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SWR4 Abendgedanken

27SEP2019
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Eine ganze Familie, Eltern und Kinder, wollen getauft und Christen werden. Das gibt es. Ich habe neulich so eine Familie getroffen. Ich war bei der Gartenarbeit vor dem Haus an der Straße.

Eine junge Frau hat mich angesprochen, mit sehr gebrochenem Deutsch. Ich habe das Wort ‚Taufe‘ verstanden, aber meine Rückfrage konnte sie nicht beantworten. Sie nahm ihr Handy, wählte und reichte es mir. Ihre Schwester konnte in gutem Deutsch nachfragen, ob ich der Pfarrer wäre und taufen würde.

Ich habe sie zu einem Gespräch eingeladen. Und dann kam die junge Frau mit ihrem Ehemann und den drei Söhnen. Die Schwester kam als Dolmetscherin mit.

Sie seien kurdische Jesiden und wollten alle getauft werden. Sie seien vor sechs Jahren aus dem Irak geflohen, weil es für alle Menschen dort schwierig ist zu leben, wenn man kein Muslim ist. In schwierigen Zeiten in ihrer Heimat haben sie Christen als freundliche Menschen erlebt. Die haben sich um Familien gekümmert, wo der Vater nicht mehr da war. Sie haben ihnen zu essen und zu trinken gebracht. Das hat der Familie imponiert, die ich kennen gelernt habe.

Nun treffen wir uns regelmäßig und ich erzähle von unserem christlichen Glauben. Manche Geschichten kennen sie schon. Im Irak hatten Christen ihnen Filme über das Leben Jesu geschenkt. Sie haben gesehen, wie Jesus Kranke gesund gemacht hat, wie er sich um die gekümmert hat, die leiden mussten.

Mir tut es gut, dass ich auf Gott hoffen kann. Ich hoffe, dass die geflüchtete Familie spürt, wie das hilft, mit den Sorgen und Ängsten des Lebens fertig zu werden. Vielleicht lassen sie sich dann wirklich taufen und bringen auch ihre Kinder mit in unsere Gemeinde.

Heute ist der Tag des Flüchtlings im Rahmen der interkulturellen Woche. Ich weiß, ich kann die große politische Frage der Migration nicht lösen, ich weiß um die Probleme auf dem Mittelmeer und dass viele Angst haben vor den Fremden, die zu uns kommen.

Aber ich kann den Menschen zuhören, die zu mir kommen. Ich kann ihnen von dem erzählen, was mir wichtig ist und woran ich glaube. Vielleicht können wir lernen, als Brüder und Schwestern zu leben. Weil Jesus unser Bruder ist.

 

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SWR4 Abendgedanken

26SEP2019
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Haben Sie schon einmal einen Engel gesehen? Oder erlebt, dass er Sie beschützt hat? Ich schon. In einem kleinen Dorf bin ich aufgewachsen. Mit einer Grundschule in einer alten Villa.

Zur Pause gingen wir auf einen abschüssigen Vorgarten: ein kreisförmiger Schotterweg um eine Grasfläche. Nach unten begrenzt durch eine niedrige Hecke. Dann ging es steil bergab zu einer Mauer, 2 Meter tiefer war die Hauptstraße.
Wir haben auf dem Schotterweg Fangen gespielt. Und plötzlich bekam ich einen Schubs, fiel über die Hecke und die Mauer und bin kopfüber auf die Straße gestürzt.

Ich stand auf, ging den Weg zur Villa zurück in den Klassenraum, um weiter am Unterricht teilzunehmen. Bloß eine Beule auf dem Kopf. Nein, ich habe keinen Engel gesehen oder gehört. Aber dass ich beschützt wurde, das glaube ich. Ich kann es mir nicht anders erklären.

Wir wissen es nicht, können sie nicht hören oder sehen, es lässt sich nicht beweisen, dass es Engel gibt. Manchmal bemerken wir sie vielleicht auch einfach nicht. Weil sie aussehen wie die nette Nachbarin. Oder wie der aufmerksame Autofahrer, der noch rechtzeitig gebremst hat.

Viele Menschen haben eine Sehnsucht danach, beschützt zu werden.
Wie gut, wenn jemand auf uns aufpasst und auf unsere Kinder. Kaum ein Bibelvers wird häufiger zur Taufe eines Kindes gewählt, als: ‚Der Herr hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen‘. Mich wundert das nicht.

