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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

29JUN2024
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Paul ist heute beliebter als Peter. In der Beliebtheitsskala der Namen für Jungs steht Paul auf den vorderen Plätzen. Peter dagegen kommt nicht einmal mehr unter die ersten Hundert. Das war schon mal umgekehrt. In meiner Schulklasse gab es viele, die Peter hießen. Einen Paul aber hatten wir nicht. Eigentlich ganz praktisch, so können heute viele Opas, die Peter heißen, gemeinsam mit ihren Enkeln, die Paul heißen, Namenstag feiern. Denn heute, am 29. Juni, ist der gemeinsame Gedenktag von Petrus und Paulus. Das kommt selten in der Kirche vor, dass zwei bedeutende Heilige am gleichen Tag gefeiert werden.

Für mich steckt dahinter die Aussage: Der Glaube verbindet auch ganz unterschiedliche Typen. Beide glauben an diesen Jesus Christus, aber ansonsten haben sie nichts gemeinsam. Paulus ein Intellektueller aus der Stadt, Petrus Fischer vom platten Land. Paulus ein weltmännischer Typ, der fließend Griechisch spricht, die damalige Weltsprache. Petrus das Landei, dessen Griechisch wohl eher bescheidend ist. Paulus geht auch auf die so genannten Heiden – sprich Nichtjuden – zu, tauft sie sogar. Petrus bleibt lieber in den jüdischen Gemeinden und versucht dort, die Menschen vom Glauben an Jesus Christus zu überzeugen.

Und über diese Frage, ob auch Nichtjuden Christen werden dürfen und wenn ja, unter welchen Bedingungen, haben die beiden auch richtig Krach miteinander bekommen. Der ging so weit, dass man sich in Jerusalem zu einem Krisengipfel treffen musste. Da flogen erstmal die Fetzen bevor man sich auf einen Kompromiss einigte.

Dass beide an einem Tag gefeiert werden, bedeutet für mich: Auseinandersetzungen in der Kirche gehören von Anfang an dazu. Wo unterschiedliche Typen mit unterschiedlichen Auffassungen vom Glauben aufeinandertreffen, da darf es auch mal krachen. Besser es fliegen mal die Fetzen, als dass Konflikte unter den Teppich gekehrt werden. Petrus und Paulus haben es vorgemacht.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

28JUN2024
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Acht von 24 sind jetzt schon mal raus. Und morgen geht es weiter bei der Fußball-EM. Da beginnen die Achtelfinale, das heisst es fliegen wieder acht Mannschaften raus. Über die Viertel- und Halbfinale geht es dann weiter bis dann am 14. Juli beim Finale in Berlin nur noch zwei Mannschaften übrig sind. Und nach diesem Spiel wird es endlich den großen Sieger geben. In einem Land in Europa wird dann ein großer Jubel ausbrechen. Dort wird man singen, tanzen und feiern. In diesem Land sind die Menschen dann für kurze Zeit im Fußballhimmel.

Mit dem Fußballhimmel ist das so eine Sache. Er ist herrlich für die, die drin sind. Aber leider ist da immer nur für den Sieger Platz. Und darin unterscheidet sich der Fußballhimmel vom wirklichen Himmel. Hier ist nämlich für viele Platz, auch Platz für die Verlierer. Im wirklichen Himmel geht es nämlich nicht um siegen oder verlieren, sondern um’s Singen, Tanzen und Feiern.

Nun, Spiele ohne Gewinner und Verlierer sind zwar ganz nett, aber ein spannendes Fußballspiel kommt so nicht zu Stande. Gibt es also im Himmel keinen Fußball? Für Fußballfans keine schöne Aussicht. Vielleicht hilft da die Definition von Himmel, die mir einmal ein Fan von Mainz 05 mit einem kleinen Augenzwinkern erzählt hat: Der Himmel ist, wenn die 05er in Frankfurt bei der Eintracht mit 6:0 gewinnen und die Frankfurter Spieler merken es nicht. Warum? Weil sie nur ein Spiel verloren haben, nicht aber den Jubel und die Wertschätzung der Fans. Deshalb können auch sie als Verlierer singen, tanzen und feiern.

