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SWR Kultur Zum jüdischen Feiertag
Zu Beginn unserer Sendung zum jüdischen Purimfest hören Sie den Miami Boys Choir in einem Livemittschnitt ihres Konzerts in New York: Ken Tihje Lanu. Die Übersetzung lautet: So sei es uns vergönnt; Den Becher des Heils erhebe ich und rufe den Namen des Ewigen an.
(Musik. CD. „Revach.Yerachmiel Begun & The Miami Boys Choir“; Interpret: The Miami Boys Choir; Komponist: Yerachmiel Begun; Take:012; Länge: 4:20)
Unsere Geschichte zu Purim stammt aus dem Buch Esther, auf Hebräisch Megillat Esther, das in unserer Bibel zu finden ist.
Vor langer Zeit lebte in einem weit entfernten Land an einem Ort namens Schuschan im berühmten Altpersischen Reich ein König namens Achaschwerosch und seine Königin Waschti. König Achaschwerosch war ein hochmütiger Mann, der seinen Reichtum gerne mit schicken Partys und Festen präsentierte. Bei einer solchen Gelegenheit wollte er sogar seine eigene Frau zur Schau stellen. Er ließ Waschti rufen und befahl ihr, vor all seinen Partygästen zu tanzen, aber seine Königin weigerte sich und sagte dem König: „Nein!“ Das machte König Achaschwerosch wütend, also jagte er Königin Waschti aus seinem Palast fort.
Nachdem die Königin Waschti vertrieben wurde, musste König Achaschwerosch eine neue Königin finden. Er veranstaltete einen Schönheitswettbewerb, und alle Frauen des Landes kamen vor ihn. Der König sah viele schöne Mädchen, aber er hatte nur Augen für eine, eine junge Frau namens Esther. Esther war ein tapferes und schönes Mädchen, und sie war auch, was am wichtigsten war, Jüdin. Esthers Onkel Mordechai warnte Esther jedoch davor, jemandem von ihrer Herkunft zu erzählen. Ihre jüdische Identität sollte ihr Geheimnis bleiben.
König Achaschwerosch liebte Esther mehr als alle anderen Frauen und sie fand in seinen Augen nur Gunst und Zuneigung. Auch Esthers Onkel Mordechai wurde sehr geschätzt, weil er den König vor einem Mordkomplott bewahrt hatte, das von zwei seiner Palastwachen ausgeheckt worden war.
Der oberste Beamte von König Achaschwerosch war ein sehr böser Mann namens Haman. Wenn Haman die Straße entlangging, forderte er jede Person, die ihm begegnete, auf, sich zu verbeugen. Die meisten Menschen hatten Angst vor ihm und gehorchten. Aber als Mordechai an Haman vorbeiging, verbeugte er sich nicht! Mordechai gab bekannt, dass er Jude war und sich als solcher nur vor G-tt verneigte. Mordechais Weigerung, sich zu verbeugen, machte Haman sehr wütend.
Haman beschloss, dass das gesamte jüdische Volk vernichtet werden soll. Als Haman König Achaschwerosch von seiner Idee erzählte, die Juden zu beseitigen, stimmte der König zu. Er sagte Haman, er solle tun, was er für richtig halte. Die Juden von Schuschan waren in großer Gefahr!
Als Mordechai von diesem teuflischen Plan erfuhr, war er am Boden zerstört, ebenso wie die gesamte jüdische Gemeinde. Mordechai wusste, dass Königin Esther ihre einzige Hoffnung war. Er sagte zu ihr: „Jetzt ist die Zeit gekommen, dein Geheimnis zu lüften! Jetzt musst du König Achaschwerosch sagen, dass du Jüdin bist. Du musst dich für dein Volk einsetzen! Du musst ihn bitten, Hamans Erlass aufzuheben!“
Königin Esther hatte Angst da sich niemand dem König nähern durfte, ohne vorher vorgeladen worden zu sein! Aber Esther nahm all ihren Mut zusammen und begab sich in die Gemächer des Königs. Mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, lud Esther Achaschwerosch und Haman zu einem privaten Fest ein.
Als die Zeit für das Fest gekommen war, wusste Esther, was sie zu tun hatte. Sie holte tief Luft, stand vor dem König und Haman auf und sagte ihnen, dass sie Jüdin sei. Sie bat den König, sie und ihr Volk vor Hamans heimtückischem Plan zu verschonen. Es war ein Moment wahrer Tapferkeit. Esther riskierte alles, um ihr Volk zu retten. Aber weil König Achaschwerosch sie so sehr liebte, tat er alles, worum sie ihn bat. Die Juden waren gerettet!
