SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

Jetzt geht es wieder richtig rund. Für uns Erwachsene sowieso. Die Urlaubszeit ist vorbei. Die Kinder gehen wieder in die Schule und sogar für die Erstklässler hat er jetzt begonnen: Der Ernst des Lebens, wie viele sagen.
Wie man diesem Ernst des Lebens froh und zuversichtlich begegnen kann, das erzählt eine Geschichte aus der Bibel.
Jemand ist krank geworden. Ein junger Mann wohl noch. Lazarus sein Name. Zum Glück hat er zwei Schwestern, die sich um ihn kümmern. Die waren mit Jesus bekannt. Der wird uns bestimmt auch jetzt helfen, haben sie wahrscheinlich gedacht. Maria und Martha. Zwei Frauen, die dem Ernst ihres Lebens mit viel Tatkraft und Organisationstalent begegnet sind. Zwei im besten Sinne „fromme“ Frauen, die darauf vertrauen: Mit Gottes Hilfe packen wir das!
Doch dann hat Jesus sie zwei Tage lang warten lassen und als er dann endlich gekommen ist, da war es schon zu spät. Lazarus war schon gestorben.
Ich kann mir vorstellen, wie enttäuscht Lazarus´Schwestern da gewesen sind. Wie kann man Freunde in der Not denn nur so hängen lassen?
Mir gefällt es, wie Martha damit umgeht. Martha geht auf Jesus zu. Ganz offensiv. Sagt ihm, was Sache ist: „Wärst du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben.“ Sie ist ja bestimmt eine fromme Frau. Aber hier ist ihr Gottvertrauen nun doch erschüttert. In ihren Worten höre ich all die Anfragen mit, die ich auch habe, wenn ich sehe, was dieser Tage los ist – bei uns in Europa. Bei uns in Deutschland.
Beachtlich finde ich, wie Jesus reagiert: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“ Hat er gesagt. „Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt. – Glaubst du das?“ Was für eine Frage! Glaubst du das? Glaubst du, dass Gott hilft, wenn jetzt die vielen Flüchtlinge bei uns sind. Glaubst du, dass es mit Gottes Hilfe ein friedliches Miteinander wird? Glaubst du, dass Gott denen hilft, die jetzt helfen wollen und sich einsetzen? Glaubst du, dass Gott dir selber beisteht, wenn du dir  Sorgen machst, wie das wohl alles weiter geht?
Martha hat diese Fragen wohl für sich mit einem Ja beantwortet: Ja. Du bist Gott. Du bist da. Und kaum hatte sie das gesagt, da kam tatsächlich etwas bei ihr in Bewegung. Trotz Trauer und Enttäuschung. Sie ist aufgestanden. Hat ihre Schwester motiviert. Hat ein paar Leute zusammen getrommelt und ist mit ihnen und Jesus zusammen noch einmal zum Grab des Bruders gegangen. So. Mal schauen, was jetzt passiert. Mit Gottes Hilfe! Martha verschließt nicht länger die Augen. Sie stellt sich den Tatsachen.

Und dann ist etwas schier Unglaubliches passiert. Als Jesus mit Martha und Maria und einer ganzen Schar von Leuten am Grab von Lazarus stand, da hat er jemanden gebeten, den dicken Stein vor dem Grabeingang wegzurollen. Und dann hat er mit lauter Stimme ins Grab hinein gerufen: „Lazarus, komm heraus!“ Und Lazarus kam heraus. Ein wenig benommen noch und unbeholfen, denn er hatte sich offensichtlich in den Leichentücher verheddert. In solche Tücher hat man damals die Toten eingewickelt. Und nun bat Jesus, dass man Lazarus doch bitte diese Binden abnehmen soll, damit er gehen kann.
Ich kann mir vorstellen, dass Martha und Maria da genauso verblüfft waren wie ich, wenn ich heute die Geschichte in der Bibel nachlese. Ein Toter wird wieder lebendig? Das kann ich mir schlecht vorstellen. Alle Menschen müssen doch eines Tages sterben, das ist natürlich, auch wenn es oft sehr traurig ist. Und auch Lazarus ist ja eines Tages dann vielleicht als alter Mann gestorben. Aber damals, als er mit seinem Bindengewirr um sich herum aus dem Grab herausgewankt kam, da, glaube ich, haben die beiden Frauen es  wirklich begriffen, was Jesus damit meint: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“
Sie hatten ihren Bruder wieder. Das hätte doch niemand für möglich gehalten. Sie wahrscheinlich auch nicht. Vielleicht haben sie sich sogar damit abgefunden, dass es nun mal so ist, wie es ist. Mit Gottes Hilfe würde es schon irgendwie weiter gehen, haben sie vielleicht gedacht.  Aber dass es mit Gottes Hilfe dann ausgerechnet so weiter geht. Dass auf einmal alles wie weg war, was sie vor kurzem noch betrübt und bekümmert hat. Erklären konnten sie sich das bestimmt nicht. Aber es war gut so. Und sie waren sehr froh!
Wunderbar, solche Erfahrungen, wie diese beiden Frauen sie gemacht haben. Diese überraschenden Wendungen, die ein Leben nimmt. Diese Kraft, die dir auf einmal zufällt. Diese Türen, die sich auf einmal doch noch auftun. So stelle ich mir das vor: Auferstehung, neues Leben. Nicht erst in ferner Zukunft wird Gott dafür sorgen, sondern auch hier und jetzt. Ich hoffe, dass ich das so ähnlich erleben kann wie Martha und Maria. Denn damit, glaube ich, kann ich zuversichtlich auf den Ernst des Lebens zugehen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen gesegneten Sonntag! Kommen Sie wohl behütet durch die neue Woche!

 

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