Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Mit Vertrauen lebt man leichter. Aber wie kann man Vertrauen lernen? Durch Kontrolle, sagen manche. Ich muss den anderen ab und zu kontrollieren, Stichproben machen. Dann weiß ich, ich kann ihm vertrauen. Dann gibt mein Misstrauen Ruhe. Jedenfalls für eine Weile. „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“
Das klingt sehr vernünftig. Im Straßenverkehr zum Beispiel. Oder bei den Kindern – da ist es wahrscheinlich sinnvoll, ab und zu zu kontrollieren, ob sie die Hausaufgaben auch wirklich gemacht haben – ehe es zu spät und in der Schule der Anschluss verpasst ist. Schließlich bin ich als Mutter da verantwortlich und kann auch eher abschätzen, was sie sich antun, wenn sie nicht ordentlich arbeiten. Aber wenn ich heute kontrolliert habe – kann ich dann morgen noch sicher sein, dass es wieder gut geht? Durch Kontrolle hört das Misstrauen nicht auf. Und ob Vertrauen wächst durch Kontrolle? Ich glaube nicht. Kontrolle ist gut und manchmal wohl auch nötig. Aber eigentlich wäre Vertrauen besser.
Für den Glauben gilt das übrigens auch. Glauben heißt, auf Gott zu vertrauen. Und Vertrauen entsteht eben nicht durch Kontrolle. Nehmen Sie folgendes Beispiel. „Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten, dass du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt“ (Psalm 91,11). Diesen Satz aus der Bibel geben viele Eltern ihren Kindern als Taufspruch mit auf den Lebensweg. Darauf wollen sie vertrauen, darauf sollen auch ihre Kinder vertrauen. Das soll ihnen und ihren Kindern Ruhe geben und Geborgenheit: Aber welche Eltern werden im Anschluss an die Taufe ihr Baby mal kurz fallen lassen, um Gott zu kontrollieren, ob das auch wirklich stimmt?
Vertrauen ist ein Wagnis. Und erst im Ernstfall, wenn es darauf ankommt, merkt man, dass es einen trägt.
Vielleicht fragen Sie jetzt, ob ich denn noch nie enttäuscht worden bin. Doch. Enttäuschungen kann es geben, wenn man jemandem vertraut. Und Zweifel bleiben einem nicht erspart. Glauben und vertrauen heißt ja auch nicht, dass man das Denken aufgibt oder das Fragen. Natürlich frage ich mich, ob das, was ich erlebe, mit dem zusammenpasst, was ich glaube. Aber gerade, wenn die Fragen schwierig waren und die Erfahrungen niederschmetternd, habe ich immer auch gemerkt. Gott hilft mir Antworten finden. Er hilft mir, wieder aufzustehen. Ich kann mich auf ihn verlassen. Deshalb vertraue ich auf Gott. Denn Kontrolle ist manchmal nötig. Aber nur Vertrauen trägt. Wer es wagt, wird es erleben.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1601
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