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SWR3 Gedanken

09MRZ2024
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Es war das Hilfloseste, was ich hätte tun können. Ich habe an einer Posting-Kampagne in den sozialen Netzwerken teilgenommen. „In meiner Kirche ist kein Platz für Gewalt“ steht da und #pfarrpersonengegenmissbrauch. Dazu mein Bild.

Dass es in der evangelischen Kirche sexuellen Missbrauch und geistlichen Missbrauch gab, ist schlimm und seitdem die Studie dazu herausgekommen ist, ist es auf über 800 Seiten auch nachzulesen. Nicht nur in den Zahlen wird das deutlich: Besonders eindrücklich und bedrückend sind die Erfahrungsberichte der Betroffenen, die erzählen, wie es zum Missbrauch gekommen ist.

Das herauszufinden, war auch der Auftrag der Studie: Was begünstigt in der evangelischen Kirche den Missbrauch? Die 800 Seiten zeigen jetzt: Täter sind Männer, oft in herausgehobener Stellung als Gruppenleiter oder eben Pfarrer. Sie haben ihre Macht ausgenutzt und viele haben weggeschaut in diesem System „Evangelische Kirche“, weil sie dachten, das System müsste beschützt werden.

Ich weiß, inzwischen gibt es klare Vorgaben, was beim Verdacht auf sexuellen Missbrauch zu tun ist. Es gibt Anlaufstelle für Betroffene und wir erarbeiten die Schutzkonzepte und Ansprechpersonen für unsere Kirchengemeinden.

Aber ich habe mich gefragt, was ich noch tun kann und habe eben das Hilfloseste gemacht, was ich konnte. In dem Post habe ich gesagt: Ich will das in meiner Kirche nicht. Ich weiß nicht, ob das hilft.

Aber nun steht es da bei mir und bei vielen anderen Pfarrerinnen und Pfarrern und wir sind darauf ansprechbar. Vielleicht ist das ja auch schon wichtig, dass mich Menschen darauf als Pfarrer auch ansprechen und sagen: Du willst das doch nicht, also: Mach was dagegen.

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SWR3 Gedanken

08MRZ2024
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Ein Väterabend. Nur für die Väter meiner Konfis. Vorbereitet von mir und den Jugendlichen. Und die haben einen anonymen Fragebogen ausgefüllt. Mit Fragen, wie sie ihre Väter finden, was sie schätzen, was sie stört.

Die Väter durften das am Abend alles lesen und es waren sehr positive Rückmeldungen, die die Konfis gegeben haben. Sie fanden ihre Väter manchmal zu laut und beschwerten sich darüber, dass sie immer so lange und ausschweifende Antworten gaben, aber ansonsten waren sie dankbar, dass sie ihnen zum Beispiel Mathe beigebracht haben oder auch „wie man sich benimmt“ und oft hieß es bei den Konfis: Er soll einfach so bleiben wie er ist.

Es hat die Väter sichtlich gefreut, das zu lesen. Und auch ich bin froh darüber, denn ich weiß, dass das nicht selbstverständlich ist. Mit den Jahren habe ich erfahren, dass es auch Väter gibt, die einfach nicht da sind, die gewalttätig sind oder auf andere Weise den Jugendlichen nicht guttun.

Ich bin auch deshalb froh, dass die Konfis ein insgesamt positives Bild von ihren Vätern haben, weil im Christentum das Bild des Vaters für Gott so wichtig ist. Jesus sagt zu Gott Vater und in jedem Vaterunser sprechen wir ihn als Christinnen und Christen so an.

Natürlich ist es der Vater „im Himmel“. Und ich stelle mir vor, das tut denen gut, die, die kein gutes Verhältnis zu ihrem eigenen Vater haben. Dass es da noch einen Vater gibt, der ganz anders ist. Aber es gibt genug Menschen, die mit dem Wort und dem Bild des Vaters ihre Probleme haben, weil sie eben nicht nur Gutes mit dem Begriff Vater verbinden.  

Insofern: Herzlichen Dank an alle Väter, die ihren Kindern guttun. Das ist gut für die Kinder, ihre Entwicklung und ich glaube auch ihr Gottesbild.  