Denn sie bestätigen damit, was ich als Kind erlebt habe. Damals habe ich nicht an einen Schutzengel gedacht. Aber ich war mir sicher, dass Gott auf mich aufgepasst hat. Denn es hätte so viel passieren können. Ich hätte mir Knochen brechen können. Es hätte gerade ein Auto kommen können. Das alles ist nicht geschehen. Heute glaube ich, dass Gott mir seinen Engel gesendet hat, der mich bewahrt hat.

Am kommenden Sonntag, 29. September, ist in der Kirche der Gedenktag der Engel. Für Martin Luther war das ein hohes Fest, so wichtig wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten. Er glaubte daran, dass Gott den Menschen Engel sendet, um sie zu schützen. Ich glaube das auch.

 

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SWR4 Abendgedanken

Was für ein wunderschöner Tag. Als ich meinen runden Geburtstag Anfang September gefeiert habe, hatten wir traumhaftes Wetter. Strahlend blauer Himmel. Ein richtiger Sommertag. Passend zu der Idee, mit den weit gereisten Gästen aus Norddeutschland, das Weinland Baden zu erleben. Eine geführte Wanderung durch die Weinberge im Kraichgau. Mit Verkostung und Imbiss. Die zwei jungen Damen, die uns begleiteten, führten uns in die Arbeit im Weinanbau ein. Sie taten das mit viel innerer Beteiligung; sie waren und sind begeistert von dem, was sie tun. 

Trotz aller technischen Möglichkeiten ist viel menschliche Arbeit nötig. Trotz aller chemischen und biologischen Hilfsmittel bleibt es sehr unsicher, wie im Herbst der Ertrag sein wird. Wir haben keinen Einfluss auf das Wetter, auf die Sonnenstunden, auf Regen, auf Wind. Es bleibt spannend und jedes Jahr ist anders. Die Menge unterscheidet sich und auch der Geschmack. Wir konnten erkennen, welche Spuren die Trockenheit dieses Jahr an den Weinstöcken hinterlassen hat. Wir hörten von dem mühsamen Einsatz, für Feuchtigkeit zu sorgen. 

Wir kosteten von den Trauben und probierten Wein und Sekt. Und hatten einen ganz neuen Zugang zu dem Genuss bekommen. Wir schätzten den Wein in einer größeren Weise als zuvor. Es war eine Form von Dankbarkeit, die schätzen lernt, dass das Gute nicht einfach da ist. Es ist nicht selbstverständlich, dass wir guten Wein trinken dürfen. Es ist nicht selbstverständlich, dass es uns vergleichsweise so gut geht. Ganz überwiegend haben wir, was wir zum Leben brauchen. Und meist sogar mehr als das. 

Wenn ich erlebe, dass wir nicht alles im Griff haben; wenn ich ahne, dass es in meinem Leben auch ganz anders sein könnte, dann macht es mich dankbar. 

Dankbar dafür, dass ich mit freundlichen Menschen meinen Geburtstag feiern darf. Dankbar für das schöne Wetter an dem Tag. Dankbar für die freundlichen Damen bei unserer Wanderung durch die Weinberge. Dankbar dafür, dass wir auch in diesem Jahr guten Wein trinken dürfen. Gott sei Dank dafür. 

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SWR4 Abendgedanken

Da sitzen sie mir gegenüber, die beiden jungen Menschen, weil sie heiraten wollen. Sie sind zum Traugespräch gekommen und ich fragen sie ganz direkt: warum wollt ihr das? Warum wollt ihr überhaupt heiraten? 

Wenige Wochen vorher hatte ich erst eine Sendung von Alex Burckhardt gesehen, mit dem Thema: Wie schafft ihr das, zu heiraten? 

Es spricht doch so viel dagegen und so wenig dafür. Die Begeisterung vom Anfang verfliegt bald in den Anforderungen des täglichen Lebens. Die Scheidungsrate ist hoch, Scheidungen sind kompliziert und teuer. Warum soll man sich festlegen und binden? Niemand weiß, was kommen wird und ob wir unsere Entscheidung nicht irgendwann bereuen. Warum also vor dem Staat und in der Kirche ein Gelübde ablegen? Es gibt genügend moderne Kritik sowohl an der einen wie an der anderen Institution. Man kann doch so zusammenleben, mit wem man möchte. 

