SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Es ist ein schönes Lied, das Bette Middler singt. From a distance, heißt es. Und beschreibt in sanften Tönen, was wir sähen, würden wir unseren Planet aus weiter Ferne betrachten. Wenn wir ihn sozusagen aus der Raumfahrerperspektive anschauen würden.
Aus dieser Entfernung, so heißt es im Lied, erscheint die Welt blau und grün, und weiß die schneebedeckten Berge. Aus dieser Weite erscheint die Welt friedlich und voller Harmonie. Da sieht man keine Bomben, keinen Hunger, keine Krankheiten.
Dass der Planet Erde aus der Nähe ganz anders aussieht, sagt Bette Middlers Lied nicht. Aber das wissen die Hörerinnen und Hörer auch so. Aus der Nähe, im Detail, haben die Dinge ein anderes Gesicht.
Am Ende des Lieds ist die Rede von Gott. „God is watching us from a distance”, heißt es da. Nicht nur der menschliche Betrachter bekommt von weitem ein ideales Bild. Auch Gott erscheint als Zuschauer aus weiter Entfernung.
Ein schönes Lied, denke ich, aber eigentlich auch schön traurig! Warum fällt es mir gerade jetzt ein, wo Weihnachten naht? Wohl darum, weil Weihnachten von einer ganz anderen Erfahrung spricht. Weihnachten ist geradezu die Antithese zu einem unbeteiligten Betrachten der Welt.
Weihnachten ist das Fest, wo Distanzen zusammenschmelzen, wo Nähe spürbar wird, gefühlte Körperwärme. Gott kommt und wohnt unter uns! Das ist das wirklich Provokante an der Weihnachtsbotschaft, dass Gott Mensch wird.
Weihnachten erzählt die Geschichte von der Überwindung der unendlichen Distanz zwischen Gott und Mensch. Nicht durch menschliche Imagination geschieht das, nicht durch Produktivkräfte, die Menschen entwickelten. Sondern allein durch den Wunsch Gottes, mit uns befreundet zu sein.
From a distance, in der Tat, da ist alles schön harmonisch. Aber bei näherem Hinsehen, wenn man auf das Kleingedruckte schaut, dann ist unser Planet eben nicht von Harmonie gekennzeichnet.
Aber gerade angesichts der zerbrochenen Harmonie steigert sich die göttliche Provokation ein weiteres Mal. Gerade in die unheile, kaputte Welt will Gott ja einziehen. Befreundet sein nicht mit einem Ideal von Mensch, sondern mit dem harten Brocken, der er in Wirklichkeit ist.
Zu Weihnachten zeigt sich Gott aus der Nähe. In einem neu geborenen Kind können wir ihn erkennen.
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