Also wenn es uns gelingt auch die Verlierer zu beklatschen, dann passiert ein bisschen was vom wirklichen Himmel im Fußballhimmel der EM 2024 in Deutschland.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

27JUN2024
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Jeder möchte alt werden, aber keiner möchte alt sein. Und viele werden auch alt. Wir haben heute eine durchschnittliche Lebenserwartung von der unsere Großeltern nur geträumt haben. Aber obwohl so die Gruppe der Alten immer größer wird, wird das Alt-sein in unserer Gesellschaft eher nicht geschätzt. Keiner will alt sein. Mit viel Energie und auch finanziellem Aufwand versuchen viele ihr wahres Alter zu verbergen, jede und jeder möchte jung sein. In der Werbung kommen alte Menschen nur als jung gebliebene Senioren vor. Möglichst sportlich und attraktiv, so als ob der 80-Jährige, der Tennis spielt, Fahrrad fährt und Hochgebirgstouren unternimmt, der Regelfall wäre.

Es gibt eine eigene Anti-Aging-Medizin. Eine Medizin gegen das Altern. Als wäre alt werden so was wie eine Krankheit, die man aufhalten muss. Das Ziel dieser Medizin: Die alterslose Gesellschaft. Wunderbar: Jeder bleibt jung bis zu seinem Tod.

Ich befürchte, wenn auch die Alten nur noch jung sind, dass Gelassenheit und Weisheit immer mehr verloren gehen. Dass unsere Gesellschaft noch mobiler, hektischer und unruhiger wird. Man noch mehr allen möglichen Modetrends hinterherläuft. Sicherlich nicht jeder Mensch wird weise und gelassen, nur weil er alt wird. Aber die Möglichkeit besteht. Es gibt sie, die Altersweisheit. Wenn alte Menschen akzeptieren, dass sie nicht mehr alles können, dass ihre körperlichen Kräfte nachlassen, erlebe ich oft, dass sie gelassen mit den Problemen des Alltags umgehen. Sie gehen oft auf eine gewisse Distanz zum aktiven Leben und können deshalb die Dinge mit Ruhe betrachten. Und manchmal noch im Schlimmen Gutes entdecken. Deshalb wurde in vielen Kulturen der Rat der Alten, der Ältestenrat, immer sehr geschätzt. Wir brauchen sie, die alt gewordenen Menschen. Jung gebliebene, oder welche, die glauben jung geblieben zu sein, haben wir schon genug.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

21FEB2024
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„Im Regenbogen gibt es kein Braun“ stand groß auf einem Pappschild bei einer der Demonstrationen gegen den Rechtsextremismus. Die Aussage ist klar. Der Regenbogen mit seinen Farben Rot, Orange, Gelb, Grün, Hellblau, Indigo und Violett ist das Symbol für eine bunte und vielfältige Gesellschaft. Braun dagegen ist die Symbolfarbe der Nationalsozialisten, weil die SA, die Kampftruppe der Nazis, braune Hemden trug.

Der Regenbogen ist aber auch ein uraltes religiöses Symbol. Das liegt an einer der schönsten Erzählungen der Bibel, der Noah-Geschichte. Von einem großen Hochwasser wird da erzählt, und dass Gott damit die Menschen vernichten will. Weil sie von Grund auf schlecht und böse sind. Gott besinnt sich aber und rettet einen, den Noah und mit ihm die ganze Menschheit. Nach der Rettung schließt Gott dann einen Bund mit diesem Noah, modern würde man sagen: Er macht einen Vertrag mit ihm, er gibt ihm die Zusage: „Ich will künftig nicht mehr alles Lebendige vernichten, wie ich es getan habe. Solange die Erde besteht, sollen nicht aufhören Aussaat und Ernte, Kälte und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ (Gen 8,21b) Und das Zeichen für diese Zusage ist der Regenbogen. „Balle ich Wolken über der Erde zusammen und erscheint der Bogen in den Wolken, dann gedenke ich des Bundes, der besteht zwischen mir und euch.“, so der O-Ton Gottes in der Bibel. (Gen 9,14).

Für einen Regenbogen braucht es Sonne und Regen. Er vereint Gegensätze und schafft damit ein wunderschönes Farbenspiel. Dass Gott den Regenbogen als Symbol für sein Ja zum Menschen nimmt, heißt für mich: Gott mag es bunt. Dass alle in die gleiche Richtung marschieren, die gleichen Hemden tragen und die gleichen Parolen singen, ist nicht in seinem Sinne.