Alex Burckhardt fragt seine Freunde, die heiraten, warum sie das tun. Sie erzählen ihm etwas von Sicherheit, von Steuerersparnis, von einem rauschenden Fest. Sie kennen seine Vorbehalte und antworten: Ja, aber ... Das entscheidende Argument zu heiraten, sei das ‚aber‘. Also gegen alle Vernunft, gegen Erfahrung und Statistik: ‚aber …‘ 

 Und dann sitzen sie mir gegenüber, die beiden jungen Menschen, weil sie heiraten wollen. Ich frage sie also: warum wollt ihr das? Sie schauen einander an, lächeln und sagen, einer nach der anderen: ‚Weil wir einander lieben‘ 

Wir wollen miteinander leben, wir wollen füreinander da sein, wir wollen Verantwortung füreinander übernehmen, wir wollen miteinander alt werden. Und ich spüre: der Boden von Vernunft und sachlichen Argumenten ist damit verlassen. 

Das sind keine Kinder mehr, sie sind 30 Jahre alt; die entscheiden bewusst. Sie wissen ganz genau, dass sie nicht wissen, was aus ihrem gemeinsamen Leben noch wird. Was auf sie zukommt, womit sie umgehen müssen. Aber was es auch sein wird – sie wollen es gemeinsam. Und sie wollen es mit dem Segen Gottes. Darauf freuen sie sich. Das schenkt ihnen Mut. Das lässt sie vertrauen. 

Schön zu sehen, wie Menschen unvernünftig sind. Aber voller Liebe und voller Vertrauen. Ich freue mich auf ihre Trauung.

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SWR4 Abendgedanken

Heute Abend geht es wieder los. Nach der Sommerpause startet die Fußball-Bundesliga in eine neue Saison. Viele Menschen wie ich freuen sich darüber, haben vielleicht schon lange darauf gewartet. Ihr Leben bekommt mit jedem Wochenende nun wieder einen Höhepunkt.

Die Vorfreude auf spannende Spiele macht sich breit; ich freue mich, wenn meine Lieblingsmannschaft gewinnt; ich bin enttäuscht, wenn sie verliert. So ist das seit vielen Jahren bei mir.

In der Sommerpause aber ist etwas passiert. Nichts, was grundsätzlich neu gewesen wäre. Aber etwas, was bisherige Grenzen deutlich verschoben hat. Ein brasilianischer Spieler ist von Barcelona nach Paris gewechselt. An sich nichts Aufregendes. Solche Wechsel kommen in jeder Pause vor. Aber der Preis ist neu. Er verschlägt mir die Sprache: 220 Millionen Euro.

Welcher Mensch sollte so viel Geld wert sein? Was ist überhaupt ein Mensch wert? Kann man eine Zahl sagen? Und warum ist ein Mensch mehr wert als ein anderer? Weil er sich gut vermarkten lässt?
Weil er jünger ist? Weil er mehr Tore schießt? Weil er erfolgreich ist?

Bemisst sich der Wert eines Menschen danach, was er leistet? Dann sind nur die Erfolgreichen wertvoll. Und die anderen? Die Kinder? Die Ungeborenen? Die Jugendlichen, die keinen Ausbildungsplatz oder keine Arbeit finden? Die Erwachsenen, die ihre Arbeit verlieren? Die krank geworden sind, alt, schwach, gebrechlich, dement? Was sind sie wert?

Am Ende steht hinter all diesen Fragen, wer das überhaupt entscheidet und nach welchen Maßstäben.

Gott sagt, dass er seine Menschen, alle Menschen, so wert achtet, dass er ihnen seine frohe Botschaft schenkt. Ich darf leben, so, wie er mich geschaffen hat, mit dem, was ich kann und auch mit dem, was ich nicht kann. Und er schenkt mir – und allen seinen Menschen – die Aussicht und die Hoffnung auf das ewige Leben.

Ich freue mich auf die beginnende Fußballsaison; ich befürchte, dass 220 Millionen Ablösesumme nicht die letzte Zahl ist. Aber ich freue mich, dass Gott darüber bestimmt, was ich wert bin. Denn er lässt mich leben. Niemand sonst.

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SWR4 Abendgedanken

Sommertage machen durstig. Wenn es wirklich ein sonniger Tag gewesen ist und wenn ich am Abend meine Arbeit ruhen lassen darf, dann habe ich Durst. Ich freue mich auf ein kaltes Bier. Es schmeckt mir gut und es tut mir gut. Als lutherischer Pfarrer erinnere mich gern an so manchen Spruch von Martin Luther dazu. So hat er z.B. gesagt „Ein Schluck Wasser oder Bier vertreibt den Durst, ein Stück Brot den Hunger, Christus vertreibt den Tod.“

Als Martin Luther und seine Katharina von Bora am 13. Juni 1532 heirateten, durften sie selbst Bier brauen. Sie erhielten zur Hochzeit nicht nur ein Fass Einbeckisch Bier, sondern es wurde ihnen das Nutzungsrecht für das frühere Augustinerkloster in Wittenberg geschenkt. Damit waren sie Hausbesitzer. Und nur wer ein Haus besaß, der durfte auch Bier brauen.  Bürger haben für den eigenen Bedarf gebraut, durften Bier aber auch verkaufen. Und so hat seine Frau Käthe Bier brauen dürfen.

