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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

21FEB2024
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„Im Regenbogen gibt es kein Braun“ stand groß auf einem Pappschild bei einer der Demonstrationen gegen den Rechtsextremismus. Die Aussage ist klar. Der Regenbogen mit seinen Farben Rot, Orange, Gelb, Grün, Hellblau, Indigo und Violett ist das Symbol für eine bunte und vielfältige Gesellschaft. Braun dagegen ist die Symbolfarbe der Nationalsozialisten, weil die SA, die Kampftruppe der Nazis, braune Hemden trug.

Der Regenbogen ist aber auch ein uraltes religiöses Symbol. Das liegt an einer der schönsten Erzählungen der Bibel, der Noah-Geschichte. Von einem großen Hochwasser wird da erzählt, und dass Gott damit die Menschen vernichten will. Weil sie von Grund auf schlecht und böse sind. Gott besinnt sich aber und rettet einen, den Noah und mit ihm die ganze Menschheit. Nach der Rettung schließt Gott dann einen Bund mit diesem Noah, modern würde man sagen: Er macht einen Vertrag mit ihm, er gibt ihm die Zusage: „Ich will künftig nicht mehr alles Lebendige vernichten, wie ich es getan habe. Solange die Erde besteht, sollen nicht aufhören Aussaat und Ernte, Kälte und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ (Gen 8,21b) Und das Zeichen für diese Zusage ist der Regenbogen. „Balle ich Wolken über der Erde zusammen und erscheint der Bogen in den Wolken, dann gedenke ich des Bundes, der besteht zwischen mir und euch.“, so der O-Ton Gottes in der Bibel. (Gen 9,14).

Für einen Regenbogen braucht es Sonne und Regen. Er vereint Gegensätze und schafft damit ein wunderschönes Farbenspiel. Dass Gott den Regenbogen als Symbol für sein Ja zum Menschen nimmt, heißt für mich: Gott mag es bunt. Dass alle in die gleiche Richtung marschieren, die gleichen Hemden tragen und die gleichen Parolen singen, ist nicht in seinem Sinne.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

20FEB2024
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„Sei ein Mensch“, diesen kleinen Satz trage ich seit dem 31. Januar in mir. Er ist wie eine Push-Nachricht, die immer mal wieder aufploppt, wenn ich nicht weiß, wie ich mich verhalten soll, was ich tun und was ich lassen sollte. Ich verdanke diesen Satz „Sei ein Mensch!“ dem Sportjournalisten Marcel Reif.

Bei der diesjährigen Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus im Deutschen Bundestag hielt er eine Rede. Eine der besten, die ich je gehört habe. Er erinnerte an seinen jüdischen Vater, einer der wenigen die den Holocaust überlebt haben. Er habe nie von den Gräueln erzählt. Alles, was er heute über das Leben seines Vaters wisse, habe er erst Jahre nach seinem Tod von seiner Mutter erfahren. Und, so fügt Marcel Reif hinzu, er sei seinem Vater dankbar dafür, denn so habe er ihm und seiner Schwester eine fröhliche und sorgenfreie Kindheit ermöglicht. Marcel Reif wörtlich: „Es durfte nicht sein, dass auch noch seine Kinder von den furchtbaren Schatten heimgesucht ... werden, die seine Kindheit und Jugend ...  zerstört hatten. Wir sollten ... nicht in jedem Postboten, Bäcker, in jedem Straßenbahnfahrer oder Lehrer einen möglichen Mörder unserer Großeltern vermuten.”  Aber einen Satz habe ihm sein verschwiegener Vater doch mitgegeben. Er erinnere sich täglich mehr daran, wie oft er ihm diesen Satz geschenkt hat – mal als Mahnung, mal als Warnung, als Ratschlag oder auch als Tadel. „Sei ein Mensch!“

Und Marcel Reif wendet sich an die Damen und Herren im Bundestag: „Und wenn Sie es mir erlauben und wenn Sie mögen … dann lass ich Ihnen den kleinen und doch so großartigen, wundervollen Satz … hier:  „Sei ein Mensch!“ 

Ein wichtiger Satz für Menschen, die über Gesetze entscheiden müssen, die die Menschlichkeit in unserem Land betreffen. Ein wichtiger Satz aber auch für mich – für mein Tun und mein Lassen. 

