SWR1 Begegnungen

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07JUL2019
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Die Europameisterin und vielfache Torschützenkönigin hat mit ihrem neuen Engagement ebenfalls einen Volltreffer gelandet: Sie ist Botschafterin für die Fairhandelsorganisation GEPA. Deren Gesellschafter sind ausschließlich kirchliche Entwicklungs- und Jugendorganisationen. Wie kam sie dazu?Celia Sasic; Foto: DFB

Durch den Fußball tatsächlich, weil die GEPA oft bei Fußballspielen gerade bei der deutschen Nationalmannschaft bei den Spielen im VIP - Raum die Bewirtungen haben, so eine faire Kaffeebar […] Die haben auch Kaffee- oder Kakaobohnen aus Kamerun, mein Vater ist aus Kamerun und dann kam man darüber in Kontakt.

GEPA ist der größte europäische Importeur fair gehandelter Lebensmittel und Handwerksprodukte. Aber wer garantiert mir, dass es bei Waren von GEPA wirklich fair zugeht?

Also es ist so, dass man jeden Bestandteil des Produktes zurückverfolgen kann, woher er kommt und wer die Menschen dahinter sind. […] Und es ist nicht nur so, dass die eine Handelsbeziehung zu den Leuten haben, sondern denen auch  tatsächlich Hilfe und Ressourcen und Infos und Wissen an die Hand geben, wie sich selber verbessern, größer werden.

Hilfe zur Selbsthilfe. Das ist ihr als Frau mit Wurzeln in Kamerun und Frankreich ganz wichtig. Zu oft ist für Célia Šaši? das europäische Denken über Afrikaner noch überheblich- ein Erbe der schmerzlichen Kolonialzeit, die bis heute ihre Spuren hinterlassen hat. Célia Šaši? sieht hingegen sehr viel Potential bei den Afrikanern und drängt auf faire Handelsbeziehungen, wie sie die GEPA umsetzt.  Sie selbst greift am liebsten zur fair gehandelten Schokolade, zu Honig, Reis und exotischen Früchten. Aber dem  fairen Handel  soll nicht länger etwas Exotisches anhaften:  Fair muss normal werden!

Man verbindet immer mit Fair Trade eigentlich so Ökoleute,  die laufen alle mit Jutesäckchen rum und ich finde es gehört eigentlich viel mehr in diese große Masse und das sollte eigentlich das Normale sein .

Gerechtigkeit ist für Célia Šaši? kein Nebenspielplatz. Nicht im Sport und nicht in unserem Konsumverhalten.  Die Sportsfrau zieht eine interessante Parallele, die mich zum Nachdenken über Fairness anregt:

 Beim Sport  ist es auch so, immer nur ein Thema für die, die betroffen sind – für alle anderen:  ist doch alles schön, wir haben doch jetzt gewonnen durch die Fehlentscheidung vom Schiedsrichter […], warum soll ich denn darüber nachdenken oder mich beschweren, dass dem Gegner vielleicht Unrecht getan worden ist […] und so ist das ja auch ganz oft so: die Schokolade ist doch im Regal und die wird doch hier verkauft  und ich bezahl doch dafür, und das ist doch vollkommen legitim, und ich geb denen ja das Geld, das die verdient haben – aber dass man das System dahinter hinterfragt und für sich einordnet […]

Das hält die studierte Kulturwissenschaftlerin für ganz zentral, wenn es fairer zugehen soll. In welchen Projekten sich Célia Šaši? außerdem engagiert und was für sie Nächstenliebe bedeutet hören Sie nach der Musik.

2.Teil:

Ich treffe die ehemalige Fußballnationalspielerin Célia Šaši? in Koblenz, wo sie mit ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter lebt. Sie engagiert sich für das von den Kirchen getragene Fairhandelsunternehmen GEPA. Für mich als Christ setzt sie damit das um, was Jesus in seiner Kernbotschaft gefordert hat: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Für Célia Šaši? heißt das:

Wenn man mal mit Leuten in Kontakt getreten ist, denen man sozusagen eine Freude machen konnte oder denen man irgendwo raushelfen konnte, oder einfach nur einen glücklichen Moment beschert hat […] Man erlebt es ja in den  besten Fällen auch schon im kleinen Kreis mit Familie und Freunden, aber dass man darüber hinaus auch denkt und nicht sagt: „Ich hab hier meinen Zirkel und wenn es den Leuten  gut geht, ist alles wunderbar, alles andere interessiert mich nicht“, sondern  dass man auch mehr an das große Ganze denkt.

So engagiert sie sich auch für SOLWODI, eine Organisation der katholischen Ordensschwester Lea Ackermann. Mit ihr macht Célia Šaši? im Kampf gegen Zwangsprostitution gemeinsame  Sache. Warum?

Ich rate jedem mal Schwester Lea Ackermann kennenzulernen. Noch beeindruckender ist, was sie aufgebaut hat, vor Ort. Und gerade in Kenia macht sie da sehr, sehr viel mit den Frauen in Not die eben aus dieser Zwangsprostitution kommen. […] eine Frau hatte sie gebeten, nächstes Mal einen Ball mitzubringen, einen Fußball. Als sie das nächste Mal da war und gesehen hat, was das bewegt hat,  was aus den Frauen geworden ist:  vorher waren die Frauen der Abschaum, das waren die Schlampen, muss man jetzt sagen , die da in der Gosse leben und auf einmal haben Sie sich selber als Sportlerinnen gesehen und haben einfach ihr Selbstbild verändert […] und sagen: Ich  ziehe daraus mein Gefühl für mich selbst, für meinen Körper.

Heute gibt es in Kenia durch SOLWODI 64 Frauen-Fußballteams landesweit. Auch in Deutschland setzt sich Célia Šaši? ein: als DFB-Integrationsbotschafterin. Fußball erlebt sie dabei immer wieder als Türöffner für gelungene Integration und den Abbau von Ängsten vor den Fremden:

Wenn jetzt jemand in meine Mannschaft kommt, und derjenige macht mir eine super Flanke, wo ich dann ein super schönes Tor mache- egal , wie lange ich den kenne, egal ob wir die gleiche Sprache sprechen oder nicht  – wir werden zusammen jubeln . Das sind so kleine Momente, die viel verändern,  wo man  sagt: hätten wir nicht zusammen Fußball gespielt, hätte ich mich vielleicht gar nicht für dich interessiert.

Interessiert ist Célia Šaši? auch daran, wie es rund um den Fußball mit Fairness und Menschenrechten zugeht. Nach dem WM-Frauen-Finale heute Abend steht als nächstes wieder die Weltmeisterschaft der Männer in Katar an. Dabei fordert die Sportlerin auch ihre Kolleginnen und Kollegen auf, den Mund gegen Menschenrechtsverletzungen aufzumachen:

Es ist absurd. Gerade in diesen doch sehr kapitalistischen Zeiten. Das sind diese Extreme: Wir wollen das meiste, meiste, meiste Geld daraus holen und dann gehen andere Sachen verloren. Genau diese Menschenrechtsaspekte sind auch Themen, die wichtig sein sollten und die Spieler haben auch eine gewisse Macht, wenn viele zum Denken angeregt werden.

Zum Beispiel darüber, dass es nicht nur auf dem Rasen, sondern auch hinter den Kulissen und bei unserem täglichen Konsum fair zugeht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29005
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