Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Das Fest der Faulenzer ist nun vorbei." - diesen Satz schleudert der Prophet Amos der Oberschicht im Volk Israel entgegen (Am 6, 7). Er liest den Reichen die Leviten: Sie lassen es sich gut gehen und führen ein Leben im Luxus. Sie kreisen um sich selbst. Noch dazu leben sie auf Kosten der einfachen Leute: Sie unterdrücken sie und beuten sie aus. Den Armen geschieht Unrecht; nicht einmal vor Gericht bekommen die Schwachen das, was ihnen zusteht. All das ist gegen Gottes Gebot. Und deshalb kündigt der Prophet der Führungsschicht des Landes an, dass Gott sie jetzt zur Rechenschaft ziehen wird. Es wird bald aus sein mit ihrem verantwortungslosen Lotterleben.
„Das Fest der Faulenzer ist nun vorbei." - Amos macht deutlich, dass der Reichtum Menschen negativ verändern und egoistisch machen kann. Deshalb sagt Jesus in der Bergpredigt: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon" (Mt 6, 24). Aber man kann Besitz und Vermögen sehr wohl im Sinne Gottes gebrauchen. Dafür ist Solidarität grundlegend wichtig. „Eigentum verpflichtet" sagt die katholische Soziallehre. Wer mehr hat, hat auch eine größere Verpflichtung. Er kann mehr zum Gemeinwohl, zum Wohl der Gesellschaft beitragen.
Solidarität ist eine Grundhaltung, die den Schwächeren im Blick hat, den, der benachteiligt ist, den, der weniger leistungsfähig ist. Solidarität ist eine Grundhaltung, die eine gerechtere Verteilung der Lebenschancen in unserer Gesellschaft zum Ziel hat, das Wohl aller. Damit verträgt es sich zum Beispiel nicht, wenn Vermögende alle möglichen Steuerschlupflöcher ausnutzen oder gar mit Hilfe von Steueroasen das Gemeinwohl kriminell schädigen. Gottseidank gibt es auch positive Beispiele: Die Bankdirektorin, die mit viel Engagement und Geld ein Hilfsprojekt unterstützt. Der Freundeskreis „X %", dessen Mitglieder einige Prozente ihres Einkommens für eine Landwirtschaftsschule in Brasilien spenden. Prominente, die ihren Namen und ihr Geld geben für Menschen, die es nötiger haben als sie selbst.
Wer mehr hat und mehr leisten kann als andere, der hat auch eine entsprechende Verantwortung für die Gesellschaft im Ganzen. Damit unsere Gesellschaft weiter zusammenhält, brauchen wir einen neuen Geist der Solidarität.

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