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

19FEB2024
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„Meine Nationalität: Mensch!“ Auf einem Plakat auf dem Koblenzer Münzplatz stand dieser Spruch. Mitgeführt bei einer der vielen Demonstrationen der letzten Wochen gegen den Rechtsextremismus. Im ersten Moment hat mich dieser Satz irritiert. Denn Nationalität hat normalerweise etwas mit einem Land oder einem Volk zu tun. Diese Irritierung war vom Schreiber des Spruches wohl gewünscht und hat - bei mir zumindest - auch geklappt. Denn bevor ich Deutscher, bevor ich Engländer, Franzose, Chinese, Türke, Syrer oder Russe bin, bin ich erstmal Mensch. Und das gilt für jede und jeden, das verbindet uns Menschen über alle Grenzen hinweg. Dabei kommt jedem Menschen das zu, was unser Grundgesetz Würde nennt. Und als Deutscher bin ich stolz darauf, dass das der erste Satz unseres Grundgesetzes ist: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben dies bewusst an den Anfang gestellt, denn sie hatten den Nationalsozialismus erlebt und erlitten. Sie hatten erlebt, was dabei herauskommt, wenn man Menschen ihre Würde nimmt, weil sie Juden, Sinti oder Roma sind. Weil sie behindert oder homosexuell sind. Weil sie andere Auffassungen von Politik, Kunst und Kultur haben, weil sie eben nicht so sind wie eine herrschende Ideologie das gerne hätte.   

Viele von den Männern und Frauen, die das Grundgesetz geschrieben haben, waren gläubige Christen. Bis heute steht deshalb als Einleitung zum Grundgesetz der Satz: “Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen …. hat sich das Deutsche Volk … dieses Grundgesetz gegeben.” Für mich bedeutet das: Auch in meiner Verantwortung vor Gott habe ich dafür zu sorgen, dass die Würde eines jeden Menschen in unserm Land weiterhin unantastbar bleibt.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

21OKT2023
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Sich verkleinern ist eine große Sache. Meine Bekannte, 70 Jahre alt, hat es geschafft. Sie hat ihr Haus mit einem wunderschönen Garten verkauft und ist in eine seniorengerechte Etagenwohnung eingezogen. Vom Kopf her vollkommen richtig. Sie ist nicht mehr die Jüngste. Wer weiß, wie lange sie den großen Garten noch hätte pflegen können. Und das Haus war für sie allein wirklich viel zu groß. Die neue, seniorengerechte Wohnung ist natürlich viel kleiner, dafür mit Aufzug und das Bad ist so gebaut, dass man auch mit einem Rollstuhl gut klarkommen kann. Denn wer weiß, wie es ihr in einigen Jahren gehen wird. Alle sachlichen Argumente sprachen für den Umzug in was Kleineres, aber emotional war das schon eine große Sache. Denn in ihrem Haus hat sie jahrzehntelang mit ihrem Mann gelebt, der aber schon vor vielen Jahren gestorben ist. Die Kinder sind hier groß geworden. Große Feste mit der Familie und den Freunden wurden hier gefeiert. Jeder Strauch im Garten, jedes Möbelstück im Haus, alles ist mit Erinnerungen behaftet. Das alles loszulassen war wahrlich nicht einfach.

Monatelang hat meine Bekannte ausgemistet. Nur Weniges konnte sie in die neue Wohnung mitnehmen. Zuerst konnten sich natürlich die Kinder das holen, was sie haben wollten. Aber so viel war das nicht. Dann hat sie möglichst viel an Freunde verschenkt. Weil es gut tut zu wissen, wo die Dinge stehen, an denen ein Stück vom Herzen hängt. Dann kamen die sozialen Einrichtungen dran. Die Caritas, das Rote Kreuz, die Arbeiterwohlfahrt nahmen mit, was sie brauchen konnten. Und was dann übrigblieb, ging in den Sperrmüll.

Ich habe großen Respekt vor der Leistung von Leuten, die sich freiwillig verkleinern. Denn irgendwie sind wir Menschen eher darauf programmiert, immer größer werden zu wollen. Eine größere Wohnung, ein größeres Auto, eine längere Reise, das ist so allgemein der Trend. Dagegen zu stehen und sich zu verkleinern ist für mich ein Zeichen wahrer Größe.

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20OKT2023
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„Du ungläubiger Thomas!“ Mit diesem Ausdruck werden gerne Skeptiker belegt. Menschen, die sich kritisch zeigen, wo andere ganz begeistert sind. 

