SWR2 Wort zum Tag

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Linsen und Spätzle mit Putensaiten, Fleischküchle aus Rinderhack. Kantinen und Mensen in Deutschland stellen sich zunehmend auf die Bedürfnisse muslimischer Mitbürger ein. Das geht oft nicht ohne Diskussionen ab. Die einen vermissen das Schweinefleisch auf den Speiseplänen, die anderen begrüßen es, dass auf religiöse Gewohnheiten Rücksicht genommen wird.
Ich selbst kann gut mit weniger Schweinefleisch leben. Auch wenn für mich als Christin klar ist: Ich brauche mich nicht an besondere Speisegebote zu halten. Nichts, was wir essen, überhaupt nichts, was von außen in Menschen hineingeht, macht unrein, hat Jesus gesagt. Höchstens das, was aus uns herauskommt an bösen Vorhaben und Gedanken (Markus 7,14ff). Ich finde, das ist eine wichtige Erkenntnis, hinter die ich nicht zurückgehen möchte.
Was wir essen, hat also bei Christen nichts mit der Religion zu tun. Oder vielleicht doch? Nachdenklich geworden bin ich, als ich gehört habe, dass auch einige Muslime heute ganz neu über die Frage diskutieren, was helal - also rein - eigentlich bedeutet. Und ob es dabei vielleicht  weniger um eine bestimmte Technik des Schlachtens gehen sollte als um eine artgerechte Haltung und möglichst schonende Tötung der Tiere. Denn die islamischen Vorschriften fordern, dass die Tiere möglichst wenig leiden sollen (vgl. das Islamische Wort von Hilal Sezgin vom November 2010, http://www.swr.de/contra/-/id=7612/nid=7612/did=2057252/w2tzp1/index.html).
So verstanden, denke ich, gibt es durchaus auch für mich als Christin so etwas wie „Speisegebote". Wenn ich Tiere als Mitgeschöpfe sehen und achten soll, dann kann es mir nicht egal sein, unter welchen Umständen sie leben und sterben mussten, bevor sie auf meinen Teller kommen. Wenn ich Gerechtigkeit und Solidarität mit den Armen fordere, dann muss ich auch auf die Bedingungen achten, unter denen Menschen anderswo mein Obst und Gemüse anbauen.
Wohlgemerkt: Für mich als Christin ist das keine Frage von Reinheit oder Unreinheit - das ist seit Jesus wirklich passé. Aber trotzdem hat das, was ich esse, eben doch damit zu tun, woran ich glaube.
Insofern könnten Christen durchaus anregen, dass in Kantinen und Mensen, Restaurants und Cafés auch auf die christlichen „Speisegebote" Rücksicht genommen wird - und mehr mit fair gehandelten und biologisch erzeugten Produkten gearbeitet wird. Also in Zukunft nicht einfach Putensaiten, sondern Bio-Putensaiten zu den Linsen aus heimischen Anbau. Und hinterher vielleicht einen fair gehandelten Kaffee.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10009
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