SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Unsere 4jährige Enkelin weiß, was sie will. Und das ist nicht immer das, was ihre Mutter für richtig hält. Dann nervt sie die Mutter gewaltig. Aber es gibt auch die Augenblicke, in denen sie in die Arme der Mutter flieht und dort Trost sucht. Sie hat sich wehgetan, etwas hat ihr Angst gemacht oder auch sie hat nicht bekommen, was sie so gerne gewollt hat. Dann braucht sie Zuwendung. Sie weiß ja, dass ihre Mutter sie mit ihrem Schmerz, ihrer Angst, oder auch mit ihrem Zorn nicht sich selbst überlässt.
Was ich von unserer Enkelin weiß, verbindet sich für mich mit einem Satz im Buch des Propheten Jesaja. Dort heißt es:
Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet. (Jesaja 66,13) Der Prophet hat dieses Wort in einer schwierigen Zeit aufgeschrieben. Die lange babylonische Gefangenschaft des Volkes Israel war zu Ende. Ein Teil der Gefangenen war nach Hause gekommen - mit hohen Erwartungen. Aber die wurden enttäuscht. Die Heimkehrer fanden ein zerstörtes Land vor. Der Tempel in Jerusalem, der Ort der Gegenwart Gottes, lag in Schutt und Asche. Not herrschte im Land, vermehrt noch durch die Heimkehrer, die ihren Platz suchten. Die große Wende zum Heil war ausgeblieben. - Und nun trat der Prophet auf und versprach: Es wird in der Zukunft doch alles gut werden. Gott hält sein Wort. Er ist mit euch! - Man kann sich vorstellen, dass diese Botschaft es schwer hatte. Sie stieß auf Zweifel und wohl auch auf verzweifelten Zorn. Und jetzt erinnert der Prophet im Namen Gottes an die Mutter, die ihr Kind tröstet. Sie soll Bild sein für Gott und sein Wirken. Und das Bild wird zum Versprechen und zur Einladung, mit Enttäuschung und Zweifel in Gottes Arme zu flüchten, sich trösten zu lassen und ihm zu vertrauen.
Wie einen eine Mutter tröstet -
das ist auch heute ein großes Versprechen. Es soll gelten, wenn die Krisen unserer Zeit kaum lösbar scheinen; wenn Unrecht und Gewalt zornig machen; wenn persönliches Leid das Leben belastet. Kann man aber dem Versprechen wirklich vertrauen trotz allem, was heute das menschliche Leben belastet? Es wird möglich, wenn man sich Gottes mütterlichen Trost immer wieder zusprechen lässt und sich daran festhält. Man macht dann jetzt schon die Erfahrung, die die diesjährige Kirchentagslosung ausdrückt: Soviel du brauchst. Soviel ich brauche, erhalte ich - in allem, was beschwert. Und ich kann die Hoffnung buchstabieren, dass sich Vieles und am Ende Alles zum Guten wenden wird.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15221
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