Mit dem ungläubigen Thomas ist der Apostel Thomas gemeint. Die Geschichte dazu: Jesus erscheint nach der Auferstehung seinen Jüngern in einem verschlossenen Saal. Alle waren da, nur Thomas nicht. Als die andern ihm später erzählen, dass Jesus bei ihnen war, er auferstanden sei, glaubt er ihnen nicht: „Wenn ich nicht … meine Hand in seine Seite legen kann, so glaube ich nicht,“ (Joh 20,25)  Originalton Thomas. Er ist ein Realist, er glaubt nur das, was er sehen und anfassen kann.

Eine Woche später bekommt Thomas was er braucht, die realistische Erfahrung: Die Jünger sind wieder versammelt, diesmal ist auch Thomas dabei. Jesus erscheint und sagt zu Thomas: „Streck …deine Hand aus und leg sie in meine Seite, sei nicht ungläubig, sondern gläubig.“ (Joh 20,28) Das haut den Thomas natürlich um, gerade weil er ein Realist ist und sich an Tatsachen nicht vorbei mogelt, bekennt er sich zu Jesus mit dem Satz: „Mein Herr und mein Gott.“ Und ist damit der erste der Jesus Gott nennt. In die Geschichte eingegangen ist er aber nicht als der große Gottesbekenner, sondern als der Ungläubige, der Zweifler. Verstärkt wird dies noch dadurch, dass Jesus ihm am Ende ihrer Begegnung einen kleinen Rüffel erteilt: „Weil du mich gesehen hast, glaubst Du. Selig sind aber die, die nicht sehen und doch glauben.“ Damit hat er natürlich sein Fett weg, der arme Thomas und seinen Beinamen „der Ungläubige“.

Trotzdem ist Thomas ein Heiliger. Ich finde es gut, dass es einen Heiligen mit dem Beinamen „der Ungläubige“ gibt. Macht es mir doch klar, dass es nichts Schlimmes ist zu zweifeln, mit Aussagen des Glaubens nicht klar zu kommen. Denn auch für Skeptiker ist Platz in Gottes bunter Herde. 

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19OKT2023
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„Ich muss nicht den Himmel tragen“*, will sagen: dass etwas gut wird, liegt nicht allein an mir. „Ich muss nicht den Himmel tragen“ ein befreiender Satz. Befreiend für alle, die überall ihr Bestes geben, sich abmühen, aber trotzdem das Gefühl haben: es ist nicht genug. Der Satz stammt von Franz Kamphaus, dem Altbischof von Limburg. 25 Jahre war er Bischof und hat es sich in dieser langen Zeit bestimmt nicht einfach gemacht. Als der Papst verlangte, dass die deutsche katholische Kirche aus der Schwangerenkonfliktberatung aussteigen müsse, da hat er als einziger deutscher Bischof bis zuletzt Widerstand geleistet. Er weiß also, was es heißt, etwas alleine durchtragen zu müssen. Und trotzdem antwortet er auf die Frage, welche Lebensweisheit ihn in schweren Zeiten am meisten aufgerichtet hat, mit dem Satz: „Ich muss nicht den Himmel tragen.“
Er entnimmt diese Weisheit einer Tiergeschichte. Zwei Vögel fliegen durch die Luft, der eine fliegt auf dem Rücken und streckt die Beine gegen den Himmel. Der andere fragt ihn, was denn diese komische und auch anstrengende Art des Fliegens soll? Darauf antwortet der sehr wichtigtuerisch: „Ich muss mit meinen Beinen den Himmel tragen, wenn ich sie einziehe, stürzt der Himmel ein.“ Aber als er sich wegen einer Windböe plötzlich umdrehen muss, muss er feststellen, der Himmel bleibt und stürzt nicht ein.

Wenn ich aufhöre, dann stürzt alles ein. Ein Gefühl, das viele aktive Menschen kennen. Und denen sagt Kamphaus: Nein, ich muss nicht den Himmel tragen, zum einen tragen da noch sehr viele andere mit und zum andern ist einer immer dabei, der auch trägt und der auch mich trägt. Solange ich mich von Gott getragen weiß, kann ich damit leben, nicht alles perfekt zu machen.
Nun stellt sich die Gewissheit „Gott trägt mich“ nicht bei jedem und zu jeder Zeit einfach so ein. Gott ist nicht auf Knopfdruck abrufbar. Aber manchmal , so habe ich es erfahren, kommt er ganz unverhofft um die Ecke.