Die Nachricht verbreitete sich schnell. Die jüdische Gemeinde jubelte und erklärte den 14. Tag des jüdischen Monats Adar zum Festtag. Bis zum heutigen Tag feiern wir Purim am 14. Adar mit Partys, Musik und großen Festen.
Und nun erklingt die traditionelle Benediktion Schehechejanu. Die Übersetzung lautet: Gesegnet seist Du, G-tt, unser Herr, Herrscher des Universums, der uns das Leben geschenkt hat, uns Nahrung gibt und es uns ermöglicht, dieses Fest zu feiern. Es singt der Wiener Oberkantor Shmuel Barzilai. Begleitet wird er von einem Sinfonieorchester unter der Leitung von Mordechai Sobol. Diese Komposition ist heute ein unverzichtbarer Teil eines jeden Kantorenkonzerts, wie auch der fröhlichen Anlässe.
(Musik. CD. MCD 247 Gramola 99090; Interpret: Shmuel Barzilai, Komponist: Meir Machtenberg; Zeit: 3:58; Take: 001)
An Purim kommen wir zusammen, um uns über das Heldentum von Esther und das wundersame Überleben des jüdischen Volkes zu feiern. Wie die mutige Esther, die jahrelang ihre wahre Identität verbarg, verkleiden wir uns und tragen bunte Masken und lustige Perücken. Wir feiern und essen köstliche Gerichte. Wir singen, scherzen und lachen, bis wir nicht mehr lachen können. Purim ist laut und üppig, und wir sollen es in all seiner Ausgelassenheit genießen! Die Purim-Geschichte wird während des Feiertags auf verschiedene Weise immer wieder neu erzählt. Traditionell hören wir zweimal die Lesung der Megillat Esther, der Esther-Rolle – zuerst am Erew Purim am Vorabend und dann noch einmal am Purim-Tag. Während wir der laut vorgetragenen Geschichte lauschen, fiebern wir mit für Esther und Mordechai, rufen, wenn wir den Namen Haman hören Zischlaute und Buhrufe zu und klatschen in die Hände, machen gewaltigen Lärm mit den Purimrasseln und stampfen mit den Füßen. Die Geschichte lebt durch uns und unsere Stimmen! Wir sehen uns auch Purimspiele an, humorvolle Nachstellungen der Purimgeschichte, oft mit stark überzeichneten Charakteren, Kulissen und Situationen.
Es gibt viele Möglichkeiten, in Purim-Stimmung zu kommen. Zunächst einmal können wir die berühmteste Purim-Delikatesse genießen: die Hamantaschen. Eine Hamantasche ist ein dreieckiges Gebäck, das mit Mohn, Nüssen oder Pflaumenmus gefüllt ist und angeblich wie Hamans dreieckiger Hut, oder auch seine Ohren aussehen soll. Wir tragen Mischloach Manot aus, Geschenkkörbe mit Lebensmitteln, Leckereien und Präsenten – an Familie und Freunde. Es ist auch Tradition Matanot Le’ewjonim, Geschenke für Bedürftige zu schicken, damit jeder das Fest genießen kann.
Die Bedeutung von Purim liegt nicht so sehr darin, wie es begann, sondern darin, was es geworden ist: eine dankbare und freudige Bestätigung des jüdischen Überlebens. Mögen wir alle unsere Freude steigern und ein Chag Purim Sameach erleben – ein sehr frohes und glückliches Purim-Fest!
Zum Schluss unserer Sendung hören Sie Kantor Dudu Fischer. Er trägt einen liturgischen Abschnitt vor: Mi Kamocha. Auf Deutsch: „Wer ist wie Du unter den Mächtigen, O Herr. Wer ist gleich Dir, prangend in Heiligkeit.“
(Musik. CD. „Elokaj Neshama.“; LC- Helikon Records CDHL 8057; 19-70648; Take: 002; Zeit: 3: 29; AMS: M0065943)
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41645Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
In der Tora spricht G-tt zu Seinem Volk, dass es beim Bau des Heiligtums mitwirken soll. Da unsere Vorfahren zu dieser Zeit durch die Wüste zogen, ist das Heiligtum natürlich keine fest Struktur, sondern in einem tragbaren Zelt untergebracht. Weiterhin lesen wir: „Moses, sag den Israeliten, sie sollen für Mich eine Teruma errichten; von jedem, dessen Herz ihn dazu bewegt (…).“ (2.B.M. 25:2)
Der hebräische Begriff „Teruma“ bedeutet so viel, wie „Opfergabe“ oder „Erhebung“. G-tt übt keinen Zwang aus, sondern betont die Freiwilligkeit der Opfergabe.
