Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Junge Leute holen noch gute Lebensmittel aus den Müllcontainern von Supermärkten. Eigentlich ist das verboten. Haben Sie das gewusst?" Manche nennen sie deswegen „Mülltaucher". Sie selber sagen lieber „containern" zu dem, was sie tun. Weil sie ja keinen Müll herausholen, sondern Lebensmittel. Meistens sind sie nachts unterwegs. Suchen zB in Containern von Supermärkten nach Lebensmitteln, die weggeschmissen worden sind: Brot von heute, das morgen keiner von uns Kunden mehr kauft, weil wir es immer frisch haben wollen. Joghurt, bei dem übermorgen das Mindesthaltbarkeitsdatum abläuft. Äpfel, die ein bisschen angeschlagen sind. Die die meisten von uns deshalb links liegen lassen. Diese Lebensmittel aus dem Containern zu holen und zu essen, manchmal wird es wirklich verfolgt, weil es „Diebstahl" sei. Die so genannten Mülltaucher würden ja nicht zahlen für die Lebensmittel, die sie vor dem Abfall retten. Irgendwie nicht zu glauben.
Aber noch viel weniger kann man glauben, dass überhaupt so viele Lebensmittel weggeschmissen werden. Auch deswegen, weil Sie und ich sie im Laden links liegen lassen. Sie sind zwar noch sehr gut, sehen nur nicht mehr makellos aus. Kann darauf Segen liegen, wenn man so mit dem Segen der Schöpfung umgeht?
Irgendwie waren wir Menschen da schon mal weiter. Scheint mir. Fortschrittlicher. Segensreicher.
Die Bibel erzählt das in der Geschichte von Ruth. Sie ist eine Art Vorläuferin der Mülltaucher von heute. Sie sammelt auch, was abfällt. Bei der Getreideernte. Sie geht hinter den Feldarbeitern her. Und darf die Ähren auflesen (Ruth 2,2ff), die beim Garben binden liegen geblieben sind. Was Ruth macht, ist für die Bibel ganz legal. Keiner kommt auf die Idee, ihr „Diebstahl" vorzuwerfen, weil sie das, was zu Boden gefallen ist, nicht verrotten lässt. Im Gegenteil, arme Leute, die wie Ruth kein eigenes Feld haben, haben ein Recht auf ihren Teil vom Segen der Schöpfung. Alle sollen leben, keiner hungern. Und: Lebensmittel sind kein Müll. Das ist so eine Art biblisches Grundgesetz. Von Gott gegeben für seine Schöpfung.
Das wäre Fortschritt, wenn wir dem wieder näher kämen: Beim Einkaufen muss es nicht das total Frische, Makellose sein. Und das andere wird Müll. Joghurt muss ich nicht wegschmeißen, wenn die Mindesthaltbarkeit gestern abgelaufen ist. Und Mülltaucher sind keine „Diebe", sie erinnern daran, was für ein Segen Lebensmittel sind.

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