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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

25AUG2023
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Die morgige Schabbatlektüre der Synagoge bestätigt uns, dass das Judesein eine, eng an die Familie gebundene Lebensart ist. Keiner von uns könnte sich ein Leben ohne eine traditionelle jüdische Familie ausmalen. Ohne eine Familie wäre das Judesein ein passives Leben des Einzelnen, in dem ein jedes Bekenntnis zur Identität oder die Betonung der Bindung zu den Traditionen früher oder später mit Sicherheit verblassen würden.

Es ist daher verständlich, dass in traditionellen jüdischen Kreisen das Entstehen von neuen Familien jedem am Herzen liegt. Jeder von uns betrachtet es als seine besondere Pflicht, seine Hilfe zu zeigen, wenn es darum geht, dass zwei Menschen ihr Zusammenleben gemeinsam beginnen wollen.

Ein Leben miteinander anzufangen ist nicht immer leicht und problemlos. Daher wollten auch schon früher die Bekannten, Freunde und Familienangehörigen nach Kräften dazu beitragen, dass zumindest die materiellen, pekuniären Stolpersteine der ersten Zeit gemeinsam aus dem Wege geräumt werden.

In früheren Zeiten begannen junge Frauen noch in ihrem Elternhaus ihre Brautausstattung zusammenzustellen. Teils durch ihre handwerkliche Geschicklichkeit im Nähen, Sticken und Schneidern, wie auch durch eisernes Sparen für ihre Zukunft. Heute erleben wir ganz andere Zeiten. Hausrat und Wäsche werden gemeinsam gekauft, - wenn es soweit ist.

Jedoch auch heute, - insbesondere bei der Arbeitslosigkeit mancher Jugendlicher, - können viele Heiratswillige nicht immer Leichterhand das Nötigste aufbringen. Anderswo, in anderen Ländern ist die Lage der jungen Paare häufig noch schwieriger. Daher erleben wir oft, dass Eltern, Angehörige minderbemittelter, frommer Familien, ausgestattet mit Empfehlungsschreiben ihres Rabbiners auch zu uns kommen, um Hilfe und Unterstützung zu suchen.  Und wir empfinden es als eine Befriedigung, wenn wir zur Freude unserer Mitmenschen etwas beitragen können um damit ihr Glück zu mehren.

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SWR3 Gedanken

28JUL2023
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Der talmudische Meister „Rabbi Elasar ben Asarja sagte: Wer keine Kenntnisse der Tora besitzt, bei dem mangelt es auch an Humanität, der Fähigkeit zum sozialen Verhalten.“ Umgekehrt könnte diese Aussage aber auch zutreffen: Wer keine Humanität gelten läßt, von dem könne auch keine Kenntnis der g-ttlichen Lehre, der Tora erwartet werden. „Wer keine Weisheit besitzt“, setzt der Rabbi fort,- „hat auch keine G-ttesfurcht... Wer keinerlei Kenntnisse besitzt, kann auch keine Einsicht haben.“

Die jüdische Lebensauffassung geht davon aus, daß das Studium der Tora, die Grundlage des ethischen Verhaltens in der Gesellschaft bildet. Nach der Denkweise von Rabbi Eleasar trifft das ebenfalls auf die „Weisheit“ zu. Auch diese kann nicht ausschließlich als ein theoretischer Begriff erfaßt werden, sondern nur mit ihren ethischen Grundlagen.

