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Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP

11JAN2025
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„Ich bin vergnügt, erlöst, befreit, Gott nahm in seine Hände meine Zeit …

Was macht, dass ich so furchtlos bin an vielen dunklen Tagen?

Es kommt ein Geist in meinen Sinn, will mich durchs Leben tragen“*

Ich liebe diese Zeilen, sprechen sie doch von einem großen Gottvertrauen. Sie stammen von Hanns Dieter Hüsch, dem Poeten unter den Kabarettisten. 
„Ich bin vergnügt, erlöst, befreit, Gott nahm in seine Hände meine Zeit.“ Auch wenn ich diesen Satz liebe, so muss ich doch zugeben, dass ich ihn nicht immer und zu jeder Zeit voll unterschreiben kann. Oft plagen mich Zweifel, ob er denn wirklich „meine Zeit in seinen Händen hält“. Dann wird aus freudiger Zuversicht eher ein banges Hoffen, von dem am Ende manchmal nur eine große Sehnsucht übrigbleibt. Aber die gebe ich nicht auf.

Der Satz stammt aus einem Gedicht von Hüsch, dem er den Titel „Psalm“ gegeben hat. Die Psalmen sind eine Sammlung von Gebeten, die die Menschen zu ganz unterschiedlichen geschichtlichen und persönlichen Situationen gebetet haben. Es gibt Psalmen der Zuversicht und der Nähe zu Gott. „Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen. “ (Ps 23) Auch jubiliert und gelobt wird in den Psalmen: „Lobe den Herrn meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen.“ (Ps 103). Aber auch der Zweifel und die Gottesferne kommen vor: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ (Ps 22)

Die Psalmen sagen mir, dass es ein Auf und Ab im Glauben gibt. Und meine Erfahrung lehrt mich: Aus meiner Sehnsucht kann auch wieder Hoffnung und Zuversicht werden. Und das lässt mich dann mit Hüsch sagen:

Ich bin vergnügt, erlöst, befreit, Gott nahm in seine Hände meine Zeit …

Was macht, dass ich so furchtlos bin an vielen dunklen Tagen?

Es kommt ein Geist in meinen Sinn, will mich durchs Leben tragen“*

 

* Psalm. in: Hanns Dieter Hüsch. Das Schwere leicht gesagt. Herder 1994, S.45

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Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP

10JAN2025
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„Es ist dem Menschen beigegeben ein kleines Stück von einem großen Leben, ob Bettler oder hohes Tier, von einer Handvoll Erde sind wir alle hier.“ Mit diesen Versen beginnt Hanns Dieter Hüsch, der Poet unter den deutschen Kabarettisten, eines seiner Gedichte. Der Mensch ist ein Teil von etwas ganz Großem. Hüsch bezieht sich hier auf die Erzählung von der Erschaffung des Menschen in der Bibel.

Da gibt es ja zwei Geschichten. Zum einen die, in der Gott die Welt in sieben Tagen erschafft. Das ist natürlich nur ein Bild, eine Erzählung. Sie macht deutlich, dass die Erde sich entwickelt hat und der Mensch relativ spät in dieser Entwicklung entstanden ist. Und die zweite Geschichte, auf die sich Hüsch hier bezieht, ist die, in der Gott den Menschen aus einem Klumpen Erde formt wie ein Künstler eine Figur schafft. Und zum Schluss haucht Gott diese Figur an, und damit wird der Mensch lebendig. Natürlich ist dies auch wieder nur ein Bild, ein Bild dafür, dass in jedem Menschen der Atem, der Geist Gottes steckt. „Es ist dem Menschen beigegeben ein kleines Stück von einem großen Leben.“ Ich gebe zu, bei einigen Mitmenschen fällt es mir schwer, diesen Funken Göttlichkeit in ihnen zu entdecken. Aber ich weiß, auch bei mir ist dieser Funke oft nicht spürbar. Im nächsten Vers zieht Hüsch eine wichtige Konsequenz aus diesem Schöpfungsglauben: „Ob Bettler oder hohes Tier, von einer Handvoll Erde sind wir alle hier.“ Eindrücklicher kann man den Satz: „Alle Menschen sind gleich, alle haben die gleichen Rechte und Pflichten“ nicht ins Bild setzen. Keiner darf sich über den anderen erheben, auch kein Volk darf sich über ein anderes erheben.