Alle Beiträge – Geld, Sachspenden oder Arbeit- sollten von Herzen kommen.
Die Materialien für das Heiligtum waren sehr vielfältig: Gold, Silber, Kupfer, Edelsteine, Holz, Stoff. Jeder trug bei, was er wollte, konnte und hatte.
Das Heiligtum war ein Ort, an dem die Gegenwart G-ttes erfahren und gespürt werden konnte. Er wurde aus sehr weltlichen Materialien gebaut. Das Heilige existiert eben nicht getrennt von dieser Welt, sondern findet seinen Platz in unserer Mitte!
Selbst die alltäglichsten Handlungen können heilig sein, wenn sie mit der richtigen Absicht ausgeführt werden. Die erste Anweisung betrifft die Bundeslade. Sie ist das Herzstück und enthält die beiden Gesetzestafeln, die die Grundlage für unser moralisches, intellektuelles und spirituelles Leben bilden.
Jede von uns kann durch seine Handlungen und sein Geben an der Schaffung eines heiligen Raums mitwirken – sei es in unseren Herzen, in unseren Häusern oder in unserer Gemeinschaft. Immer zum Wohle unserer Mitmenschen!
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41644SWR3 Worte
„Denn der Mensch ist wie der Baum des Feldes“ (5.B.M.20:19). Jeder Baum ist mit seinen Wurzeln im Boden verankert und trägt eine Laubkrone, die dem Licht entgegenwächst. Ohne Licht verdorrt der Baum trotz seiner Wurzeln. Ähnlich verhält es sich mit dem Menschen. Die Wurzel, das ist die Tradition, welche uns mit den früheren Generationen verbindet. Die Blätter, sie stehen für Licht, für Fortschritt, für Aufgeschlossenheit dem Neuen gegenüber.
Zwi Braun: 3 Minuten Ewigkeit (S. 360)
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41587Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
In unserem biblischen Wochenabschnitt aus dem zweiten Mosebuch, Schemot, erreicht die Geschichte vom Auszug aus Ägypten ihren Höhepunkt. Die Kinder Israels haben ihre Sachen gepackt und sind bereit zum Auszug. Da spricht G-tt zu Moses: „Dieser Monat soll für euch der Anfang der Monate sein. Er soll für euch der erste Monat des Jahres sein.“ (2.B.M. 12:2)
Warum ist von all‘ den 613 Geboten, die unserem jüdischen Volk gegeben wurden, ausgerechnet das erste Gebot, einen Kalender festzulegen? Sozusagen eine Zeitrechnung, die mit der Befreiung von der Sklaverei und dem Auszug aus Ägypten beginnt?
