SWR2 Wort zum Sonntag

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Der Arzt sagte: Die Operation ist gelungen. Jetzt erholen Sie sich. Es wird gut werden. Die Patientin war glücklich über die Worte des Arztes. Mit großer Hoffnung auf Heilung wurde sie aus dem Krankenhaus entlassen. - So geschieht es immer wieder. Die ärztliche Kunst unserer Tage erreicht viel. Kranke wissen und erfahren es. Aber sie empfinden es dennoch manchmal wie ein Wunder, dass die bedrohliche Krankheit überwunden sein und sie tatsächlich geheilt sein sollen. Immer wieder kommt es sogar vor, dass eine Heilung wider Erwarten auch der Ärzte möglich wurde - wie durch ein Wunder. Man weiß dann: Zeit, das Leben wurde einem neu geschenkt.
Geheilt werden - das hofft man immer, wenn man krank ist. Krankheit verändert ja das Leben, manchmal auf lange Zeit. Sie reißt einen aus dem Alltagsrhythmus. Man ist ans Bett gefesselt oder mindestens eingeschränkt in seinem Tun. Man hat Schmerzen. Das Essen schmeckt nicht. Man hat quälend viel Zeit. Man fühlt sich einsam. Und die Frage warum? warum gerade jetzt? bedrängt einen und bleibt unbeantwortet. Geheilt werden - das bedeutet all dies los zu werden und in den Rhythmus des Alltags zurückkehren zu können. Wenn es geschieht, lebt man mindestens in der Anfangszeit bewusster. Während der Krankheit ist es einem vielleicht auch bewusst geworden, dass man Manches anders machen, im Leben andere Akzente setzen sollte. Man ist dankbar und möchte vielleicht auch dankbarer leben.
Vielfach geschieht es so, - aber nicht immer! Ärztliche Kunst stößt auch an Grenzen. Unschön heißt es dann manchmal, der Patient sei „austherapiert". Nur wenig Lebenszeit bleibt dann. Oder man bleibt krank und behindert. Jetzt machen einem die Fragen nach dem Warum erst recht zu schaffen. Es ist ein schwerer Weg, das Unabänderliche schließlich zu akzeptieren. - Die Evangelien berichten an vielen Stellen, dass Kranke, wo Jesus auch auftauchte, herbeigeströmt sind und Heilung gesucht haben. In seinem berühmten Hundertguldenblatt hat das Rembrandt eindrucksvoll dargestellt. Man sieht auf der rechten Seite des Bildes den langen Zug Kranker und erkennt, wie viel Elend sich da zusammengeballt hat. In einem Bericht des Markusevangelium schildert es das Markusevangelium so: Alle Kranken der Stadt seien zu Jesus gebracht worden. Und dann heißt es auch: Viele wurden geheilt. Viele!Also nicht alle? Wie wird es dann denen gegangen sein, die nicht geheilt wurden? Was ist mit mir, wenn ich irgendwann einmal nicht mehr gesund werde?
Markus berichtet, dass Jesus am frühen Morgen aufgebrochen ist und einen einsamen Ort aufgesucht hat. Die Jünger können nicht verstehen, dass er sich ausgerechnet in einer Phase öffentlichen Erfolgs zurückzieht. Jedermann sucht dich, halten sie ihm vor. Jesus sucht aber im Ansturm von Leiden und Leid Kraft, Kraft für sein Wirken. Er betet, um im Gebet zu finden und zu empfangen, was auch ihn auf dem Weg ins Leiden und in den Tod tragen kann. - Ist das die Antwort auf die Frage, was ist, wenn ich von Krankheit und Leiden nicht befreit werde? Ich hoffe jedenfalls, dass auch ich dann beten kann, gerade dann. Dass ich dann weiß: Alles, was ich nicht verstehe und kaum verkrafte, kann ich Gott sagen. Ich hoffe, so Kraft zu gewinnen auf dem Weg, das Unabänderliche zu akzeptieren. Ich will mich im Gebet für Gott öffnen - und dann hören, was zugesagt ist: Dass Gott mit den Gesunden und mit den Kranken ist; dass er Gesundheit schenkt, dass aber gerade die Kranken und Leidenden von ihm nicht verlassen sind, auch ich nicht; dass ich seiner Liebe vertrauen kann und soll, seiner Liebe, die im Leben trägt und im Tod auffängt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11798
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