Bald sind Wahlen, der Kampf um unsere Stimmen hat ja bereits begonnen. Ich habe mir vorgenommen dies zu meinem Wahlprüfstein zu machen: Wer sich über den andern erhebt, den andern herabwürdigt und beleidigt, wird meine Stimme nicht bekommen.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP

09JAN2025
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„Gesegnete Weihnachten und ein gutes neues Jahr“, das war auf so einigen Weihnachtskarten der vergangenen Wochen zu lesen. Bei Weihnachten, einem immer noch irgendwie christlichen Fest, da bedient man sich schon mal des frommen Wortes „gesegnet“. Bei dem profanen Ereignis des Jahreswechsels bleibt man lieber etwas nüchterner und wünscht sich ganz einfach nur ein „gutes“ neues Jahr. Dabei liegen segnen und Gutes wünschen ganz nahe beieinander. Das lateinische Wort für gesegnet -„benedictus“ -  bedeutet übersetzt nichts anderes als „dem wird Gutes zugesagt“.

Aber trotzdem ist ein Segen mehr als nur ein guter Wunsch. Denn segnen bleibt nicht im zwischenmenschlichen Bereich, sondern segnen bringt Gott mit ins Spiel.

Wenn ich segne, stelle ich eine Beziehung her zwischen dem, was ich segne, und Gott. Segne ich ein Brot, so ist es für mich nicht nur ein Nahrungsmittel, sondern eine von Gott geschenkte Gabe. Segne ich ein Tier, so sehe ich darin einen Teil der guten Schöpfung Gottes. Und segne ich ein Kind, sage ich ihm, du bist ein von Gott geliebter Mensch. Segnen lässt mich das, was mich umgibt mit Respekt und Ehrfurcht betrachten. Segnen heiligt den Alltag. Und so möchte ich uns mit einem Segenswort von Hanns Dieter Hüsch, dessen 100. Geburtstag wir dieses Jahr feiern werden, ein gesegnetes Jahr 2025 wünschen. Das hat ja auch gerade erst begonnen.

 

Gott der Herr möge unser Glück und unser Leid

Unsere Trauer und unsere Freude

Mit seiner grenzenlosen Güte begleiten…

 

Uns ein großes Gefühl dafür geben

Dass einer des anderen Last mittrage

 

Und nachsichtig möge er mit uns sein

Wenn alles nicht von heute auf morgen geschehen kann

Weil

Wir sind seine Kinder von ganzem Herzen

Aber oft noch von halbem Verstand*

 

* Michael Blum und Hanns Dieter Hüsch: Das kleine Buch vom Segen. Düsseldorf. 4. Auflage 2000, S. 28

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Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP

02OKT2024
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Armutsflüchtling mit fünf Buchstaben: Jakob. Ja genau der, der in der Bibel so eine große Rolle spielt. Erzvater Jakob. Als junger Mann hat er sicherlich nicht gedacht, im Alter einmal Hunger erleiden zu müssen, denn seine Familie war durchaus vermögend. Gut situiert war der Jakob, aber auch streitbar. Er hat sich mit allen angelegt, am liebsten mit den eigenen Verwandten. Seinen Zwillingsbruder Esau hat er mit Hilfe seiner Mutter Rebekka um dessen Erbe betrogen. Auch er selbst wurde betrogen, von seinem Schwiegervater Laban. Und zwischen all seinen Fehden hatte er auch noch Zeit, sich immer wieder mit Gott anzulegen. Er hat mit Gott gerungen bis der ihn segnete. Er träumte von einer Himmelsleiter zwischen ihm und Gott. Fromm war er schon dieser Jakob, aber auch ein Schlitzohr. Zwölf Söhne hatte er. Und ausgerechnet Josef, der Sohn von seiner Lieblingsfrau Rachel, ist irgendwann unter mysteriösen Umständen verschwunden. Was er nicht wusste: Die anderen Söhne hatten ihn als Sklaven nach Ägypten verkauft. Einfach weil sie es nicht mehr aushalten konnten, wie der Vater den Josef bevorzugte.

Und am Ende seines wahrlich aufreibenden Lebens, als alter Mann, musste er sich noch mal auf den Weg machen. In seinem Land war eine Hungersnot ausgebrochen. Und so ist er mit seiner großen Familie nach Ägypten gezogen. Denn Ägypten war reich, da gab es genug zu essen und zu trinken. Für ihn gab es dort auch noch ein besonderes Happy End: Sein tot geglaubter Sohn Josef lebte und hatte in Ägypten Karriere gemacht. Und mit Josef als Fürsprecher konnten er und seine Familie dann in Ägypten bleiben. Sie haben Land bekommen und hatten ihr Auskommen.

