SWR4 Abendgedanken RP

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Ich gebe gerne zu: Ich bin kein großer Asket. Doch die Fastenzeit lädt mich auch dieses Jahr wieder ein, auf das ein oder andere zu verzichten. Mir fällt das schwer und dennoch versuche ich es, weil es Sinn macht. Danach geht es mir besser. Ich fühle mich richtig wohl. Wenn ich den Erfolg spüre, manchmal sogar auf der Waage und wenn ich auf einmal wieder besser genießen kann. Und darum geht es mir in dieser Fastenzeit. Ich möchte das Leben neu genießen. Es wahrnehmen mit allen Sinnen. Ich möchte das Leben schmecken, mir sozusagen auf der Zunge zergehen lassen. Wenn ich drei Wochen lang täglich nur genau abgewogenes rohes Gemüse, frisches Obst, etwas Knäckebrot oder Zwieback mit Joghurt, Mager-Joghurt versteht sich, zu mir genommen habe; wenn ich täglich mindestens zwei Liter Wasser getrunken habe; dann wächst die Sehnsucht nach einem guten Glas Wein, einem leckeren Schinkenbrot oder einer deftigen Kartoffelsuppe. Es macht Sinn, sich davon mal eine gewisse Zeit zu verabschieden, um anschließend wieder so richtig genießen zu können. Das schmeckt mir nicht, sage ich manchmal. Nicht immer meine ich dann das Essen. Denn eigentlich esse ich alles gerne, außer Spinat. Nein, es gibt Situationen, Erfahrungen, Erlebnisse, dann sage ich das. Das schmeckt mir nicht. Ich möchte in diesen Wochen vor Ostern neu lernen das Leben zu schmecken und es auch sagen zu können, wenn mir etwas nicht schmeckt. Nicht alles einfach herunter zu schlucken.  Die Lebensmittel, die mir geschenkt sind, und auch die Dinge oder auch Mitmenschen, die mir nicht schmecken, mir schmackhaft zu machen. Nicht immer ist alles und ist jede und jeder genießbar, oft genug bin ich es selber nicht. Wenn ich auf Jesus schaue, dann sehe ich einen Menschen, der das Leben genossen hat. Der gerne mit den Menschen Mahl gehalten hat. Der es nicht aushalten konnte, dass bei einer Hochzeit der Wein ausging. Wenn ich auf Jesus schaue, dann sehe ich einen Menschen, der Gottes unbedingte Liebe gelebt hat. Er nahmen jeden Menschen so an, wie er war. Ihm schmeckte es bei den Menschen zu sein, auch wenn ihm vielleicht nicht jeder schmeckte. Viele wurden durch seine Nähe, durch die Gespräche mit ihm, durch seine Botschaft anders. Sie konnten das Leben neu genießen. Also: Lassen Sie es sich schmecken!

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