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SWR3 Gedanken

07MRZ2024
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Eine Freundin von mir ist Ärztin und sie wird immer noch und immer wieder auf Corona angesprochen. Ob das überhaupt eine richtige Krankheit gewesen ist? Ob dieser Wahnsinn nicht irgendwie von „denen da oben“ gesteuert wurde? Was da wohl wirklich dahinter gesteckt hat?

Immer noch gibt es sehr viele Vermutungen und sogar Verschwörungserzählungen über diese Zeit. Die Freundin meinte zu mir: „Warum könnte man nicht einfach sagen: Das ist jetzt passiert. Wir können nicht genau wissen, warum genau – und das ist auch irgendwie… normal!!!“

Mir hat das du Denken gegeben: Bei vielem, das einfach so über uns hereinbricht, grübeln wir darüber nach, was die Ursache sein könnte und ob sogar fremde Mächte damit zu tun haben könnten. Wir sehnen uns nach einer Erklärung und suchen einen Schuldigen. Warum passiert es? Warum passiert es jetzt? Warum passiert es mir?

Was aber, wenn ich sage: Es ist normal. Es passieren so viele Dinge – einfach so. Eine Ursache ist oft nicht klar auszumachen.

Ich gebe zu: Das ist gar nicht so einfach auszuhalten. Eine Ursache oder einen Schuldigen zu haben, wäre einfacher. Aber der Wahnsinn des Lebens ist oft gar nicht zu entschlüsseln. Der Wahnsinn des Lebens ist vielfach … normal.

So bleibt mir nur zu fragen: Wie gehe ich jetzt mit der Situation um? Und – ist da vielleicht jemand an meiner Seite und sagt: Du bist nicht allein.

Das ist jedenfalls das, was ich glaube und hoffe: Jemand ist bei dir und teilt mit dir deinen Schmerz und begleitet dich durch den Wahnsinn des Lebens.

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SWR3 Gedanken

06MRZ2024
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"Das sind eben auch Menschen", diesen Satz höre ich immer wieder. Und oft ist es eine super Ausrede dafür, dass man die Regeln des guten Zusammenlebens relativiert. Vom Seitensprung bis zur Steuerhinterziehung: "Sind halt auch Menschen."  Das Menschsein ist dann vor allem der Vorwand dafür, dass ich finde: Dass ich nicht auf andere Menschen achte, ist einfach bei mir in den Genen angelegt. Kann ich auch nichts dafür.

In der Bibel ist der Mensch allerdings nicht nur für sich selbst da. Und unsoziales Verhalten nicht in seinen Genen verankert. Der Mensch ist mit anderen Menschen durchs Leben unterwegs und damit das klappt, braucht es ein gutes Herz und: Gute Regeln.

„Das Recht ströme wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach“, heißt es an einer Stelle der Bibel. Ich verstehe das so:  Wer gemeinsam auf dem Weg durchs Leben ist, braucht gute Regeln, in denen auch klar wird: Wir stehen füreinander ein und das darf auch nicht aufhören. Ich bin nicht nur mit meinen Freundinnen und Freunden unterwegs, sondern mit jedem Menschen. Von der alleinerziehenden Mutter über den Flüchtling bis zum Firmenboss.

So gesehen bekommt der Satz: „Das sind eben auch Menschen“, eine ganz andere Bedeutung für mich: Wer Mensch ist, der hat keine Ausreden verdient, sondern meine Solidarität, meine Unterstützung beim gemeinsamen Weg durchs Leben. Und da hilft es nicht, wenn ich mich rausrede, sondern es hilft, mich an die Regeln zu halten, weil: „Das sind eben auch Menschen!“, und deshalb brauchen sie das.

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SWR3 Gedanken

05MRZ2024
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Ich habe eine Narbe an einer Tür. Sie ist schon eine Weile da und jedes Mal, wenn ich sie sehe, dann erinnere ich mich daran, dass ich das gemacht habe.