Eine alte Geschichte. Sie macht mir deutlich: Menschen, die hungern, gehen schon immer dorthin, wo es was zu essen gibt. Das ist normal und auch verständlich. Dagegen helfen keine Zäune. Das Einzige, was hilft: Dafür sorgen, dass die Menschen in ihrer Heimat genug zu essen haben. 

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Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP

01OKT2024
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Es ist heiß, es stinkt und die Ampel ist rot. Ich stehe mit meinem Fahrrad in einer Schlange und muss warten. Es ist einer dieser heißen Tage Anfang September. Die Sonne brennt mir auf meinen Fahrradhelm. Der unangenehme Geruch kommt von einem Teerkocher, denn es gibt mal wieder eine Baustelle, daher auch die lange Rotphase. Und ausgerechnet ich stehe mit meinem Fahrrad in diesen Rauchschwaden vom frisch gekochten Teer. Kann in der Schlange nicht vorwärts und nicht rückwärts, muss das einfach aushalten. 

Die Baustelle ist nicht besonders groß, es wird ein neuer Fahrradweg angelegt, von daher kommen keine riesigen Maschinen zum Einsatz, sondern ganz altmodisch ein Teerkocher und Schubkarren. Insgesamt fünf Leute sind da am Arbeiten. Einer steht am Teerkocher und befüllt die Schubkarren. Die vier anderen schieben diese mit heißem Teer gefüllten Schubkarren etwa 20 Meter leicht den Berg hinauf. Denn der neue Fahrradweg liegt an einer Brückenabfahrt. Ganz schön schwere Arbeit und das in brüllender Hitze und dichten Rauchschwaden. Stundenlang müssen die Männer das machen, ich stehe nur drei Minuten in der Schlange und kann dann wieder los radeln und den frischen Fahrtwind genießen. In den drei Minuten beobachte ich die Männer und höre die kurzen Sätze, mit denen sie sich verständigen. Verstehen kann ich diese Sätze nicht. Denn sie sprechen kein Deutsch, auch kein Englisch, Französisch, Italienisch oder Spanisch, das würde ich erkennen.   

Klar, es sind Menschen mit Migrationshintergrund, wie das immer so schön heißt. Ob sie schon länger hier sind oder erst sehr kurz, weiß ich nicht. Ob sie gar die deutsche Staatsbürgerschaft haben oder nur geduldet sind, weiß ich auch nicht. Was ich aber weiß, ohne sie würde der neue Radweg nie fertig. Auch sonst würde nicht mehr viel gebaut in Deutschland. Und was für die Bauwirtschaft gilt, gilt genauso für das die Altenpflege und das Gesundheitswesen, die Gastronomie, den öffentlichen Nahverkehr und vieles andere mehr. Auf gut Deutsch: Wir würden ganz schön blöd dastehen ohne unsere Migranten. 

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Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP

30SEP2024
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„Widersagen“ ist ein altertümlich klingendes Wort. Es bedeutet gegen etwas zu sein. „Nein“ zu sagen und das möglichst laut und öffentlich. „Ich widersage.“ In der katholischen Liturgie hat dieser Satz einen sehr prominenten Platz: Im feierlichen Gottesdienst in der Osternacht. Der Priester fragt hier die Gläubigen: „Widersagt ihr dem Bösen?“  Und die Gläubigen antworten mit: „Ich widersage!“  Natürlich kommen nach den Fragen, was man verneint, auch die Fragen, zu was man „Ja“ sagt. Also: „Glaubt ihr an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde? Glaubt ihr an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, (…) Auch nach dem Glauben an den Heiligen Geist und der Kirche wird an dieser Stelle gefragt. Und immer antworten die Gläubigen: „Ich glaube.“

Lange Zeit hat mich diese Reihenfolge geärgert. Zuerst das Negative „Ich widersage“ und danach erst das Positive „Ich glaube.“ Heute finde ich das gut. Denn es macht mir klar, dass ein Christ nicht nur daran zu erkennen ist, woran er glaubt, wozu er ja sagt, sondern auch, wogegen er ist, wo er Widerrede erhebt, wo er widersagt. Denn mit einem ja zum Gott Jesu Christi ist immer auch ein nein verbunden. Wer ja sagt zu einem Gott, der alle Menschen liebt, muss nein sagen zu jeder Form von Rassismus. Wer ja sagt zu einem Gott, der die Welt erschaffen hat, muss nein sagen zu allem, was die gute Schöpfung Gottes zerstört. Wer ja sagt zu einem Gott, der auffordert, die Fremden, die unter uns wohnen, nicht auszubeuten. Der muss nein sagen gegen jegliche Form der Hetze gegen Fremde. Als Christ bin ich gefordert, nicht zu allem ja und Amen zu sagen, sondern auch an den richtigen Stellen zu widersprechen. Nicht nur rituell in der Osternacht, sondern auch an der Wahlurne und am Stammtisch.