 

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12JUL2023
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„Wer Wein säuft, sündigt. Wer Wein genießt, der betet.“ Von Theodor Heuss, unserm ersten Bundespräsidenten soll dieser Satz stammen. Er war nicht nur ein großer Weinkenner, sondern auch ein religiöser Mensch.  Als Theologe und Weintrinker gefällt mir dieser Satz natürlich. Er verurteilt das Saufen, sprich große Mengen von Wein bedenkenlos in sich hineinzuschütten und lobt das moderate genussvolle Trinken von Wein. Und Heuss begründet das nicht medizinisch, sondern theologisch. Das Medizinische ist ja heute ein großes Thema. Hierzu gibt es viele Studien, fast täglich kommen neue. Für mich lassen sie sich alle auf die bekannte Formel des Paracelsus zurückführen, der im 16. Jh. ein berühmter Arzt und Naturphilosoph war: „Die Menge macht das Gift.“ Moderat getrunken, kann Wein sogar gesundheitsfördernd sein. Aber sobald es zu viel wird, sobald das Saufen beginnt, wird es gefährlich.

Theodor Heuss verwendet in seiner theologischen Begründung für moderaten Weinkonsum die Begriffe sündigen und beten.

Sündigen: Wein ist ein Produkt, das aus dem Zusammenspiel von menschlicher Arbeit und der Natur entsteht. Und die ist für einen gläubigen Menschen wie Heuss Gottes gute Schöpfung. Aus Respekt vor der mühevollen Arbeit der Winzerinnen und Winzer und der guten Schöpfung Gottes, ist es Sünde, ist es respektlos, wenn man Wein in Massen einfach in sich hineinschüttet, ihn säuft.

Und Beten: Wenn ich Wein in Maßen trinke und dabei einen kleinen Dank an die Winzerinnen und Winzer und an Gott, den Schöpfer dieser Welt, ausspreche, dann bete ich. Ich werde dankbar und respektvoll. Und das steigert meinen Genuss.

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11JUL2023
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„Wenn es richtig dicke kam, habe ich zur Mutter Gottes gebetet und die hat mir geholfen.“ Nicht ein wortkarges altes Mütterchen mit Kopftuch und Rosenkranz in der Hand, sagt mir diesen Satz, sondern eine eloquente Frau, die ein mittelständisches Unternehmen leitet und eher in Designer-Klamotten herumläuft.

Ich lerne sie bei einer Urlaubsreise kennen. Wir kommen ins Plaudern und ich verrate, dass ich Theologe bin. Und schon erzählt sie mir, wie sie es so hält mit der Religion. Sie habe das Glück gehabt, immer gute Pfarrer erlebt zu haben, aber eine gute Kirchgängerin wäre sie deshalb nicht. Aber zur Maria, zur Mutter Gottes habe sie ein sehr gutes Verhältnis. „Weißt du“, sagt sie zu mir, „wenn es brenzlig wurde, der Betrieb auf der Kippe stand, weil Kredite bedient werden mussten, Auftraggeber aber nicht bezahlt hatten, dann habe ich eine Kerze bei der Mutter Gottes aufgestellt und gebetet: „Maria hilf!“ Und sie hat jedes Mal geholfen! Entweder die Bank hat mit sich reden lassen oder aber der Auftraggeber hat endlich bezahlt. Auf alle Fälle nach Kerze und Gebet bei der Mutter Gottes ging es wieder aufwärts.“ Erst schmunzeln wir ein wenig darüber, dann aber kommen wir in ein interessantes Gespräch. War es wirklich Maria, die da geholfen hat oder war es das Gebet, das ihr geholfen hat. Durch das Gebet hat sie sich verändert, ist stärker und vielleicht auch selbstbewusster geworden. So selbstbewusst, dass die Banker einfach nicht anders konnten als die Kredite zu verlängern und die Auftraggeber eingesehen haben, endlich die Rechnungen zu begleichen. Wir legen uns in unserm Gespräch nicht fest. Für sie ist es auch unerheblich, ob es Maria persönlich war oder das Gebet zu Maria. Hauptsache es hat geholfen. Am Ende unserer Unterhaltung kommen wir dann als Glaubende, die auch öfter mal zweifeln, zu einem für uns wichtigen Ergebnis: Auch wenn wir uns manchmal die Frage stellen, ob es Gott überhaupt gibt, wenn der Glaube an Gott hilft, brenzlige Situationen zu überstehen, dann macht er Sinn.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

10JUL2023
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Ich gehe gerne auf den Friedhof. Hier bin ich – auch wenn ich alleine bin – nicht einsam. Denn hier fühle ich mich verbunden mit vielen Menschen.

