Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Heute, am 31. Oktober feiern die evangelischen Kirchen die Reformation. Am Vorabend von Allerheiligen im Jahr 1517 soll der Augustinermönch Martin Luther seine 95 Thesen an der Schlosskirche zu Wittenberg angeschlagen haben - in der Absicht, damit eine Reform der Kirche an Haupt und Gliedern anzuregen.
Eine Spaltung ist daraus geworden. Beschämt müssen sich Christinnen und Christen in den Kirchen eingestehen, dass diese bis heute immer noch nicht überwunden ist. Das kann nicht im Sinne Jesu Christi sein, das wissen wir. Gerne wird aus seinem  Abschiedsgebet der Satz zitiert, „dass alle eins seien gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir" (Johannes 17, 21). 
Gewiss - seit dem II. Vatikanischen Konzil vor 50 Jahren ist in der katholischen Kirche manches in Bewegung gekommen. Aus Fremdheit wurde Nähe, aus distanzierten Nachbarn Geschwister. Ökumenische Gottesdienste, Kanzeltausch, gemeinsame Bibelarbeit - zumeist schon die pure Selbstverständlichkeit. Auch theologisch konnten viele Missverständnisse ausgeräumt und in beiden Konfessionen neue Zugänge zum  Glauben erschlossen werden, auch wenn uns das gemeinsame Abendmahl immer noch verwehrt wird. 
Es ist ein Ärgernis, dass die Ökumene zur Zeit wie gelähmt, wie festgefahren scheint. Immer noch ist für viele das Trennende wichtiger als das Verbindende. Am meisten erhitzen sich die Gemüter am unterschiedlichen Amtsverständnis. Man wird den Verdacht nicht los: Hinter dieser leidigen Amtsfrage verbirgt sich in Wirklichkeit eine Machtfrage. 
Als Christinnen und Christen in beiden Konfessionen lassen wir uns nicht ausbremsen. Ich glaube, der Prozess ist unumkehrbar. Also heißt es, weiterhin unbeirrbar und geduldig aufeinander zuzugehen, die ökumenische Gastfreundschaft anzunehmen und zu pflegen und uns gemeinsam einzumischen in die Probleme dieser zerrissenen Welt. Sie erwartet zu Recht, dass wir nach bald fünfhundert Jahren endlich wieder mit einer Stimme reden, weil ein Glaube, ein Gott und Herr uns verbinden. 
Luthers Reform scheiterte damals am Reform-Unwillen seiner Kirche. Der heutige  Reformationstag müsste in allen Kirchen zur heilsamen Erinnerung werden, dass wir nicht über den Weg der Rechthaberei, sondern nur über den Weg der Bekehrung zur Einheit finden.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14048
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