Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Müssen wir unser Kind in den einzigen evangelischen Kindergarten im Dorf geben, oder muss sich die Gemeinde um Ersatz kümmern, wenn wir das nicht wollen?“ Das fragen besorgte Eltern bei gutefrage.net. Sie schreiben: „In dem evangelischen Kindergarten wird der Glaube exzessiv gelebt. Einmal in der Woche kommt der Pfarrer und die Kinder müssen beten.“
Ich nehme an, sie beten in dem Kindergarten vor dem Essen. Ist das zumutbar für konfessionslose Kinder und ihre Eltern? Was meinen Sie?
In den Kommentaren gibt es viele Antworten anderer Eltern. Eine davon möchte ich Ihnen weitergeben. Sie lautet: „Wovor fürchtet ihr euch, wenn euer Kind mit den anderen betet? Dass es euren Nicht-Glauben nicht teilt? Welchen Schaden hätte euer Kind, wenn das so wäre?
Vermutlich wird euer Kind Fragen stellen. Warum ihr nicht betet, etwa. Diese Fragen könnt ihr einfach beantworten: Es gibt Menschen, die an Gott glauben und Menschen, die das nicht tun. Beides ist in Ordnung. Das wäre eine Lektion in Sachen Toleranz. Schaut euch lieber den Umgang mit den Kindern in diesem Kindergarten an. Wenn euch die Pädagogik dort missfällt, würde die Suche nach einer anderen Einrichtung schon eher Sinn machen.“
Mir leuchtet diese Antwort sehr ein. Warum sollten Kinder nicht erleben, dass es Menschen gibt, die beten? Niemand wird sie zwingen, selber ein Gebet zu sprechen. Und wenn der Pfarrer einmal in der Woche kommt, um vielleicht eine biblische Geschichte zu erzählen oder vorzulesen: Warum sollen Kinder nicht die Geschichten kennen lernen, ohne die man vieles in unserer abendländischen Kultur nicht versteht? Zu Hause können die Eltern den Kindern ja sagen, wie sie das sehen, was der Pfarrer erzählt hat.
Und wenn es muslimische Kinder in diesem Dorf gibt? Ich glaube nicht, dass es für muslimische Eltern ein Problem ist, wenn ihre Kinder lernen, Gott zu danken, egal, ob sie „Lieber Gott“ oder „Allah“ zu ihm sagen. Man sollte das mit ihnen besprechen. Und wenn der Pfarrer kommt, dann kann man für die Kinder, die nicht hören sollen, was er erzählt, ja eine extra Gruppe bilden.
Natürlich: Auch kirchliche Kindergärten kriegen staatliche Zuschüsse. Aber deshalb müssen sie nicht weltanschaulich neutral sein. Unsere Gesellschaft ist plural, nicht säkular. In einer pluralen Gesellschaft kann und darf man verschieden glauben oder auch nicht glauben. Und zwar nicht bloß privat. Man darf auch öffentlich davon reden. Und im Kindergarten können die Kinder lernen, wie Menschen etwas glauben und gleichzeitig andere tolerieren, die anders glauben. Oder wie sehen Sie das?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17135
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