SWR1 3vor8

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Manchmal, ganz unerwartet, steht man Gott gegenüber. Aus heiterem Himmel gewissermaßen. Mir jedenfalls ist das vor ein paar Wochen so gegangen. Wir hatten einen Workshop veranstaltet für junge Leute, die meisten Studenten. Dann gab es Mittagessen in dem Bistro um die Ecke. Ich hatte schon guten Appetit gewünscht, da sagt der Dozent, ein Mann vielleicht Mitte 30, laut und deutlich: „gesegnete Mahlzeit“.
Da stand auf einmal Gott im Raum. Beim Mittagessen. Da hat uns dieser Mann gesagt: Es ist gut, dass wir jetzt satt werden. Und Gott möge dazu helfen, dass sie uns stärkt, diese Mahlzeit, dass wir uns entspannen können und nachher gut weiter arbeiten. Das alles ist nicht selbstverständlich. Dazu braucht es Gottes Segen. Deshalb: „Gesegnete Mahlzeit“.
Die jungen Leute haben ihn erstaunt angeschaut und nichts weiter gesagt. Aber ich bin sicher, sie haben sich ihr Teil gedacht.
Mir ist das jetzt wieder eingefallen, als ich den Bibelabschnitt gelesen habe, über den heute in den evangelischen Gottesdiensten gepredigt wird. Der heißt: „Du sollst Gott liebhaben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft. Und dieses Worte …sollst du zu Herzen nehmen und sollst sie deinen Kindern wiederholen und davon reden“ (Dtn 6, 5f)
Ich selber pflege im Stillen ein Tischgebet zu sprechen, wenn ich unterwegs bin. Öffentlich beten tue ich eigentlich nur zu Hause mit meiner Familie oder im Gottesdienst. Aber wie sollen andere, junge Leute vor allem, dann spüren, dass Gott eine Rolle spielt im Alltag, beim Essen im Bistro oder beim Arbeiten? Wie sollen sie überhaupt auf diese Idee kommen, wenn ich nicht davon rede? Wenn sie nicht merken: Für Frau Panzer spielt Gott eine Rolle. Dann können sie sich ja überlegen, was sie davon halten. Was für eine Rolle Gott für sie spielt. Oder ob sie meinen, dass sie ohne ihn auskommen.
Ein öffentliches Gebet, oder gar andere öffentlich dazu zu nötigen – das wäre mir zu viel. Aber „gesegnete Mahlzeit“. Ich finde, das ist gut. Ich habe mir vorgenommen, das jetzt auch so zu sagen. Genauso, wie ich „Glück und Segen zum Geburtstag“ wünsche statt „Gesundheit und viel Erfolg im Beruf“. Und wenn jemand sich verabschiedet, dann sage ich: „Behüt dich Gott“. Meine Kinder haben sich daran gewöhnt. Und inzwischen denke ich: Es tut ihnen gut. Auch wenn Gott ihnen wahrscheinlich sonst in ihrem Alltag nicht so oft begegnet.
Viele beklagen sich, dass Gott verschwunden ist aus dem Denken der Menschen. Ich finde, mit einem schlichten „gesegnete Mahlzeit“ kann man ihn spürbar machen.

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