Vor 500 Jahren lebt im heutigen Italien Rabbiner Obadja Ben Jacob Sforno. Er weist darauf hin, dass im hebräischen Originaltext das Wort „lachem“ steht, zu Deutsch „für euch“. Die Worte „Dieser Monat soll für euch der Anfang der Monate sein“ sagen, dass die Kinder Israels in der Freiheit einen anderen Begriff und ein anderes Verständnis von Zeit haben werden. Rabbiner Sforno schreibt: „Von nun an werden die Monate euch gehören…. Im Gegensatz zu den Tagen der Sklaverei, als eure Tage nicht euch gehörten, sondern dem Dienst und dem Willen anderer unterworfen waren. Deshalb ist dies für euch der erste der Monate des Jahres. Denn mit ihm beginnt eure freie Existenz.“ Rabbiner Sforno bemerkt, dass für einen Sklaven Zeit keine Bedeutung hat. Denn die Bedeutung von Zeit liegt nicht darin, dass sie einfach so vergeht, sondern eben darin, was wir tun, während sie vergeht. Nur wenn wir die Freiheit der Wahl haben, hat Zeit für uns eine Bedeutung.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41448Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
Die Geschichte unseres Chanukkafestes beginnt in einer Zeit der Unterdrückung. Im zweiten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung erlebte das jüdische Volk eine Zeit, in der es gezwungen wurde, seine Bräuche und seinen Glauben aufzugeben. Der griechische König Antiochus IV. versuchte, das jüdische Leben und die jüdische Kultur auszulöschen und die Menschen zur Anbetung griechischer Götter zu zwingen. Inmitten dieser Unterdrückung standen die Makkabäer auf und kämpften für die Freiheit, ihren Glauben zu leben. Der Sieg der Makkabäer führte zur Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem, der entweiht worden war. Als sie den Tempel reinigten und das ewige Licht, die Menora, wieder entzünden wollten, fanden sie nur noch einen kleinen Krug mit geweihtem Öl. Dieses Öl reichte normalerweise nur für einen einzigen Tag, doch auf wundersame Weise brannte das Licht acht Tage lang – genau so lange, bis neues Öl hergestellt werden konnte. Das Licht der Chanukkija, des Chanukka-Leuchters, wird jeden Abend ein wenig heller. Wir beginnen mit einer Kerze am ersten Abend und fügen jeden Tag eine weitere hinzu, bis am achten Abend die gesamte Chanukkija in vollem Glanz erstrahlt. Dieses wachsende Licht ist ein Symbol für Hoffnung und Optimismus. Es zeigt, dass es in unseren Händen liegt, das Licht in die Welt zu bringen und die Dunkelheit zu vertreiben.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41021SWR Kultur Zum jüdischen Feiertag

Zu Beginn unserer Sendung hören Sie Kantor Naftali Hershtik mit dem Chor der großen Synagoge in Jerusalem. Sie tragen einen Psalmgesang aus dem Lobpsalm 115 vor: Jossef Haschem Alechem. In der Übersetzung des Cannstatter Dichters Leopold Marx heißt es: „Der Herr segne euch je mehr und mehr, euch und eure Kinder! Ihr seid die Gesegneten des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.“
Musik. CD. „Jerusalem Great Synagoge Choir “; Christal Scaco 11161; Interpret: Naftali Hershtik; Komponist; Traditionell
Chanukka zählt zusammen mit Pessach und Purim zu den beliebtesten jüdischen Feiertagen, die von Licht, Freude und Familienfeiern geprägt sind.
Im Gegensatz zu vielen anderen jüdischen Feiertagen wird Chanukka, das auch als Lichterfest bekannt ist, in der Bibel nicht erwähnt. Die historischen Ereignisse, auf denen das Fest basiert, sind in den Makkabäerbüchern festgehalten. Zwei Bücher, die in einer späteren Sammlung von nichtkanonisierten Schriften, die mit griechischem Namen Apokryphen genannt werden.
Im Jahr 168 v. d. Z. schickte der syrische König Antiochus Epiphanes seine Soldaten nach Jerusalem. Die Syrer entweihten den Tempel, den heiligsten Ort für Juden zu dieser Zeit. Antiochus wollte damit auch das Judentum abschaffen und verbot die Einhaltung des Schabbat, der Feste und die Beschneidung der jüdischen Knaben. Altäre und Götzenbilder wurden für die Verehrung griechischer Götter aufgestellt. Den Juden bot er zwei Optionen: Konversion oder Tod.
Am 25. Tag des jüdischen Monats Kislew im Jahr 168 v. d. Z. wurde der Tempel nach dem griechischen Gott Zeus umbenannt. Eine jüdische Widerstandsbewegung – angeführt von einer Priesterfamilie, die als Hasmonäer oder Makkabäer bekannt war –widersetzte sich der Grausamkeit von Antiochus. Das Familienoberhaupt war der Hohepriester Mattitjahu. Sein Sohn Jehuda wurde zum führenden Strategen und militärischen Anführer des bewaffneten Widerstandes. Obwohl sie in der Unterzahl waren, gewannen Judas Makkabäus, d.h. Jehuda Hamakkabi und seine Kämpfer auf wundersame Weise zwei große Schlachten und schlugen die Syrer entscheidend in die Flucht.
Obwohl Historiker über die Ursachen und Ergebnisse des Krieges, in dem Juda Makkabi und seine Anhänger die syrischen Armeen von Antiochus besiegten, diskutieren, besteht kein Zweifel daran, dass Chanukka bewegende Bilder von jüdischem Mut gegen überwältigende Widerstände hervorruft. Zu den weiteren Themen des Chanukkafestes gehören die Weigerung, sich den religiösen Forderungen eines götzendienerischen Imperiums zu unterwerfen, der Kampf gegen die vollständige Assimilation in die griechische Kultur und den Verlust der jüdischen Identität, sowie der Kampf für die politische Autonomie und Selbstbestimmung der Juden im Heiligen Land.
