Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Wir verfügen zwar über perfekte Mittel, aber andererseits über recht verworrene Ziele“. Heute im Zeitalter von GPS und Navigationssystemen würde der Physiker Werner Heisenberg seinen Satz wohl mit noch mehr Nachdruck versehen. Wenn in zwei Wochen im Trierer Dom Mutter Rosa Flesch, die Gründerin der Waldbreitbacher Franziskanerinnen selig gesprochen wird, dann geht es genau darum: klare Ziele vorzustellen, an denen sich Menschen orientieren können. Vielen mag eine Selig- oder Heiligsprechung mit feierlichem Gottesdienst und altem Ritus unpassend und von gestern vorkommen. Zumal, wenn es Menschen betrifft, die, wie Mutter Rosa, schon über 100 Jahre tot sind. Aber so eine Seligsprechung ist nicht nach hinten, sondern nach vorn gerichtet. Sie hat uns Lebende im Blick. Wir brauchen zur Gestaltung unseres Lebens klare Ziele, also auch glaubwürdige Vorbilder, deren Leben schon gelungen ist. Und Mutter Rosa Flesch hat ein so vorbildliches Leben geführt, dass sie nach dem Glauben der Kirche jetzt sicher in der endgültigen Gemeinschaft mit Gott ist. Das will die Seligsprechung sagen.
Und was macht diese einfache Frau, ohne große Schulbildung oder gar Studium aus dem Wiedbachtal im Westerwald so beispielhaft?
„Einfach und schlicht“ war sie und „man konnte sich mit ihr über Gott unterhalten“ so beschreibt sie ihre gebildete Freundin, die Baronesse Oktavie de Lasalle.
Und beten konnte sie, intensiv war sie mit Gott im Gespräch. Dabei war ihr das Hören mindestens genauso wichtig wie das Beten. Oft schwieg sie einfach. „Was nützt dem Körper die beste Nahrung, wenn er sie nicht verdaut?“, formulierte Mutter Rosa einen Vergleich. Und zum Verdauen der Gebetstexte braucht man eben Zeit und Ruhe und Sammlung.
Das gab ihr Kraft und Durchhaltevermögen, ihren Orden zu gründen und den Kampf gegen Krankheit, Not und Tod aufzunehmen. Wo andere resigniert hätten nach dem Motto: „da kann man ja doch nichts machen“, fand sie mit großer Beharrlichkeit doch noch einen Weg. All das macht sie zu einer Seligen: weil sie uns heute noch viel davon erzählen kann, wie das geht, mit beiden Beinen auf der Erde zu stehen und doch ganz bei Gott zu sein.

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