SWR2 Wort zum Sonntag

SWR2 Wort zum Sonntag

16DEZ2012
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Er ist 18 cm hoch, besteht aus Schokolade und steht auf meinem Schreibtisch. Ein Schokoladen-Nikolaus. Dieser kleine Nikolaus ist Teil einer großen Kampagne: „Vorfahrt für den Nikolaus“ organisiert vom BDKJ, dem Bund der deutschen katholischen Jugend in den Bistümern Trier und Speyer. Die jungen Leute wollen damit zum einen darauf aufmerksam machen, dass der Heilige Nikolaus nicht der Weihnachtsmann ist. Deshalb trägt der kleine Kerl auf meinem Schreibtisch auch eine Mitra, einen Bischofshut, und keine Zipfelmütze wie der Weihnachtsmann. Und zum andern trägt er das Fairtrade Siegel. Dieses Siegel steht für Produkte, die aus Fairem Handel stammen, für Produkte, die unter menschenwürdigen Lebens- und Arbeitsbedingungen hergestellt wurden. Bei diesem Nikolaus kann ich davon ausgehen, dass die Bauern für ihre Kakaobohnen einen gerechten Preis bekommen haben. Einen Preis, von dem sie sich selbst und ihre Familien ernähren können. Der BDKJ will mit diesen kleinen Nikoläusen zu einem kritischen Konsum auffordern. Kritischer Konsum bedeutet, nicht immer das Billigste zu kaufen. Denn das so genannte Schnäppchen geht oft auf Kosten anderer. Ein genauer Blick hinter die Kulissen verrät, wie diese günstigen Preise zustande kommen und wer letztlich die Zeche bezahlt. Oft bekommen die Arbeiterinnen und Arbeiter in den Fabriken nur Hungerlöhne und müssen unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten. Ökologische Standards werden  nicht eingehalten. Auch Kinderarbeit spielt nicht selten eine Rolle. Bei Schokolade etwa wissen wir, dass rund um die Elfenbeinküste Kinder entführt und versklavt werden und auf Kakaoplantagen arbeiten müssen.

Der kleine Nikolaus mit dem Fairtrade-Siegel auf meinem Schreibtisch erinnert mich daran, dass ich als Verbraucher Einfluss nehmen kann auf die großen Zusammenhänge der Wirtschaft. Wenn immer mehr Menschen Wert legen auf das Fairtrade-Siegel, muss sich die Wirtschaft umstellen. Denn der „Kunde ist König“, die Wirtschaft richtet sich nach dem Kaufverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Ungerechtigkeiten auf dem Weltmarkt kein gottgegebenes Geschehen, sondern von Menschen gemacht und damit veränderbar. Es liegt auch an mir.

In den biblischen Lesungen der katholischen Gottesdienste geht es heute um die Person von Johannes dem Täufer. Er war ein Bußprediger, der seine Zuhörer mit drastischen Worten zur Umkehr, zur Änderung ihres Lebensstils, aufforderte: „Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gelehrt, dass ihr dem kommenden Gericht entrinnen könnt? Bringt Früchte hervor, die eure Umkehr zeigen…“ (Lk 3,7b-8a) So Originalton Johannes.  

Zu deutsch: Wenn ihr euch nicht ändert, wird es ein schlimmes Ende mit euch nehmen. Seine Predigt hat Erfolg, denn die Zuhörer fragen ihn: „Was sollen wir tun?“ Die Antwort des Johannes: „Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat, und wer zu essen hat, der handle ebenso.“ (Lk 3,10-11) Mit einfachen Worten fordert er die Menschen auf zu teilen, einen Ausgleich zu schaffen zwischen arm und reich, für Gerechtigkeit zu sorgen.  Eine Forderung die bis heute leider nichts an Aktualität verloren hat.

Im Advent und an Weihnachten sind viele Menschen bereit zu teilen. Sie spenden bewusst einen Teil ihres Geldes für soziale Zwecke. Das ist gut und wichtig. Die Arbeit vieler wohltätiger Organisationen hängt von diesen Spenden ab. Der kleine Schokoladennikolaus auf meinem Schreibtisch sagt mir, dass es noch eine zweite Möglichkeit gibt, für Gerechtigkeit zu sorgen: Nämlich die des „Kritischen Konsums“, was bedeutet beim Einkauf ganz bewusst und immer wieder auf das Fairtrade-Siegel zu achten.

Bis Weihnachten ist es noch eine gute Woche, noch viel Zeit für diese Achtsamkeit. Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Dritten Adventssonntag.

 

 

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14368
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