Und nun hören Sie Ilana Rovina. Sie trägt einen Vers aus den Lobpsalmen des Chanukka-Festes vor (115.Ps.) Jisrael, Jisrael betach Baschem. Die Übersetzung lautet: Jisrael, vertraue auf den Ewigen! Er ist ihre Hilfe und Schutzschild. G-ttesfürchtige vertrauet auf den Ewigen…
Musik. CD. „Barech Alenu“; LC- Hed-Arzi 15788; Interpretin: Ilana Rovina; Komponist: Volksweise
Chanukka, was auf Hebräisch „Einweihung“ bedeutet, ist das Fest, das an die Reinigung und Wiedereinweihung des Tempels zu Jerusalem nach der griechischen Besetzung dieses heiligen Ortes erinnert. Heute weist uns das Fest an, uns erneut der Aufgabe zu widmen, die Flamme der jüdischen Religion, Kultur und Volkszugehörigkeit am Leben zu erhalten, damit sie an die nächste Generation weitergegeben werden kann.
Ursprünglich sollte dieser achttägige Feiertag parallel zum achttägigen biblischen Laubhüttenfest, Sukkot stattfinden. In den Büchern der Makkabäer wird die Legende von einem kleinen Ölkrug, dessen Inhalt unerwartet acht Tage lang reichte, nicht erwähnt. Erst Jahrhunderte nach der Niederlage der Syrer durch die Makkabäer tauchte die Geschichte des Ölkrugs – die mit Chanukka in Verbindung gebracht wird – im Talmud, in der nachbiblischen Literatur auf.
Der Legende nach zündeten die Makkabäer, als sie den Tempel betraten und ihn von den Griechen zurückeroberten, sofort den Ner Tamid, das Ewige Licht, wieder an, der im Tempel ständig brannte und bis heute in unseren Synagogen eine Parallele hat. Im Tempel fanden sie ein einziges Krüglein mit Öl, das nur für einen Tag reichte. Der Bote, der losgeschickt wurde, um zusätzliches reines, koscheres Öl zu besorgen, brauchte acht Tage, um seine Mission zu erfüllen, und wie durch ein Wunder brannte das einzige Gefäß mit Öl bis zu seiner Rückkehr weiter. Die Rabbiner des Talmuds führten die acht Tage von Chanukka auf das Wunder dieses einzigen Gefäßes mit Öl zurück.
Zur Erinnerung daran versammeln wir uns acht Nächte lang jeden Abend mit Freunden und Familie um den Chanukkaleuchter, um die Chanukkija. Wir entzünden jeden Abend eine zusätzliche Kerze und singen Chanukka-Lieder. Zu diesem fröhlichen Fest gehört auch das Spielen mit dem Dreidel und der Verzehr von in Öl zubereiteten Speisen wie Latkes, das sind Kartoffelpuffer und Sufganijot, wie der Krapfen auf Hebräisch genannt wird.
Diese Erfahrung hat etwas äußerst Kraftvolles und Erhebendes. Selbst in dunklen Tagen und dunklen Zeiten werden wir durch die Riten, die unser Volk seit so langer Zeit praktiziert und die uns wiederum Halt gegeben haben, getröstet und gestärkt. Die Lichter von Chanukka vertreiben die Dunkelheit und öffnen unsere Herzen für unsere Familien und Freunde und alle, die uns nahestehen, und bringen uns als freie Menschen der gesamten Weltgemeinschaft näher.
Zum Abschluss unserer Sendung hören Sie nun Jehoram Gaon. Er trägt ein Lied aus der Liturgie vor, das die Sehnsucht nach der Heiligen Stätte in Jerusalem zum Ausdruck bringt: Schejibane bejt Hamidkdasch. Die Übersetzung lautet: Erbaue, O Herr, unser Heiligtum baldmöglichst in unseren Tagen und gib uns unseren Anteil an Deiner Lehre, wie in früheren Zeiten.