Ich war wütend und habe auf die Tür geschlagen. Solange, bis das Holz gesplittert ist. Seitdem nenne ich es eine Narbe. Denn ich schäme mich für diese Narbe und jetzt darüber zu reden ist für ich immer noch beschämend. 

Und trotzdem will ich darüber reden. Denn ich glaube: viel zu oft wird Wut versteckt, nach dem Motto: Wenn niemand es anspricht, ist es auch nicht da. Meine Narbe an der Tür lehrt mich: Doch! Meine Wut ist trotzdem da.

In der Bibel gibt es diese Wutgeschichte: Kain erschlägt in der Wut seinen Bruder Abel. Gott verpasst Kain daraufhin das sogenannte Kainsmal. Eine Art Narbe, die soll ihn davor schützen, dass andere ihn angreifen. Ich stelle mir vor, dass sie Kain aber auch immer wieder daran erinnert hat, dass in ihm so viel Wut war, dass er seinen Bruder erschlagen hat.

Solche Narben tun weh, auch wenn bei mir nur eine Tür und nicht mein Bruder gelitten hat. Solche Narben sind einem peinlich. Mir jedenfalls. Weil sie von Wut und Gewalt erzählen, die in mir drin ist, dabei bin ich doch am allerliebsten ein angenehmer und lebensfroher Markus und keiner, vor dem man Angst haben müsste.

Und vielleicht ist das ein Weg zur Heilung, dass die Narbe eben bleibt, dass sie zu sehen ist. Und dass ich vor mir selbst und vor anderen zugebe: Doch, da ist auch Wut in mir und ich muss darauf aufpassen.

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SWR3 Gedanken

04MRZ2024
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Ich lag im Bett, war hundemüde, konnte aber nicht einschlafen, mein Herz klopfte wie wild und in meinem Kopf ratterte es. Ich konnte die Fragezeichen und Ausrufezeichen fast schon vor meinen Augen tanzen sehen.

Nach einer unruhigen Nacht und nachdem mir meine Frau ins Gewissen geredet hat, habe ich am nächsten Tag alles abgesagt. Hab Termine für die nächsten Tage verschoben und mich krankgemeldet. Dabei hatte ich kein Fieber. Aber es war klar: Jetzt muss ich Zeit haben und die Dinge auch lassen.

Sonst bin ja ich immer derjenige, der das anderen sagt. Wen ich z.B. für Brautpaare im Gottesdienst bete, sage ich: "Gott, segne unser Tun und unser Lassen!"  Ich finde das wichtig. Gerade für Brautpaare, die sich immer ziemlich viel Stress mit der Feier machen. Aber wie das so ist: Man selbst hält sich nicht so gerne daran, das Richtige zu tun.

Schlussendlich ging auch alles gut. Tatsächlich ist die Welt nicht zusammengebrochen, weil ich mich drei Tage rausgezogen habe. Alle haben es gut hinbekommen. Vielleicht ist der Anfang vom Lassen auch: Dass ich mich selbst nicht so wichtig nehme. Denn: Natürlich haben alle es gut hinbekommen! Die können das nämlich!

Und so will ich das auch mehr für mich beten: „Gott segne mein Tun und mein Lassen.“ Ich bin sicher, dass Gott das „Lassen“ deutlich hört und auch unterstützt.  

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SWR3 Gedanken

03MRZ2024
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Ich spreche eigentlich sehr ungern über Sünde. Es ist ein verbranntes und sehr missverständliches Wort. Dabei hat Sünde für mich nicht vor allem mit Sexualität oder bösen Taten zu tun. Sünde ist für mich eine Diagnose. Und Diagnosen sind zwar heftig, aber auch heilsam.  

Monatelang ist Heide mit ganz unklaren Symptomen von einem Arzt zum nächsten gerannt. Jetzt hat sie die Diagnose: Zöliakie. Weizenunverträglichkeit.

Das ist natürlich nicht schön. Aber die Diagnose war eine Erleichterung. Und sie weiß jetzt: Sie muss ihre Ernährung umstellen. Weizenbrötchen zum Frühstück gehen nicht mehr. Immer noch schwierig genug.