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20FEB2024
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„Sei ein Mensch“, diesen kleinen Satz trage ich seit dem 31. Januar in mir. Er ist wie eine Push-Nachricht, die immer mal wieder aufploppt, wenn ich nicht weiß, wie ich mich verhalten soll, was ich tun und was ich lassen sollte. Ich verdanke diesen Satz „Sei ein Mensch!“ dem Sportjournalisten Marcel Reif.

Bei der diesjährigen Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus im Deutschen Bundestag hielt er eine Rede. Eine der besten, die ich je gehört habe. Er erinnerte an seinen jüdischen Vater, einer der wenigen die den Holocaust überlebt haben. Er habe nie von den Gräueln erzählt. Alles, was er heute über das Leben seines Vaters wisse, habe er erst Jahre nach seinem Tod von seiner Mutter erfahren. Und, so fügt Marcel Reif hinzu, er sei seinem Vater dankbar dafür, denn so habe er ihm und seiner Schwester eine fröhliche und sorgenfreie Kindheit ermöglicht. Marcel Reif wörtlich: „Es durfte nicht sein, dass auch noch seine Kinder von den furchtbaren Schatten heimgesucht ... werden, die seine Kindheit und Jugend ...  zerstört hatten. Wir sollten ... nicht in jedem Postboten, Bäcker, in jedem Straßenbahnfahrer oder Lehrer einen möglichen Mörder unserer Großeltern vermuten.”  Aber einen Satz habe ihm sein verschwiegener Vater doch mitgegeben. Er erinnere sich täglich mehr daran, wie oft er ihm diesen Satz geschenkt hat – mal als Mahnung, mal als Warnung, als Ratschlag oder auch als Tadel. „Sei ein Mensch!“

Und Marcel Reif wendet sich an die Damen und Herren im Bundestag: „Und wenn Sie es mir erlauben und wenn Sie mögen … dann lass ich Ihnen den kleinen und doch so großartigen, wundervollen Satz … hier:  „Sei ein Mensch!“ 

Ein wichtiger Satz für Menschen, die über Gesetze entscheiden müssen, die die Menschlichkeit in unserem Land betreffen. Ein wichtiger Satz aber auch für mich – für mein Tun und mein Lassen. 

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19FEB2024
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„Meine Nationalität: Mensch!“ Auf einem Plakat auf dem Koblenzer Münzplatz stand dieser Spruch. Mitgeführt bei einer der vielen Demonstrationen der letzten Wochen gegen den Rechtsextremismus. Im ersten Moment hat mich dieser Satz irritiert. Denn Nationalität hat normalerweise etwas mit einem Land oder einem Volk zu tun. Diese Irritierung war vom Schreiber des Spruches wohl gewünscht und hat - bei mir zumindest - auch geklappt. Denn bevor ich Deutscher, bevor ich Engländer, Franzose, Chinese, Türke, Syrer oder Russe bin, bin ich erstmal Mensch. Und das gilt für jede und jeden, das verbindet uns Menschen über alle Grenzen hinweg. Dabei kommt jedem Menschen das zu, was unser Grundgesetz Würde nennt. Und als Deutscher bin ich stolz darauf, dass das der erste Satz unseres Grundgesetzes ist: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben dies bewusst an den Anfang gestellt, denn sie hatten den Nationalsozialismus erlebt und erlitten. Sie hatten erlebt, was dabei herauskommt, wenn man Menschen ihre Würde nimmt, weil sie Juden, Sinti oder Roma sind. Weil sie behindert oder homosexuell sind. Weil sie andere Auffassungen von Politik, Kunst und Kultur haben, weil sie eben nicht so sind wie eine herrschende Ideologie das gerne hätte.   

Viele von den Männern und Frauen, die das Grundgesetz geschrieben haben, waren gläubige Christen. Bis heute steht deshalb als Einleitung zum Grundgesetz der Satz: “Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen …. hat sich das Deutsche Volk … dieses Grundgesetz gegeben.” Für mich bedeutet das: Auch in meiner Verantwortung vor Gott habe ich dafür zu sorgen, dass die Würde eines jeden Menschen in unserm Land weiterhin unantastbar bleibt.