Musik. CD. Niv. Records. “Neshama”; Interpret: Jehoram Gaon; Komponist: Volksweise
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41022SWR3 Gedanken

Seine Mitmenschen zu lieben wie sich selbst, ist eines der bekanntesten Werte des Judentums. Doch was bedeutet es, unseren Nächsten zu lieben? Das Sefer HaChinuch, ein populäres Lehrbuch der jüdischen Ethik, klärt darüber auf, dass dieses Gebot uns auch davon abhalten soll, einander Schaden zuzufügen. Es wird von uns erwartet, dass wir einander respektieren und nichts Nachteiliges oder Verleumderisches übereinander reden. Die Erfüllung dieses Gebotes ist eine Voraussetzung für das friedliche Miteinander in der Gesellschaft.
Im 3. Buch Mose (19, 16-18) lesen wir: „…Du sollst deinen Bruder nicht hassen in deinem Herzen. (…) Du sollst nicht rachgierig sein (…). Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst; denn Ich bin der Herr.“
Rabbi Akiwa, der vor ungefähr 2000 Jahren lebte, sagte: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst: Dies ist der Inbegriff aller Grundsätze in der Tora.“
„Liebe“ bedeutet, dass man niemals etwas tun oder sagen darf, womit man einem anderen Leid antut. Man könnte an dieser Stelle fragen: „Wie kann ich wissen, was den anderen stört und was dem anderen weh tut, was ihm oder ihr Leid verursachen könnte? Bin ich denn ein Hellseher?“ Gerade aus diesem Grund finden wir im Vers den Ausdruck „wie dich selbst“, das heißt, lerne über dich und erkenne dich selbst. Höre auf dein Herz und dein Gewissen.
Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
Nach 20 kinderlosen Jahren werden Isaak und Rebekka Eltern von Zwillingssöhnen, Esau und Jakob. Die Brüder sind sehr unterschiedlich und stehen bis ins Erwachsenenalter in Konflikt miteinander. Rebekka bevorzugt den häuslichen Jakob, während Isaak eher mit Esau, dem wilden Jäger verbunden zu sein scheint. Rebekka und Jakob schmieden einen Plan, um Isaak zu täuschen und Jakob den väterlichen Segen zu geben, der eigentlich seinem erstgeborenen Sohn Esau zusteht.
Esau kommt von der Jagd zurück, ist vor Hunger schwach und tauscht leichtsinnig sein Erstgeburtsrecht gegen eine Schüssel Linseneintopf ein, die ihm von Jakob angeboten wird. Während Esau von seinen Impulsen beherrscht wird, ist Jakob eher nachdenklich und sich der Konsequenzen bewusst. Jakob hatte gelernt, dass Antworten auf Fragen nur langsam und durch harte Arbeit zu bekommen waren. Esau wollte sofortige und einfache Antworten. Der impulsive Sohn Esau verliert gegen den nachdenklichen Jakob.
Jakob handelt mit Blick auf die Zukunft und ist bereit, heute ein wenig aufzugeben, um morgen viel zu gewinnen. Jakob hat den Wert des Erstgeburtsrechts verstanden und die sich ihm bietende Gelegenheit ergriffen. Durch Jakob lernen wir die Tugend, seine Impulse zu beherrschen. Wie lesen wir in Pirke Awot, in den Sprüchen der Väter? Wer ist mächtig? Wer seine natürlichen Triebe beherrscht (Pirkei Awot 4:1).
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41020Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
An diesem Schabbat beginnen wir - wie jedes Jahr - aufs Neue mit der Lesung des ersten Mosebuches in unseren Synagogen. Wir lernen über die Erschaffung der Welt und hören die Geschichte von Adam und Eva. Als Adam und Eva vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse aßen, richteten sie ihre Aufmerksamkeit nicht mehr auf G-ttes Herrlichkeit, sondern auf die Welt um sie herum. Die Abkehr Adams und Evas von G-tt war der Grund dafür, dass sie ihre Unsterblichkeit verloren. Wir können diese Geschichte aber auch als eine Erzählung über den Zustand des Menschen lesen. Als Kinder leben wir in Eden, im Paradies: Alle unsere Bedürfnisse werden erfüllt, und wir müssen den Boden nicht beackern. Irgendwann werden wir erwachsen und müssen für unseren Lebensunterhalt arbeiten. Wir beginnen, die Welt kennenzulernen. Wir müssen Eden verlassen, um zu erfahren, was es bedeutet, Leid zu empfinden.