Bei anderen Diagnosen gibt es weniger Handlungsoptionen. Die sind schwieriger.  Alles, was man tun kann, ist sich in die Hände der Ärzte zu begeben. Medikamente einnehmen, sich schonen, Operationen über sich ergehen lassen. Das Leben hängt dann von ihrer Kunst ab, von meiner eigenen Konstitution und mehreren tausend anderen Dingen, die kein Mensch beeinflussen kann.

Und mit der Sünde verstehe ich das ein bisschen so, als ob ich sagen würde: Ich habe Sünde und das bedeutet: Ich komme mit mir selbst nicht zurecht oder etwas stimmt nicht mit meiner Beziehung zu Gott oder zu meinen Mitmenschen. Das macht mich zu keinem schlechten Menschen, genauso, wie mich eine Krankheit zu keinem schlechten Menschen macht. Aber zu wissen, was ich habe, ist schon mal hilfreich.

Manchmal kann ich was dafür, manchmal auch gar nicht. Manchmal kann ich etwas machen, manchmal muss ich mich in Behandlung geben. Und das zu wissen, ist schon der erste Schritt, damit es zwischen mir, meinen Mitmenschen und Gott wieder gut wird.    

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SWR3 Worte

30DEZ2023
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Es sind die dunkelsten Tage des Jahres. Das hat auch sein Gutes findet Pastoralreferent Sebastian Fiebig:

Ich mag die Nacht. ... Im Schutz der Nacht entstehen schnell vertrauliche, intensive Gespräche. Etwa am Lagerfeuer. Wer ins halb heruntergebrannt Feuer schaut, das leise knistert, ist dankbar dafür, nicht allein zu sein mit dem, was ihm auf dem Herzen liegt. Nachts ist es einfacher, sich zu öffnen.
Wir […]sind ja schnell dabei, vom Morgen und vom Licht zu sprechen. Davon, dass die Nacht schnell vorbei ist. Wegen der Hoffnung und so. Aber ich glaube, dass die Nacht mehr ist als nur ein Durchgangskorridor von einem Tag zum andern. Sie öffnet den Raum für das, was am Tage zu kurz kommt.

Leuchten! Sieben Wochen ohne Verzagtheit, Der Fastenkalender

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SWR3 Worte

29DEZ2023
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Manchmal muss man gnädig sein. Mit anderen gnädig zu sein ist schon schwer. Mit sich selbst gnädig zu sein noch mehr. Maike Winnemuth meint, das ist aber wichtig und erzählt:

Eine Zeit lang habe ich mal Freunde und Bekannt damit gequält, dass ich sie aufgefordert habe: "Sag etwas Gutes über dich." Nahezu alle waren völlig überfordert von der Bitte. ... Frei heraus etwas vorbehaltlos Nettes über sich selbst zu sagen, das brachten die meisten nicht über die Lippen. Selbstbezichtigungen fallen leicht, Selbstlob hingegen gehört sich nicht, das stinkt, so wurde es uns schon als Kinder eingebläut.
Was kann ich gut, was sind meine Stärken, was steckt in mir? ... Das sind die Fragen, die ich mir inzwischen stelle.

Der Andere Advent-Kalender zum 30. 12. 2022

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SWR3 Worte

28DEZ2023
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Der Bildhauer Fidelis Bentele hat vor 70 Jahren einmal eine Krippe für Kunden in Chicago geschnitzt. Das Schiff, auf dem die Krippe war, sank. Die Krippe aber wurde später bis nach Dänemark geschwemmt. Dort wurde sie gefunden und dann wieder zu Bentele zurückgeschickt. Der Kurator der Bentele-Ausstellung, Peter Scheu sagt:

"Die Krippe ist Hunderte Meter gesunken. Hunderte von Kilometern im Meer unterwegs gewesen. Im stark befahrenen Ärmelkanal ist sie in keine Schiffsschraube gekommen, nicht nennenswert beschädigt worden. Und hat dann diesen unfassbaren Weg nach Hause gefunden. Für mich ist das ein Wunder."

Der Andere Advent-Kalender zum 21. 12. 2022

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