Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Was hat der christliche Glaube mit einem Gabelstapler zu tun? Als ich das erste Mal diese Frage hörte, wollte ich spontan sagen: Nichts. Aber da kannte ich das Projekt noch nicht, das in einem Kölner Vorort Jugendliche begeistert.
Im Untergeschoss der Kirche St. Theodor in Köln-Vingst steht ein Flurförderfahr-zeug, wie es so schön korrekt heißt. Jeder kennt es aus dem Baumarkt oder von Baustellen: ein Gabelstapler. Gas, Bremse, Lenkung – alles wie bei einem richtigen Auto. Dazu zwei ausgestreckte Metallarme, mit denen sich tonnenschwere Lasten heben und transportieren lassen.
Im letzten Jahr machten allein 130 Jugendliche auf dem Gabelstapler unter der Kir-che St. Theodor in Köln ihren Führerschein für Flurförderfahrzeuge. Vor allem Jung-endliche ohne Schulabschluss. Jugendliche, die noch nie im Leben eine Prüfung be-standen hatten. Die Ausbildung zum Gabelstaplerfahrer ist zwar billig, aber sie kos-tet die Fahrschüler trotzdem einiges: Anstrengung, Nerven, Durchhaltevermögen. Nicht jeder schafft die Prüfung auf Anhieb. Aber wer die praktischen und theoreti-schen Hürden überwunden hat, der hat mehr als nur seinen ‚Lappen’ in der Hand. Nämlich das Gefühl, endlich auch etwas geschafft zu haben, auch mal Erfolg zu ha-ben. Nicht immer durch den Rost zu fallen.
Und was hat das Ganze mit dem christlichen Glauben zu tun? Ich finde es schon einmal bemerkenswert, dass der Führerschein in den Räumen der Kirche gemacht werden kann. Das zeigt: Christen engagieren sich für Jugendliche, die eher am Rand der Gesellschaft stehen, die wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Und sie tun das, weil es auch Jesus um solche Menschen ging. Nicht die Menschen mit Ausbildung, nicht die Intellektuellen oder Reichen sprach dieser Jesus bevorzugt an. Er ging auf die Leute zu, für die sich sonst keiner so recht interessiert. Die Ausge-grenzten und die Wehrlosen. Heute grenzt unsere Gesellschaft unter anderem Ju-gendliche ohne Ausbildung und Perspektive aus. Dass Christen für sie Partei ergrei-fen, ist nicht nur konsequent. Und es zeigt, wie praktisch Glaube sein kann. Des-halb hat der Glaube mit einem Gabelstapler zu tun.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1532
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