unsere Dorfgemeinschaften und Stadtviertel, unser Kindergärten und Schulen brauchen diese Offenheit füreinander. Auch unsere Kirchengemeinden.

Vielleicht hilft es in der aufgeheizten Stimmung dieser Tage wirklich am meisten, immer wieder den Kontakt zu suchen und aufeinander zuzugehen, vielleicht ist es gerade jetzt wichtig, sich an einen Tisch zu setzen, zu reden, zu hören,  auch zu streiten. Ich finde es wichtig, miteinander klare Absprachen zu treffen. Miteinander reden und klären, was für ein vertrauensvolles Zusammenleben unverzichtbar ist. Respekt vor allem. Vor Mädchen und Frauen. Vor Andersgläubigen. Respekt vor den Regeln, die für alle gelten müssen, damit das Zusammenleben funktioniert.  

Jesus hat das so gemacht. Er ist mit weitem Herzen auf die Menschen zugegangen und hat dafür geworben, das selber auszuprobieren, offen und klar:  Los, steh auf, gib dir einen Ruck. Du schaffst das. Und ich werde dir dabei helfen.

Ich wünschen Ihnen einen guten Sonntag, kommen Sie gut durch die neue Woche, bleiben Sie behütet!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21475
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