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21OKT2023
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Sich verkleinern ist eine große Sache. Meine Bekannte, 70 Jahre alt, hat es geschafft. Sie hat ihr Haus mit einem wunderschönen Garten verkauft und ist in eine seniorengerechte Etagenwohnung eingezogen. Vom Kopf her vollkommen richtig. Sie ist nicht mehr die Jüngste. Wer weiß, wie lange sie den großen Garten noch hätte pflegen können. Und das Haus war für sie allein wirklich viel zu groß. Die neue, seniorengerechte Wohnung ist natürlich viel kleiner, dafür mit Aufzug und das Bad ist so gebaut, dass man auch mit einem Rollstuhl gut klarkommen kann. Denn wer weiß, wie es ihr in einigen Jahren gehen wird. Alle sachlichen Argumente sprachen für den Umzug in was Kleineres, aber emotional war das schon eine große Sache. Denn in ihrem Haus hat sie jahrzehntelang mit ihrem Mann gelebt, der aber schon vor vielen Jahren gestorben ist. Die Kinder sind hier groß geworden. Große Feste mit der Familie und den Freunden wurden hier gefeiert. Jeder Strauch im Garten, jedes Möbelstück im Haus, alles ist mit Erinnerungen behaftet. Das alles loszulassen war wahrlich nicht einfach.

Monatelang hat meine Bekannte ausgemistet. Nur Weniges konnte sie in die neue Wohnung mitnehmen. Zuerst konnten sich natürlich die Kinder das holen, was sie haben wollten. Aber so viel war das nicht. Dann hat sie möglichst viel an Freunde verschenkt. Weil es gut tut zu wissen, wo die Dinge stehen, an denen ein Stück vom Herzen hängt. Dann kamen die sozialen Einrichtungen dran. Die Caritas, das Rote Kreuz, die Arbeiterwohlfahrt nahmen mit, was sie brauchen konnten. Und was dann übrigblieb, ging in den Sperrmüll.

Ich habe großen Respekt vor der Leistung von Leuten, die sich freiwillig verkleinern. Denn irgendwie sind wir Menschen eher darauf programmiert, immer größer werden zu wollen. Eine größere Wohnung, ein größeres Auto, eine längere Reise, das ist so allgemein der Trend. Dagegen zu stehen und sich zu verkleinern ist für mich ein Zeichen wahrer Größe.

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20OKT2023
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„Du ungläubiger Thomas!“ Mit diesem Ausdruck werden gerne Skeptiker belegt. Menschen, die sich kritisch zeigen, wo andere ganz begeistert sind. 

Mit dem ungläubigen Thomas ist der Apostel Thomas gemeint. Die Geschichte dazu: Jesus erscheint nach der Auferstehung seinen Jüngern in einem verschlossenen Saal. Alle waren da, nur Thomas nicht. Als die andern ihm später erzählen, dass Jesus bei ihnen war, er auferstanden sei, glaubt er ihnen nicht: „Wenn ich nicht … meine Hand in seine Seite legen kann, so glaube ich nicht,“ (Joh 20,25)  Originalton Thomas. Er ist ein Realist, er glaubt nur das, was er sehen und anfassen kann.

Eine Woche später bekommt Thomas was er braucht, die realistische Erfahrung: Die Jünger sind wieder versammelt, diesmal ist auch Thomas dabei. Jesus erscheint und sagt zu Thomas: „Streck …deine Hand aus und leg sie in meine Seite, sei nicht ungläubig, sondern gläubig.“ (Joh 20,28) Das haut den Thomas natürlich um, gerade weil er ein Realist ist und sich an Tatsachen nicht vorbei mogelt, bekennt er sich zu Jesus mit dem Satz: „Mein Herr und mein Gott.“ Und ist damit der erste der Jesus Gott nennt. In die Geschichte eingegangen ist er aber nicht als der große Gottesbekenner, sondern als der Ungläubige, der Zweifler. Verstärkt wird dies noch dadurch, dass Jesus ihm am Ende ihrer Begegnung einen kleinen Rüffel erteilt: „Weil du mich gesehen hast, glaubst Du. Selig sind aber die, die nicht sehen und doch glauben.“ Damit hat er natürlich sein Fett weg, der arme Thomas und seinen Beinamen „der Ungläubige“.

Trotzdem ist Thomas ein Heiliger. Ich finde es gut, dass es einen Heiligen mit dem Beinamen „der Ungläubige“ gibt. Macht es mir doch klar, dass es nichts Schlimmes ist zu zweifeln, mit Aussagen des Glaubens nicht klar zu kommen. Denn auch für Skeptiker ist Platz in Gottes bunter Herde. 