Das hat er selbst gern genossen und sich darüber gefreut. Denn weil sie Bier verkaufte, unterstützte sie den Haushalt der Familie. Bier zu genießen hat Martin Luther auch als Beispiel dafür benutzt, dass er gern seine Arbeit tut, aber vor allem Gott vertraut, dass der etwas Gutes aus seiner Arbeit entstehen lässt.

„Ich predige das Evangelium. Dann sitze ich hier in der Wirtsstube und trinke mein gutes Wittenbergisch Bier und das Reich Gottes kommt von ganz alleine.“
Allerdings musste er in seinen Predigten und Tischreden auch immer wieder mahnen, wenn die einfältigen Leute mit dem Bier nicht umgehen konnten.
„Bier macht die Menschen toll und töricht, sodass sie sich hauen, stechen und ermorden. Das ist aber nicht die Schuld des Bieres, wenn du ein Bierschlauch und Trunkenbold bist.“

Ich genieße am Abend mein Bier, nachdem ich meine Arbeit getan habe; ich feiere gern Geburtstage oder Hochzeiten und trinke auch dort gern. Aber nie über den Durst. Sondern dankbar und verantwortungsvoll. Schön, dass wir nicht nur Wasser trinken, sondern dass Gott uns auch Gutes schmecken lässt und uns die Freude am Genuss gönnt.
Besonders das Bier am Sommerabend erinnert mich daran. Und an ein weiteres Wort von Martin Luther: „Man kann Gott nicht allein mit Arbeit dienen, sondern auch mit Feiern und Ruhen.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24853
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SWR4 Abendgedanken

Vor ein paar Tagen bekam ich Post von einem Freund. Er wohnt im Ruhrgebiet. Wir sehen uns nicht so oft. Wir gratulieren uns am Telefon zum Geburtstag, ein oder zweimal im Jahr treffen wir uns. Aber unsere Freundschaft hält nun schon über 35 Jahre. Schön, zu wissen, dass es ihn gibt. Aber seine Post kam jetzt doch überraschend.

Er weiß, dass ich Pfarrer bin und was mich in diesem Jahr besonders beschäftigt: das Reformationsjubiläum. Und so schickte er mir ein Prospekt zu Ideen und Veranstaltungen in Nordrhein-Westfalen. Davon kriege ich hier in Baden-Württemberg natürlich nichts mit. Aber er hat an mich gedacht. Und an das, was mir wichtig ist.

Ich habe mich gefreut. Über das Heft. Aber mehr noch über das Zeichen unserer Freundschaft. Egal, wie häufig wir uns sehen oder wie oft wir am Telefon miteinander sprechen. Wir sind verbunden.

Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt.
Ein Freund bleibt immer Freund, auch wenn die ganze Welt zusammen fällt.
Ein Freund, ein guter Freund, das ist der größte Schatz, den's gibt.

Was in dem alten deutschen schwarz-weiß-Film die Drei von der Tankstelle gesungen haben, habe ich in dem kleinen Zeichen erlebt. Ich bin dankbar dafür, Freunde zu haben.

Ihn aus dem Ruhrgebiet und noch so manche andere. Wie arm wäre ich, wenn ich keinen Freund hätte. Aber nun bin ich reich, denn ich habe Freunde, mit denen ich fröhlich feiere.

Von denen ich vielleicht lange nichts höre, aber die am Geburtstag doch an mich denken. Manches Schöne habe ich mit ihnen erlebt. Und auch manches Traurige durchgestanden. Einer hat mir einen Brief geschickt. Einfach so. Treu ist er und zuverlässig. Ich weiß, auf den kann ich mich verlassen. Der nimmt an meinem Leben Anteil. Bei dem darf ich so sein, wie ich bin. Er ist mein Freund.

Zu seinen Jüngern hat Jesus gesagt: ‚Ihr seid meine Freunde‘.
Wie schön ist es, Freunde zu haben. Wie gut ist es, Jesus zum Freund zu haben.

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