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SWR1 Anstöße sonn- und feiertags

29SEP2024
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„Donnert der Michel, viel Arbeit die Sichel.“ Das ist ein Bauernspruch zum heutigen Tag. Er will sagen: Wenn es heute am Tag des Erzengels Michael donnert, dann muss man schnell die Ernte einholen – „viel Arbeit die Sichel“.

Das Donnern scheint dem Heiligen Michael zu liegen, denn auf den meisten Darstellungen wird er kriegerisch mit Lanze, Schwert und Schild dargestellt. Und meist kämpft er gegen einen Drachen, der Symbolfigur des Teufels. Auf seinem Schild steht oft sein Name bzw. dessen Übersetzung: Wer ist wie Gott? Das bedeutet nämlich der hebräische Name Michael. Ein bisschen freier übersetzt könnte man auch sagen: Wer bildet sich ein, Gott gleich sein zu wollen? Das hat mit einer biblischen Geschichte zu tun. In der Offenbarung, dem letzten Buch der Bibel, wird der ewige Kampf zwischen dem Guten und dem Bösen in eine Erzählung gekleidet. Die Geschichte vom Kampf im Himmel, wo der Teufel, das Böse in Person, Engel um sich schart und gegen Gott kämpft. Denn er will selbst Gott sein. Aber Michael steht auf der Seite Gottes und besiegt den Teufel. Es kommt zum so genannten Engelsturz. Der Teufel und die Engel, die auf seiner Seite standen, werden vom Himmel verbannt und stürzen auf die Erde.  

Neben diesem donnernden, kriegerischen Michael gibt es in der Tradition noch die Darstellungen von ihm mit einer Waage in den Händen. Denn im Volksglauben ist er derjenige, der Buch führt über die guten und bösen Taten des Menschen und er wiegt sie dann am Jüngsten Tag gegeneinander ab. Überwiegen die guten Taten, dann geleitet er den Menschen ins Paradies, neigt sich die Waage aber zum Bösen hin, ist die Hölle angesagt. Heute tun wir uns schwer mit dem „Jüngsten Gericht“, mit Himmel und Hölle und überhaupt mit einem Leben nach dem Tod, ich auch manchmal. Aber den Glauben, dass es einen Ort gibt, wo die Gerechtigkeit erfahren, die auf der Erde Unrecht erlitten haben, wo es einen Ausgleich gibt zwischen Tätern und Opfern, diesen Gedanken möchte ich nicht einfach fallen lassen.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP

29JUN2024
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Paul ist heute beliebter als Peter. In der Beliebtheitsskala der Namen für Jungs steht Paul auf den vorderen Plätzen. Peter dagegen kommt nicht einmal mehr unter die ersten Hundert. Das war schon mal umgekehrt. In meiner Schulklasse gab es viele, die Peter hießen. Einen Paul aber hatten wir nicht. Eigentlich ganz praktisch, so können heute viele Opas, die Peter heißen, gemeinsam mit ihren Enkeln, die Paul heißen, Namenstag feiern. Denn heute, am 29. Juni, ist der gemeinsame Gedenktag von Petrus und Paulus. Das kommt selten in der Kirche vor, dass zwei bedeutende Heilige am gleichen Tag gefeiert werden.

Für mich steckt dahinter die Aussage: Der Glaube verbindet auch ganz unterschiedliche Typen. Beide glauben an diesen Jesus Christus, aber ansonsten haben sie nichts gemeinsam. Paulus ein Intellektueller aus der Stadt, Petrus Fischer vom platten Land. Paulus ein weltmännischer Typ, der fließend Griechisch spricht, die damalige Weltsprache. Petrus das Landei, dessen Griechisch wohl eher bescheidend ist. Paulus geht auch auf die so genannten Heiden – sprich Nichtjuden – zu, tauft sie sogar. Petrus bleibt lieber in den jüdischen Gemeinden und versucht dort, die Menschen vom Glauben an Jesus Christus zu überzeugen.

Und über diese Frage, ob auch Nichtjuden Christen werden dürfen und wenn ja, unter welchen Bedingungen, haben die beiden auch richtig Krach miteinander bekommen. Der ging so weit, dass man sich in Jerusalem zu einem Krisengipfel treffen musste. Da flogen erstmal die Fetzen bevor man sich auf einen Kompromiss einigte.