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19OKT2023
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„Ich muss nicht den Himmel tragen“*, will sagen: dass etwas gut wird, liegt nicht allein an mir. „Ich muss nicht den Himmel tragen“ ein befreiender Satz. Befreiend für alle, die überall ihr Bestes geben, sich abmühen, aber trotzdem das Gefühl haben: es ist nicht genug. Der Satz stammt von Franz Kamphaus, dem Altbischof von Limburg. 25 Jahre war er Bischof und hat es sich in dieser langen Zeit bestimmt nicht einfach gemacht. Als der Papst verlangte, dass die deutsche katholische Kirche aus der Schwangerenkonfliktberatung aussteigen müsse, da hat er als einziger deutscher Bischof bis zuletzt Widerstand geleistet. Er weiß also, was es heißt, etwas alleine durchtragen zu müssen. Und trotzdem antwortet er auf die Frage, welche Lebensweisheit ihn in schweren Zeiten am meisten aufgerichtet hat, mit dem Satz: „Ich muss nicht den Himmel tragen.“
Er entnimmt diese Weisheit einer Tiergeschichte. Zwei Vögel fliegen durch die Luft, der eine fliegt auf dem Rücken und streckt die Beine gegen den Himmel. Der andere fragt ihn, was denn diese komische und auch anstrengende Art des Fliegens soll? Darauf antwortet der sehr wichtigtuerisch: „Ich muss mit meinen Beinen den Himmel tragen, wenn ich sie einziehe, stürzt der Himmel ein.“ Aber als er sich wegen einer Windböe plötzlich umdrehen muss, muss er feststellen, der Himmel bleibt und stürzt nicht ein.

Wenn ich aufhöre, dann stürzt alles ein. Ein Gefühl, das viele aktive Menschen kennen. Und denen sagt Kamphaus: Nein, ich muss nicht den Himmel tragen, zum einen tragen da noch sehr viele andere mit und zum andern ist einer immer dabei, der auch trägt und der auch mich trägt. Solange ich mich von Gott getragen weiß, kann ich damit leben, nicht alles perfekt zu machen.
Nun stellt sich die Gewissheit „Gott trägt mich“ nicht bei jedem und zu jeder Zeit einfach so ein. Gott ist nicht auf Knopfdruck abrufbar. Aber manchmal , so habe ich es erfahren, kommt er ganz unverhofft um die Ecke.

 

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

12JUL2023
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„Wer Wein säuft, sündigt. Wer Wein genießt, der betet.“ Von Theodor Heuss, unserm ersten Bundespräsidenten soll dieser Satz stammen. Er war nicht nur ein großer Weinkenner, sondern auch ein religiöser Mensch.  Als Theologe und Weintrinker gefällt mir dieser Satz natürlich. Er verurteilt das Saufen, sprich große Mengen von Wein bedenkenlos in sich hineinzuschütten und lobt das moderate genussvolle Trinken von Wein. Und Heuss begründet das nicht medizinisch, sondern theologisch. Das Medizinische ist ja heute ein großes Thema. Hierzu gibt es viele Studien, fast täglich kommen neue. Für mich lassen sie sich alle auf die bekannte Formel des Paracelsus zurückführen, der im 16. Jh. ein berühmter Arzt und Naturphilosoph war: „Die Menge macht das Gift.“ Moderat getrunken, kann Wein sogar gesundheitsfördernd sein. Aber sobald es zu viel wird, sobald das Saufen beginnt, wird es gefährlich.

Theodor Heuss verwendet in seiner theologischen Begründung für moderaten Weinkonsum die Begriffe sündigen und beten.

Sündigen: Wein ist ein Produkt, das aus dem Zusammenspiel von menschlicher Arbeit und der Natur entsteht. Und die ist für einen gläubigen Menschen wie Heuss Gottes gute Schöpfung. Aus Respekt vor der mühevollen Arbeit der Winzerinnen und Winzer und der guten Schöpfung Gottes, ist es Sünde, ist es respektlos, wenn man Wein in Massen einfach in sich hineinschüttet, ihn säuft.

Und Beten: Wenn ich Wein in Maßen trinke und dabei einen kleinen Dank an die Winzerinnen und Winzer und an Gott, den Schöpfer dieser Welt, ausspreche, dann bete ich. Ich werde dankbar und respektvoll. Und das steigert meinen Genuss.

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