„Die Weisheit“, wie sie in den Schriften des Judentums verstanden wird, bedeutet nicht nur die Menge des erlernten Wissens, sondern auch ihre Wirkung auf den Intellekt des Menschen. Wer sich nur das Wissen, die Kenntnisse und Fertigkeiten aneignet, gilt noch nicht unbedingt als „Weise“. Man wird erst dann ein „Weiser“, wenn das erworbene Wissen das Wesen des Menschen durch Abklärung seiner Emotionen und Triebe zum Guten beeinflussen kann. Die klassischen Schriftgelehrten des Judentums galten deshalb als „Weise“, weil sie nicht nur über große Mengen von Wissen verfügten, sondern weil sie durch ihr menschliches Verhalten als gottesfürchtig galten.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

28JUL2023
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In der jüdischen Welt wird dieser Schabbat, - nach dem Trauertag um die Zerstörung des antiken Jerusalems, - „Schabbat Nachamu“, ein Schabbat der Trostworte    genannt. Die synagogale Lektüre ist das 40.-ste Kapitel aus dem Jesajabuch:  „Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer G-tt;  redet zum Herzen Jerusalems und rufet ihr zu, daß erfüllt ist ihre Leidenszeit, daß ihrer Schuld genug getan, denn sie hat Zweifaches empfangen aus der Hand des Herrn für alle ihre Fehler.“  (40: 1-2)  Ein bekannter Gelehrter wies auf die Gründe für die Wiederholung des Anfangswortes von Jesaja:  „Tröstet, tröstet mein Volk“- hin.

Dieses soll unsere Aufmerksamkeit auf die kommende Erlösung Israels lenken. Die Rabbinen meinen, daß die Erlösung in der Hand G-ttes liegt.  Er kann sie zeitlich vorverlegen oder nach hinten verschieben.  Die rabbinische Exegese begründet diese Vorstellung mit einem weiteren Vers des Propheten Jesaja:  (60:22)  Dort lesen wir:  Ich, der Herr, werde sie (nämlich die Erlösung), wenn die Zeit anbricht  ausführen.“, d.h. beschleunigen.  Der Talmud (Sanh.98/1) meinte hier zunächst einen Widerspruch entdeckt zu haben:  Wann sollten wir die Erlösung erwarten?  Schnellstmöglich, d.h. „beschleunigt“ oder aber „wenn die Zeit anbricht“, was aber eine längere Wartezeit voraussetzt...? 

Die Antwort lautete:  wenn sich die Israeliten verdient gemacht haben, so könnte der Herr sein Erlösungswerk beschleunigen.  Sollten die Israeliten es nicht „verdient“ haben, käme die Erlösung des Herrn,- „wenn die Zeit anbricht“, also verspätet.  Im vorangegangenen Dialog der Talmudgelehrten über den möglichen Zeitpunkt der Erlösung wurde - wieder aufgrund eines Jesaja Verses- auch darauf hingewiesen: Jerusalem wird, ebenso wie ihre Heimkehrenden nur durch Gerechtigkeit ihrer Einwohner erlöst werden. (1:25)  Die Kommentatoren ergänzen diesen Satz mit folgender Aussage:  Gerechtigkeit wird walten, wenn es keine Hochmütigen mehr geben wird....

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

30JUN2023
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Eine der Hauptrollen in der Tora-Lesung dieser Woche spielt Bileam, ein Zauberer und Prophet aus dem kanaanäischen Umfeld.  Er wurde von Balak, dem Herrscher des Wüstenstaates Moab beauftragt, die aus Ägypten heraufziehenden Israeliten zu verfluchen.