Zunächst einmal mit dem Verstorbenen, dessen Grab ich regelmäßig besuche. Wenn ich eine neue Kerze aufstelle, die Blumen gieße, seinen Namen auf dem Grabstein lese, dann denke ich an ihn. Szenen aus unserm gemeinsamen Leben fallen mir ein. Wenn ich alleine bin, spreche ich ihn auch an, nenne ihn bei seinem Kosenamen. Denn wenn ich seinen Namen laut ausspreche, stärkt das meine Erinnerung an ihn und das tut mir gut.

Ich fühle mich auf dem Friedhof aber nicht nur mit ihm verbunden, sondern auch mit den anderen Verstorbenen, die ich gekannt habe. Wenn ich ihre Namen auf den Grabsteinen lese, dann blitzen Gesichter in mir auf, ich erinnere mich an ihre Stimmen, ihren Gang, ihr Lachen und manchmal auch an das eine oder andere gemeinsame Erlebnis.

Selbst mit den vielen, die ich nicht gekannt habe, fühle ich mich verbunden. Besonders wenn die Gräber nicht mehr gepflegt werden und die Schrift auf den Grabsteinen kaum noch zu lesen ist. Ich male mir dann aus, wie sie wohl gelebt haben. Was sie gehofft haben, ob sie ein erfülltes Leben hatten oder eher nicht, ob es beschwerlich war oder eher leicht. Mit dem Blick auf ihre Gräber wird mir klar: Auch mein Grab wird in einigen Jahren oder Jahrzehnten so aussehen. Dann wird sich kaum noch einer an mich erinnern. So ist eben der Lauf der Welt. Der einzelne Mensch ist nur ein Staubkorn im großen Strom der Geschichte. Aber immerhin ein Staubkorn, ein kleiner winziger Teil von einem großen Ganzen. Und so fühle ich mich auf dem Friedhof nicht nur verbunden mit den Verstorbenen, sondern auch eingebunden in die große Gemeinschaft aller Menschen, und das ist für mich eine Gemeinschaft der Lebenden und der Toten.

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Anstöße sonn- und feiertags

09JUL2023
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Da hat unser Herr Jesus den Frommen seiner Zeit mal wieder einen eingeschenkt. „Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr !, wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt.“ (Mt 7,21) Will sagen: Es kommt nicht darauf an, was ich rede, was ich fordere, was ich bete, sondern darauf, was ich tue.  Es kommt nicht darauf an, dass ich im Vater Unser laut und für alle vernehmlich bete: „Dein Reich komme, dein Wille geschehe!“ sondern darauf, dass ich auch was dafür tue, dass der Wille Gottes geschieht, dass sein Reich kommt.

Mit dem Satz: „Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt“, hat Jesus aber nicht nur den Frommen seiner Zeit einen eingeschenkt, sondern auch uns heute. Ganz besonders uns Kirchenleuten, die wir ja gerne davon reden, dass die Kirche an seinem Reich arbeitet, sich dafür einsetzt, dass sein Wille geschieht. Sicherlich gibt es auch heute noch Menschen in der Kirche, die dies in aller Redlichkeit tun, aber wir können über das große Versagen der Kirche als Ganzes nicht hinwegsehen, gerade wir Katholiken.

Was mich in dieser Misere tröstet? Den Willen des Vaters zu tun, ist nicht an Kirchenmitgliedschaft gebunden. Man braucht keinen Taufschein, um sich für das Reich Gottes einzusetzen. Ich kenne viele Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind oder überhaupt nie drin waren. Die aber den Willen des Vaters tun, die am Reich Gottes mitarbeiten, auch wenn sie das selbst nie so nennen würden. Zum Beispiel bei der Tafel, im Hospizverein, in der Flüchtlings- oder Nachbarschaftshilfe oder einer der vielen andern Gruppen, in denen Menschen sich für ihre Mitmenschen einsetzen. Sie erfüllen den Willen Gottes – liebe deinen Nächsten wie dich selbst -, auch wenn sie nicht „Herr, Herr!“ rufen.

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