SWR2 Wort zum Tag

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13MRZ2021
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Erst sagen sie so, dann wieder so – was soll man denn da noch glauben! Immer wieder höre ich, dass Menschen nach einem Jahr Corona enttäuscht sind von der Politik. Sie ärgern sich darüber, dass Politikerinnen und Politiker ihre Meinung ändern, dass sie etwas ankündigen und dann doch etwas anderes beschließen. Manche Leute sind so ärgerlich, dass sie nicht einmal mehr wählen gehen wollen.

Klar ist: Es ist schwer auszuhalten, wenn sich ständig alles ändert – vor allem für diejenigen, die sich in der Krise um ihre Gesundheit, ihren Job oder ihre Familie ernsthaft Sorgen machen müssen. Und ja: Vieles läuft nicht reibungslos, könnte besser organisiert sein. Trotzdem frage ich mich: Ist es nicht eigentlich gut, dass die Verantwortlichen in unserem Land fähig sind, ihre Meinung zu überdenken? Dass sie auf neue medizinische Erkenntnisse reagieren? Dass sie unsere Bedürfnisse nach Freiheit, nach Wohlstand und nach Sicherheit immer wieder neu gegeneinander abwägen – und dadurch vielleicht zu neuen Ergebnissen kommen?

Manchmal ist es klug, seine Meinung zu ändern. Jesus war einer, der Menschen dazu gebracht hat, ihre einmal gefassten Beschlüsse zu überdenken. Und der auch selbst bereit war, sich eines Besseren belehren zu lassen. Zum Beispiel, als ihn eine Frau aus Kanaan, also eine Ausländerin, um Hilfe für ihre psychisch kranke Tochter bittet. Erst ignoriert Jesus sie. Und dann antwortet er harsch: Für dich bin ich nicht zuständig. Gott hat mich beauftragt, den Menschen in Israel zu helfen. Doch die Frau lässt nicht locker: Wenn wir in deinen Augen weniger wert sind als die Einheimischen, fleht sie, wenn wir schon kein Brot bekommen, dann lass uns doch wenigstens die Brosamen, die vom Tisch fallen. Die bekommen ja sogar die Hunde (vgl. Matthäus 15,21-28). Das beeindruckt Jesus. Das Mädchen wird gesund. Gott sei Dank!

Ich finde: Wer an der eingeschlagenen Richtung zweifelt, wer seine Meinung ändert, zeigt dadurch weder Schwäche noch Inkompetenz. Im Gegenteil. Bertolt Brecht hat es einmal so gesagt: Zweifle nicht an dem, der dir sagt, er hat Angst. Aber habe Angst vor dem, der dir sagt, er kennt keine Zweifel. Mir leuchtet das ein.

Sicher: Nicht jede Richtungsänderung führt zum Besseren. Und was in der Corona-Krise richtig ist, darüber gehen die Meinungen naturgemäß auseinander. Deshalb ist es gut, dass ich in unserer Demokratie die Ansichten anderer anzweifeln kann. Und meine Meinung äußern darf. Nicht zuletzt auf meinem Stimmzettel. Ich finde: Das ist wichtig. Gerade auch dann, wenn ich in manchen Punkten mit der Politik nicht zufrieden bin. Ich werde diese Möglichkeit deshalb morgen bei der Landtagswahl nutzen. Und ich hoffe: Sie auch!

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