In einer Passage des Midrasch, der exegetischen Literatur, wird dieser heidnische Prophet neben Moses gestellt.  Der Midrasch mildert seine Aussage jedoch ab, indem er Bileam lediglich mit dem Koch des Herrschers vergleicht, der die Tafel und Küche des Königs genau kennt.  Allerdings haben solche Hofdiener bei Königen oft weitergehende Befugnisse als Minister.  Auch in der Weltliteratur ist das Motiv bekannt, dass unter günstigen Umständen einfache Hofdiener durch List und gewitzte Reden zu Regenten wurden. Danach wagte am Hof niemand mehr, an ihren Fähigkeiten zu zweifeln.  Bileam hatte wahrscheinlich etwas Ähnliches im Sinn, bevor er in Balaks Dienst trat.  Er scheiterte jedoch in seinem Vorhaben und musste am Ende die Israeliten loben, statt sie zu verfluchen, denn er konnte nur die Worte aussprechen, die G-tt ihm in den Mund legte.  Seither gilt Bileam als Paradebeispiel für den falschen Propheten, der die menschliche Schwäche ausnutzen will, die den klaren, kritischen Verstand unterdrückt.  Ein wahrer Prophet nach biblischem Verständnis strebt danach, zur g-ttlichen, absoluten Wahrheit vorzudringen.  Er ist jedoch voller Zweifel, ob es ihm jemals gelingen wird, sein Werk oder seine Mission zu erfüllen.  Er lässt sich nicht von seinen Instinkten diktieren, ebenso wenig wie von einer schöpferischen Gabe.  Fast möchte man sagen, dass Bileam für den Midrasch ein solcher Prophet war, der nur durch sein Talent und seine Rhetorik neue Höhen erreichen wollte, während ihn Gerechtigkeit, Wahrheit, Moral und Ethik kalt ließen.

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SWR3 Worte

02JUN2023
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Ob ein Mensch stark oder schwach, reich oder arm, weise oder töricht ist, hängt hauptsächlich von den Umständen ab, die ihn von seiner Geburt an umgeben, aber ob ein Mensch gut oder schlecht, gerecht oder böse ist, hängt von seinem eigenen freien Willen ab.

 

Talmud DER FREIE WILLE

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Das Schawuot-Fest ist ein Fest der Erstlingsfrüchte und ein Erntedankfest.  Nur diese Aspekte eines naturverbundenen Festes werden in der Tora erwähnt.  Der Talmud, die nachbiblische jüdische Tradition, geht davon aus, dass dieses Fest auch eine heilsgeschichtliche Bedeutung hat, nämlich das Gedenken an die Offenbarung der Zehn Gebote der Tora.  Im Laufe der jüdischen Geschichte wurden die Israeliten aus ihrem Land vertrieben.  Ihre Fluchtwege führten sie in fast alle Länder der Erde.... So verblasste in der Erinnerung der Menschen die Landwirtschaft des Heiligen Landes und rückte schließlich in weite Ferne.  Gleichzeitig wurden die heilsgeschichtliche Bedeutung und die ethisch-monotheistischen Inhalte der Heiligen Schrift vertieft.  All dies wirkte sich verstärkend auf das große volksgeschichtliche Erlebnis aus: die kollektive Annahme des Dekalogs, der Tora am Sinai an Schawuot.  Diese Annahme verpflichtete die Vorfahren, die Lehren der Gebote an die Völker weiterzugeben.

Auffallend an diesem Fest ist, dass der spirituelle Inhalt, die Zeremonien, die zeremonielle Kunst des Festes in den Hintergrund gedrängt werden.  Jedes Fest hat eine verbindliche Symbolik.  Jedoch an Schawuot gibt es kein äußeres symbolisches Zeichen dafür, dass wir an diesem Tag zu Trägern und Verkündern der Lehre G-ttes, der Tora, geworden sind. Die Arbeitsruhe am Schawuot ist fast das einzige äußerlich sichtbare Merkmal dieses Festes.  Allerdings ist es üblich, die Synagogen und die Häuser mit frischem, grünem Laub zu schmücken.  Dies weist jedoch eher auf den naturbezogenen, klassischen Inhalt des Festes hin.

Seit dem 14. Jahrhundert war es üblich geworden, in der ersten Nacht von Schawuot wach zu bleiben, um Lernvorträge aus den Werken der Bibel und der traditionellen Literatur zu halten, sie zu kommentieren und zu erläutern.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

28APR2023
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Der folgende Vers leitet einen wichtigen Teil unserer Schriftlesung für diesen Schabbat ein: "Heilig sollt ihr werden, denn heilig bin Ich, der Herr, euer G-tt."  Die Frage ist, ob wir, Menschenkinder mit diesen Worten G-ttes nicht überfordert sind?  Die folgenden Verse geben Auskunft darüber, was der Herr eigentlich von seinen "Heiligen" erwartet:

"Ein jeder von euch soll ehrfürchtig sein vor Mutter und Vater, und ihr sollt die Schabbat-Ruhe halten. Ihr sollt nicht stehlen, ihr sollt einander nicht verleugnen, und ihr sollt einander nicht belügen.... du sollst den Lohn des Tagelöhners nicht einmal über Nacht bei dir behalten. Du sollst keine Ungerechtigkeit in einem Prozess begehen; du sollst weder den Armen noch den Schwachen, noch den Starken bevorzugen. Richte deinen Nächsten nur nach der Gerechtigkeit. Du sollst nicht verleumden, du sollst nicht hassen und nicht nachtragend sein.  Liebe deinen Nächsten wie dich selbst."

Braucht es wirklich nicht mehr als das, um den Menschen auf die Ebene der Heiligkeit zu erheben?  Nur diese Anweisungen, die Anweisungen der Tora, die nicht einmal übermenschliches Verhalten und Benehmen erfordern, sollten beherzigt werden, um als Heiliger unter seinen Nachbarn leben zu können!  Manchen von uns mögen diese Anweisungen als zu niedrig angesetzt erscheinen, da sie das "Heilige" in die Reichweite aller Menschen bringen.  Nach herkömmlichen Vorstellungen schreiben wir heiligen Gestalten übernatürliches, übermenschliches Verhalten zu, so dass es nur sehr wenigen von uns gelingen wird, wirklich "heilig" zu sein; nur durch die Ablenkung vom alleinigen Anspruch dieser Gestalten auf Heiligkeit können gewöhnliche Sterbliche ihren Anteil am göttlichen Heil suchen.

Aber die Tora will jeden von uns herausfordern, indem sie uns zeigt, wie einfach es ist, heilig zu sein, sogar hier und jetzt - in dieser Welt.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

31MRZ2023
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Schon seit 2 000 Jahren haben wir unseren Tempel in Jerusalem nicht mehr. Denn im Jahr 70 unserer Zeitrechnung zerstören die römischen Besatzer das Heiligtum und vertreiben unsere Vorfahren aus ihrem eigenen Land. Anstelle von Opfern im Tempel treten die Tagesgebete, die Liturgie in unsere Synagogen.  Als Zeichen unseres „Vertriebenen-Daseins“ kennen wir heute keinen Opfer- und keinen Priester-Dienst mehr. Ganz im Sinne des Prophetenwortes: „Dass wir statt Opfer-Stiere die Worte unserer Lippen darbringen.“ (Hoschea 14:3) Und so leisten wir Juden heute eine Art Opfer-Dienst durch unsere andächtigen Gebete. Dieser Dienst wird ganz zutreffend als „Herzens-Pflicht“ bezeichnet.

Ich werde häufig gefragt nach dem Sinn der minutiösen Beschreibung von Tempel- und Priester-Dienst in unseren Gebetbüchern. Die Antwort führt in zweierlei Richtungen. Zum einen: Das Heiligtum und die Priesterschaft gehören für alle Zeiten zur g-ttlichen Offenbarung vom Berge Sinai. Zum anderen: Der Tempel-Kult und der Priester-Dienst gehören ganz einfach zu unserer Spiritualität. Vor allem die endzeitlichen und messianischen Erwartungen, die uns mehrfach durch unsere Propheten verheißen wurden.

Diesen kommenden Schabbat nennen wir den „großen und erhabenen Schabbat“ – den „Schabbat haGadol. Denn er ist der letzte Schabbat vor unserem Befreiungsfest „Pessach“. Wir bereiten uns auf das vor uns liegende Fest vor, das uns an die Befreiung unserer Vorfahren aus der Sklaverei und an ihren Auszug aus Ägypten erinnert. Sich Jahr für Jahr auf die einst erhaltene Freiheit zu besinnen und über den Wert von „Freiheit“ an sich nachzudenken, ist nicht leicht. Aber es lohnt sich. Für jeden Einzelnen.