Erwachsen werden bedeutet aber auch, Wissen zu erwerben. Wenn wir dieses Wissen erlangen, werden wir uns unserer Fähigkeit bewusst, die Welt um uns herum zu beeinflussen. Wir lernen, Verantwortung für unser Leben zu übernehmen, lassen das Vertraute hinter uns und wagen uns in eine neue, unbekannte Welt. So gesehen ist das Fehlverhalten von Adam und Eva ein Teil der menschlichen Natur. Wir alle machen Fehler und müssen die Konsequenzen unseres Verhaltens tragen, aber wir haben unsere Familie, unsere Gemeinschaft und unsere Beziehung zu G-tt, die uns den Weg weisen.
SWR Kultur Zum jüdischen Feiertag

LAUBHÜTTENFEST DER ISRAELITEN (SUKKOT)
Wir beginnen unsere Sendung zum Laubhüttenfest mit einem Loblied auf Jerusalem. Kantor Mosche Stern trägt dieses Psalmlied, aus dem Psalm 122. vor: Samachti beomrim li. Die Übersetzung lautet: „Ich freue mich, da man so zu mir sprach: In Sein Haus lasst uns gehen! Unsere Füße, sie stehen in deinen Toren, Jerusalem, auferbaut du – eine Stadt, so in sich verfugt, dass dorthin gezogen die Stämme, Seine Stämme; zu zeugen für Jisrael, Seinem Namen Dank zu erstatten!
Aus dem hebräischen Urtext wurde dieser Psalm von dem Canstatter Dichter Leopold Marx übersetzt. Diese Verse beschreiben die Freude der israelitischen Pilger, die in den alten Zeiten zum Laubhütten-Fest nach Jerusalem wanderten, um ihre Opfergaben im Tempel darbringen zu lassen.
Musik. CD. „Kol Haneschama “(„The Voice of the Soul “); MSCD 1006; Interpret: Mosche Stern; Komponist; traditionell;
Sukkot, auch bekannt als Laubhüttenfest, ist das dritte unserer Pilgerfeste und erinnert an die 40-jährige Wanderung der Israeliten durch die Wüste, nachdem sie aus Ägypten ausgezogen waren. Während dieser Zeit lebten sie in provisorischen Unterkünften oder Sukkot, die unsere eigene Abhängigkeit von G-ttes Schutz und Versorgung symbolisieren. Die Sukka, steht für die Zerbrechlichkeit des Lebens und unser Vertrauen auf den Allmächtigen.
Im dritten Buch Mose, lesen wir (23:42-43): "Sieben Tage lang sollt ihr in Hütten wohnen. Alle Einheimischen Israels sollen in Zelten wohnen, damit eure zukünftigen Generationen wissen, dass Ich die Israeliten in Hütten wohnen ließ, als Ich sie aus Ägypten herausführte. Ich bin der Herr, euer G-tt“.
Dieser Abschnitt erinnert uns an die Treue des Herrn und daran, wie wichtig es ist, sich an unsere bescheidenen Anfänge als Volk zu erinnern. Es ist ein Aufruf zur Demut und zur Dankbarkeit für die Segnungen, die wir jeden Tag erhalten. Sukkot ist auch als „Seman Simchateinu“, die Zeit unserer Freude, bekannt. Im Gegensatz zu anderen Feiertagen, die einen eher düsteren Ton haben können, ist Sukkot von Freude und Feierlichkeit geprägt. Wir werden ermutigt, uns über die reiche Ernte des Heiligen Landes und die Güte G-ttes zu freuen. Ein weiterer wichtiger Aspekt von Sukkot ist das Schwingen mit den vier Pflanzenarten, auf Hebräisch „Arba Minim“. Diese sind: Etrog, der Paradiesapfel. Er ähnelt einer Zitrone und hat einen ausgeprägten Duft.
Lulaw, die Palme ist der Mitteldorn eines Palmzweiges.
Hadas sind drei Zweige der Myrte mit drei Blättern, die an jedem Knoten wachsen.
Und die Arawa, das sind Zweige der Bachweide, die weniger haltbar sind.
Diese vier Arten werden bei einer besonderen Zeremonie verwendet und während des Festes gemeinsam in einer Prozession, auf Hebräisch Hakafot, um die Synagoge herumgetragen. Das Schwenken der Arba Minim symbolisiert die Einheit und Vielfalt des jüdischen Volkes und ehrt die Gegenwart G-ttes in allen Richtungen.