Dass beide an einem Tag gefeiert werden, bedeutet für mich: Auseinandersetzungen in der Kirche gehören von Anfang an dazu. Wo unterschiedliche Typen mit unterschiedlichen Auffassungen vom Glauben aufeinandertreffen, da darf es auch mal krachen. Besser es fliegen mal die Fetzen, als dass Konflikte unter den Teppich gekehrt werden. Petrus und Paulus haben es vorgemacht.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP

28JUN2024
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Acht von 24 sind jetzt schon mal raus. Und morgen geht es weiter bei der Fußball-EM. Da beginnen die Achtelfinale, das heisst es fliegen wieder acht Mannschaften raus. Über die Viertel- und Halbfinale geht es dann weiter bis dann am 14. Juli beim Finale in Berlin nur noch zwei Mannschaften übrig sind. Und nach diesem Spiel wird es endlich den großen Sieger geben. In einem Land in Europa wird dann ein großer Jubel ausbrechen. Dort wird man singen, tanzen und feiern. In diesem Land sind die Menschen dann für kurze Zeit im Fußballhimmel.

Mit dem Fußballhimmel ist das so eine Sache. Er ist herrlich für die, die drin sind. Aber leider ist da immer nur für den Sieger Platz. Und darin unterscheidet sich der Fußballhimmel vom wirklichen Himmel. Hier ist nämlich für viele Platz, auch Platz für die Verlierer. Im wirklichen Himmel geht es nämlich nicht um siegen oder verlieren, sondern um’s Singen, Tanzen und Feiern.

Nun, Spiele ohne Gewinner und Verlierer sind zwar ganz nett, aber ein spannendes Fußballspiel kommt so nicht zu Stande. Gibt es also im Himmel keinen Fußball? Für Fußballfans keine schöne Aussicht. Vielleicht hilft da die Definition von Himmel, die mir einmal ein Fan von Mainz 05 mit einem kleinen Augenzwinkern erzählt hat: Der Himmel ist, wenn die 05er in Frankfurt bei der Eintracht mit 6:0 gewinnen und die Frankfurter Spieler merken es nicht. Warum? Weil sie nur ein Spiel verloren haben, nicht aber den Jubel und die Wertschätzung der Fans. Deshalb können auch sie als Verlierer singen, tanzen und feiern.

Also wenn es uns gelingt auch die Verlierer zu beklatschen, dann passiert ein bisschen was vom wirklichen Himmel im Fußballhimmel der EM 2024 in Deutschland.

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27JUN2024
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Jeder möchte alt werden, aber keiner möchte alt sein. Und viele werden auch alt. Wir haben heute eine durchschnittliche Lebenserwartung von der unsere Großeltern nur geträumt haben. Aber obwohl so die Gruppe der Alten immer größer wird, wird das Alt-sein in unserer Gesellschaft eher nicht geschätzt. Keiner will alt sein. Mit viel Energie und auch finanziellem Aufwand versuchen viele ihr wahres Alter zu verbergen, jede und jeder möchte jung sein. In der Werbung kommen alte Menschen nur als jung gebliebene Senioren vor. Möglichst sportlich und attraktiv, so als ob der 80-Jährige, der Tennis spielt, Fahrrad fährt und Hochgebirgstouren unternimmt, der Regelfall wäre.

Es gibt eine eigene Anti-Aging-Medizin. Eine Medizin gegen das Altern. Als wäre alt werden so was wie eine Krankheit, die man aufhalten muss. Das Ziel dieser Medizin: Die alterslose Gesellschaft. Wunderbar: Jeder bleibt jung bis zu seinem Tod.

Ich befürchte, wenn auch die Alten nur noch jung sind, dass Gelassenheit und Weisheit immer mehr verloren gehen. Dass unsere Gesellschaft noch mobiler, hektischer und unruhiger wird. Man noch mehr allen möglichen Modetrends hinterherläuft. Sicherlich nicht jeder Mensch wird weise und gelassen, nur weil er alt wird. Aber die Möglichkeit besteht. Es gibt sie, die Altersweisheit. Wenn alte Menschen akzeptieren, dass sie nicht mehr alles können, dass ihre körperlichen Kräfte nachlassen, erlebe ich oft, dass sie gelassen mit den Problemen des Alltags umgehen. Sie gehen oft auf eine gewisse Distanz zum aktiven Leben und können deshalb die Dinge mit Ruhe betrachten. Und manchmal noch im Schlimmen Gutes entdecken. Deshalb wurde in vielen Kulturen der Rat der Alten, der Ältestenrat, immer sehr geschätzt. Wir brauchen sie, die alt gewordenen Menschen. Jung gebliebene, oder welche, die glauben jung geblieben zu sein, haben wir schon genug.

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