SWR4 Abendgedanken BW

SWR4 Abendgedanken BW

- Gott ist parteiisch.
Wir gehen auf Weihnachten zu. Ein Fest mit vielen Seiten: Für die einen ist es ein Fest des Glaubens. Für andere steht das gute Essen im Vordergrund. Wieder andere genießen einfach ein paar freie Tage. Für mich hat das Weihnachtsfest auch eine politische Seite. Die Zeit, in die Jesus hineingeboren wurde,  ähnelt unserer heutigen Situation. Großes Thema heutzutage: Die Staatsverschuldung. Damals machte  König Herodes kräftig Schulden. Er ließ zum Beispiel die neue, prächtige Stadt Cäsarea bauen. Seine Verschwendungssucht war legendär. Das Volk musste zwar hohe Steuern zahlen, war dennoch kaum abgesichert. Eine schlechte Ernte genügte und alles stand auf der Kippe. Viele Menschen mussten sich dann verschulden. Wer aber sollte die hohen Zinsen bezahlen? Ganze Familie wurden in solchen Fällen in die Sklaverei verkauft. Viele mussten auch auswandern und in der Fremde ihr Glück suchen. So kam es zurzeit Jesu immer wieder zu Aufständen und Demonstrationen. Das Volk war wütend auf seine Herrscher. Es forderte Gerechtigkeit und Frieden. Häufig wurden diese Aufstände von Soldaten niedergeschlagen. Viele Menschen verstanden nicht, wie ihr bisher so treuer Gott diese Ungerechtigkeit zulassen konnte: Einige schlugen sogar Profit aus der Not der anderen. Sie verliehen Geld und wurden damit reich. Die Reichen und Mächtigen hatten eine einfache Erklärung dafür: Wir sind reich, weil Gott uns liebt. Unser Erfolg beweist, dass wir zum richtigen Gott beten. Er hört auf uns, deswegen leben wir in Saus und Braus. Weihnachten hat eine andere Botschaft. Der Sohn Gottes wird nicht in einem Palast geboren, sondern in einem Stall. Er liegt nicht auf edlen Decken, sondern auf Stroh. Das zeigt mir:  Gott steht auf der Seite der Armen. Anschaulich wird das durch die Hirten. Sie kommen als erste an die Krippe. Sie dürfen Jesus als erste sehen. Hirten waren damals überhaupt nicht angesehen. Ständig zogen sie umher. Meistens bettelarm. Denn ihre Schafherden gehörten reichen Leuten aus der Stadt. Für mich heißt Weihnachten deshalb: Gott zeigt, auf welcher Seite er steht. Auch wenn die Reichen vorerst  reich bleiben und die Armen arm. Die Verteilungsprobleme sind nicht auf einen Schlag gelöst, aber es kommt etwas in Bewegung. Weihnachten stellt jeder Gesellschaft die Frage: Wie geht ihr mit denen um, die am Rande leben? Als Christen sind wir aufgefordert, in dieser Frage Position zu beziehen. So wie Gott es an Weihnachten getan hat.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12167
weiterlesen...