Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Ich will nicht in ein Altenheim.“
Weshalb bloß sagen so viele ältere Menschen diesen Satz? Vermutlich weil sie schon mal erlebt haben, wie es dort zugehen kann: Das Essen ist kein Hochgenuss. Es riecht schon von weitem muffig. Das Pflegepersonal hat nicht die Zeit, die alte Menschen brauchen. So ist eine Realität in Altenheimen. Auf der anderen Seite gibt es auch das: Manche Paare gehen rechtzeitig in ein betreutes Wohnen, wo sie keine Treppen mehr steigen müssen und für den Notfall immer Hilfe in der Nähe ist. Andere gehen den Tag über in die Pflege, wo es Programm gibt, um der Langeweile zu entkommen.  Das Essen findet in Gemeinschaft statt und über Nacht können sie zu Hause von der Sozialstation betreut werden.

Im Grunde aber will lieber keiner diese Hilfen in Anspruch nehmen, sondern zu Hause bleiben, solange es irgendwie geht. Und wenn es dann nicht mehr geht? Dann wollen die meisten immer noch nicht weg aus den vier Wänden, in denen sie so lange gelebt haben.

Ich finde das mehr als verständlich, schließlich ist das ihre gewohnte Umgebung. Sie kennen dort jeden Millimeter. Was aber viel wichtiger ist: Es ist ihr Eigenes, ihre vertraute Welt, ihre Heimat. Und diese Heimat brauchen sie mehr denn je. Ein Nest, in dem sie geborgen sind, wo sie ihren Tag so gestalten können, wie sie wollen. Einen Schutzraum, wo niemand ungefragt zur Türe herein kommt, sondern wo sie festlegen, wann sie aufstehen und zu Bett gehen, wann Sie essen oder fernsehen. Wenn ich einmal alt bin, will ich das auch, solange es nur geht.

Das alles ist nämlich in einer Betreuungseinrichtung für Senioren nicht mehr so. Kann es gar nicht sein. Weil dort eine ganze Menge an Menschen begleitet werden. Und dazu braucht man einen Zeitplan und Abläufe, damit die Schwestern und Altenpfleger ihr Pensum schaffen. Ich glaube, dass viele Pflegerinnen sich gerne mehr Zeit für die Bewohner nehmen würden. Aber das kommt zu teuer, und sie kommen dann mit ihrer Arbeit nicht rum.

Deutschland ist jetzt schon eine alte Gesellschaft. Diese Überalterung wird in den kommenden Jahren dramatisch zunehmen. Ich fürchte, Altenheime sind nicht die Lösung dafür. Um diese Entwicklung zu bewältigen, und zwar auf menschlich akzeptable Weise, müssen wir die Alten in die Mitte nehmen. Ihnen das geben, was sie am meisten brauchen: Heimat.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17697
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