Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Du sollst nicht Ehe brechen", lautet das 6. Gebot. Allein schon der Begriff ist so ziemlich aus der Mode gekommen - das Gebot, wie es scheint, sowieso. Allenthalben wechseln Eheleute ihre Partner, lassen sich scheiden, verheiraten sich neu. Man könnte meinen, das 6. Gebot mache einfach keinen Sinn mehr in der heutigen Welt.

Und doch, bei kirchlichen Trauungen wird nach wie vor allergrößten Wert gelegt auf das Treueversprechen: in guten wie in schlechten Tagen, bis zum Tod. Aller ernüchternden Realität zum Trotz: das Ideal ewiger Treue bleibt lebendig. Vielleicht, weil die Menschen tief im Inneren ahnen, wie wertvoll das ist, wenn es gelingt; vielleicht, weil sie eine unstillbare Sehnsucht nach Nähe und Vollkommenheit in sich tragen, selbst wenn sie daran scheitern.

Du sollst nicht ehebrechen - also vielleicht doch noch ein zeitgemäßes Gebot?
Wo immer ich es miterlebt habe, der Treuebruch tut furchtbar weh. Ich möchte wetten, ein Meer aus Tränen käme zusammen, wenn alle darüber geweinten Tränen auf unserer Erde zusammenflössen.

Und auch der treulose Partner verletzt sich, selbst wenn er es gar nicht merkt. Denn er verrät sein Versprechen, seine eigenen Ideale. Und das ist kein gutes Gefühl; das geht einem nach. Einmal hat mir jemand nach Jahren gestanden: „Wenn ich zurückblicke, weiß ich gar nicht mehr, ob sich das alles gelohnt hat. Auch in meiner neuen Ehe ist der Alltag eingetreten, und die Probleme sind fast die gleichen, nur viel komplizierter, wegen der Kinder." 

Und dann wiederum sind Gottes Wege manchmal wundersam, und auf dem größten Scherbenhaufen entsteht unvermittelt neues Glück. Da ist dieses Ehepaar, das wir im Urlaub kennen lernten. Er erzählte:

„Unsere beiden Ehepartner haben uns betrogen; sie sind miteinander fremdgegangen. Das war eine furchtbare Zeit; es endete mit Scheidungen.
Als alles vorüber war, dachte ich: Da ist jemand, der muss es doch genauso schlecht gehen, wie dir. Warum rufst du sie nicht mal an? Gedacht, getan. Wir trafen uns, wir verstanden uns, schließlich wurden wir ein Paar."

Mittlerweile sind sie 20 Jahre verheiratet und glücklich, wie es aussieht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9126
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