Und nun hören Sie ein Psalmlied aus den Lobpsalmen des Festes: Zeh Hajom. (Ps. 118: 29) „Diesen Tag schuf (für uns) der Herr; jubeln wir und freuen wir uns an ihm.“ - Es singt Kantor David Werdyger.
Musik. CD. „Skulaner Chassidic Nigunim I.; Interpret: D. Werdyger; Komponist; D. Werdyger;
Das wichtigste Ritual im Zusammenhang mit den Arba Minim ist der Segen, der an jedem Tag von Sukkot, mit Ausnahme des Schabbats, über sie gesprochen wird. Dieser Brauch basiert auf dem biblischen Gebot aus dem dritten Buch Mose (23:40), das den Israeliten befiehlt: „Nehmt für euch am ersten Tag die Frucht eines herrlichen Baumes, gemeint ist der Paradiesapfel (Etrog), Palmzweige (Lulaw), Zweige von Laubbäumen (Hadas) und von den Weiden des Baches (Arawa), und ihr sollt sieben Tage lang fröhlich sein vor dem Herrn, eurem G-tt“.
Die vier Arten lehren uns etwas über Einheit und Vielfalt. So wie jede Pflanze für die Erfüllung des Gebots wichtig ist, ist jedes Individuum in den Augen G-ttes wertvoll. Dieses Ritual erinnert uns daran, unsere Unterschiede zu akzeptieren und in Harmonie zusammen zu leben.
"Freut euch an eurem Fest - ihr, eure Söhne und eure Töchter, eure Knechte und eure Mägde, die Leviten, die Fremden, die Waisen und die Witwen, die in euren Städten wohnen. Sieben Tage lang sollst du das Fest des Herrn, deines G-ttes, feiern an dem Ort, den der Herr erwählen wird. Denn der Herr, dein G-tt, wird dich segnen in all deiner Ernte und in all der Arbeit deiner Hände, und deine Freude wird vollkommen sein“. ( 5 B.M.16:14-15) Dieses Gebot, sich zu freuen, unterstreicht die Universalität des Festes, das allen Menschen, Freude bringt. Es erinnert uns daran, dass wahres Glück in der Gemeinschaft und in gemeinsamen Erfahrungen zu finden ist. Während Sukkot wird uns befohlen, in der Sukka zu leben, einer temporären Hütte, die den Elementen ausgesetzt ist. Diese Praxis erinnert uns eindringlich an die Vergänglichkeit des Lebens und an unser Vertrauen in den g-ttlichen Schutz. In Psalm 91 (1-2) heißt es: „Wer unter dem Schutz des Höchsten wohnt, ruht im Schatten des Allmächtigen. Ich werde vom Herrn sagen: 'Er ist meine Zuflucht und meine Burg, mein G-tt, auf den ich vertraue'“.
Das Verweilen in der Laubhütte ermutigt uns, unsere Komfortzone zu verlassen, die Einfachheit des Lebens zu schätzen und Sicherheit in der Gegenwart G-ttes und nicht in materiellen Besitztümern zu finden.
Während wir Sukkot in der heutigen Welt feiern, sollten wir darüber nachdenken, wie die Lehren dieses Festes auf unser modernes Leben angewendet werden können. In einer Zeit, in der sich viele darauf konzentrieren, immer mehr Dinge zu erwerben, ruft Sukkot uns dazu auf, dankbar für das zu sein, was wir haben, und in der Einfachheit zufrieden zu sein. Es fordert uns auf, stärkere Gemeinschaften aufzubauen und Menschen in Not zu unterstützen.
Wenn wir uns in unseren Synagogen versammeln, um das fröhliche Sukkot-Fest zu feiern, sollten wir uns die Lehren dieses Festes in Erinnerung rufen: Dankbarkeit für G-ttes Fürsorge, Freude über unsere Segnungen, Einheit in der Vielfalt und Vertrauen auf den g-ttlichen Schutz.
Zum Abschluss unserer Sendung hören Sie einen Abschnitt aus der Festliturgie: Wekarew Pesurenu. Auf Deutsch: Bringe, O Herr, unsere Zerstreuten aus der Mitte der Völker zurück. Und unsere Zersprengten sammle von den Enden der Erde wieder ein. Hole sie erneut nach Zion heim, in Deine Stadt Jerusalem, in Freude. Es singt Jehoram Gaon.
Musik. CD. „Neschama“; Niv. Records; 03-459957; Interpret: Jehoram Gaon; Komponist; Traditionell;
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