SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

29NOV2021
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„Sie können darauf warten“, sagt die Mitarbeiterin des Autohauses zu mir. Ich habe einen Termin zum Reifenwechsel ausgemacht. Das musste nun auch noch sein. Jetzt in der Zeit, die so vollgepackt ist mit Terminen, die alle noch dran sein sollen in diesem Jahr. Die Adventszeit hat angefangen, Hochsaison für die Weihnachtsvorbereitungen. Und auch höchste Zeit, endlich die Winterreifen aufziehen zu lassen. „Es dauert nicht sehr lange. Sie können drauf warten.“ Bekomme ich zu hören.

„Hoffentlich hat sie recht!“ denke ich mir. Ich bin nicht sehr begabt im Warten. Immer ist so viel zu tun. Wenn ich weiß, dass ich irgendwo mit Wartezeit rechnen muss, nehme ich mir immer etwas mit: etwas zum Lesen oder zum Schreiben. Bloß nicht warten müssen. Bloß keine Zeit verschwenden.

Ich weiß, dass es vielen Menschen so geht, dass sie Wartezeit als verlorene Zeit empfinden. Und die Adventszeit jetzt, von der es oft heißt, dass sie eine besinnliche Zeit sein sollte, die ist für viele Menschen eher das Gegenteil. Die, die jetzt auf etwas warten müssen, die warten ungeduldig. Wir Christen erzählen uns in der Adventszeit Bibelgeschichten vom Warten.

Vom Warten der Eheleute Elisabeth und Zacharias, dass sie Eltern werden. Oder davon, wie Maria von einem Engel besucht wird, und dann wartet, ob sich seine Verheißungen erfüllen werden.

 

Das ist natürlich ein ganz anderes Warten als ich es in der Autowerkstatt verbracht habe. In diesen Geschichten lässt Gott die Menschen warten, bis er sein Versprechen erfüllt: Zacharias und Elisabeth werden Eltern, obwohl sie beide schon so alt sind. Maria erlebt, wie Gott seine Versprechen nach und nach einlöst und der Messias in Bethlehem geboren wird. Das passiert nicht urplötzlich wie ein Blitzeinschlag. Nein, darauf müssen sie sich vorbereiten, warten – und diese Zeit bekommen sie.

Aber heute starte ich in die Adventszeit nicht nur mit frisch aufgezogenen Winterreifen, sondern auch noch mit einer kleinen Lektion in Warten. „Sie können darauf warten.“ Der Satz klingt gut. So habe ich einfach gewartet. Ich konnte meine Gedanken schweifen lassen ohne Hetze und ohne neues Programm. Eine gute Art mich vorzubereiten auf das, was als nächstes kommt.

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