SWR1 3vor8

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Am 2. Weihnachtstag fließt Blut. Im kirchlichen Kalender wird heute nämlich an Stephanus erinnert, den ersten christlichen Märtyrer. Der hat sich mit seinen Predigten und Aktionen Feinde gemacht und wird zu Tode gesteinigt. In der Bibel passiert das zwar nicht gleich nach Weihnachten, sondern bald nach Ostern. Aber die Kirche hat dann später den Stephanstag gleich hinter das Fest der Geburt Jesu platziert. Weihnachten ist von Anfang an umgeben von der harten Realität des Lebens und des Todes.

Die Apostelgeschichte im Neuen Testament, die vom Anfang der christlichen Gemeinden erzählt, berichtet, daß Stephanus weise war, gut reden und überzeugend handeln konnte. Er war übrigens keiner von den 12 Aposteln, sondern einer der ersten Diakone. Deren Aufgabe war vor allem, Menschen in Not ganz praktisch zu helfen. Stephanus hat offenbar seine Hilfe für Menschen mit starken Worten verbunden. Das fanden einige sehr fromme jüdische Gruppen bedrohlich. Und so passierte, was so tragisch bis heute immer wieder passiert: Menschen töten für ihre Überzeugung, und Menschen müssen für ihre Überzeugung sterben.

Die Geschichte hat allerdings auch einen Hoffnungsschimmer. Als Stephanus gesteinigt wird, ist ein junger Mann maßgeblich beteiligt. Der wirft zwar selber keinen Stein, aber die Leute legen ihm ihre Kleider zu Füßen. Das weist ihn als eine Art Anführer aus. Dieser Mann heißt Saulus und bekämpft die jungen Christengemeinden aufs Schärfste. Später heißt Saulus dann Paulus und wird eine der einflussreichsten Gestalten im frühen Christentum. Er hat seine Überzeugung verändert, wird ein tief gläubiger Christ. Ein Leben lang denkt und diskutiert er in Fragen des Glaubens. Und er erreicht, daß sich die Christengemeinden für Menschen mit verschiedenen Zugangswegen öffnen. Schließlich wird er selber bei einer der ersten Christenverfolgungen in Rom getötet.

All das schwingt mit heute am Stephanstag. Mit Weihnachten ist noch kein Leben ohne Tod angebrochen. Menschen sterben und töten auch weiterhin, weil andere anders glauben. Aber manche bekehren sich auch zu Respekt und Offenheit. Und das passt zu dem Menschenkind in der Krippe.

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