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SWR3 Gedanken

24MRZ2023
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Das Fasten spielt von den biblischen Zeiten an bis in die Gegenwart eine bedeutende Rolle in der jüdischen religiösen Tradition. Das Fasten im Judentum wird mit einer völligen Enthaltung von jeglichem Essen und Trinken definiert. Ein ganztägiges Fasten, wie am Jom Kippur, am Versöhnungstag beginnt mit dem Sonnenuntergang am Vorabend und dauert bis zum Einbruch der Dunkelheit am Abend des nächsten Tages.

Das Fasten kann ein freiwilliger Akt der Reue sein oder eine religiöse Verpflichtung gemäß dem jüdischen Kalender.

Fasten soll die Milde G-ttes erwecken, um den Büßern zu vergeben. Gemeinschaftliches Fasten drückt die Sehnsucht des Juden nach g-ttlicher Vergebung aus.

Der Prophet Jesaja (Jes.58: 6ff) interpretiert das wahre Fasten, als die Entsagung, welche die ethische Empfindsamkeit des Menschen weckt. Für die prophetische Stimme ist ethische Vollkommenheit die ultimative Forderung nach religiösem Verhalten im Leben. Dies gilt jedoch erst dann als sinnvoll, wenn es durch die innere Umwandlung des Büßers spürbar wird.

Die rabbinische Lehre betont stets den Triumph der g-ttlichen Barmherzigkeit über die Strafe. Das Fasten ist die spirituelle Reinigung, sowohl auf individueller als auch auf gemeinschaftlicher Ebene. Die Weisen sahen im Fasten mit seinen Ritualen der Entsagung, den Weg zur Reinigung der menschlichen Seele.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

24FEB2023
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Für wohltätige Zwecke zu Spenden ist seit jeher eine Tradition in den jüdischen Gemeinden. Über diese Spendenbereitschaft lesen wir bereits im zweiten Mosebuch, als es darum geht für das tragbare Heiligtum Spenden zu sammeln. Dieses Heiligtum begleitete unsere Ahnen nach ihrem Auszug aus der Sklaverei Ägyptens auf der vierzigjährigen Wanderung in der Wüste bis ins Heilige Land. Aber auch in den Überlieferungen der früheren Chassidim finden sich mehrere Anekdoten.

Einst besuchte Reb David einen bekannten Reichen und bat um eine Spende, die einer entfernten Verwandtschaft des Mannes, welche in große Not geraden war, zugute kommen sollte. Doch der wohlhabende Mann zeigte keinerlei Bereitschaft seinen Verwandten zu helfen.  Er berief sich darauf, dass er diese Angehörigen noch nie zu Gesicht bekommen hatte.  Darauf erwiderte der Rabbi: “ Du pflegst doch unsere Tagesgebete morgens und abends zu sprechen.““Aber selbstverständlich tue ich das!  Ich bin doch ein gläubiger Mensch.“ Da fragte der Rebbe: Wie lautet der erste Segensspruch in unserem Actzehngebet?“ Es heißt, sagte der Reiche: „Gesegnet seist Du, Herr, G-tt Abrahams, Isaaks und Jakobs….“ „Und wer waren diese?“ – hakte der Rabbi nach. – „Was ist das für eine Frage: Unsere Väter- ‚im Glauben’.“ Worauf der Rabbi fragte: „Wann lebten denn diese Väter?“ „Na ja, das kann schon mehrere tausend Jahre her sein.“ – antwortete unser Mann, sichtlich verärgert. – „So ist es,“ – schloss der Rabbi, - „und du erbittest die Gnade G-ttes aufgrund der Verdienste von längst verstorbenen Verwandten.  Jedoch, einem lebenden, notleidenden Verwandten bist du nicht bereit zu helfen, weil er dir als ein zu ferner Verwandter erscheint….?“
Wir gehen davon aus, dass dieser Reiche seinen Verwandten dann doch zu Hilfe eilte….  

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