Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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31AUG2019
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2 Euro 50 am Tag hat Nathalie am Anfang verdient. Für 8 Stunden Arbeit bei einer 6-Tage-Woche. Sie arbeitet in einer Töpferei in Fes, einer der Königsstädte in Marokko. Inzwischen bekommt sie 6 Euro Tageslohn. Das ist mehr als das Doppelte. Aber das ist meilenweit entfernt von unserem Mindestlohn und von unseren Vorstellungen von gerechter Entlohnung. 

Doch für Nathalie, die Französin ist, ist das o.k.. Denn sie teilt bewusst das Leben ihrer Nachbarinnen und Nachbarn in Marokko. Die verdienen dort eben nur so viel – und müssen damit auch irgendwie rumkommen. 

Nathalie gehört zur Ordensgemeinschaft der Kleinen Schwestern Jesu. Die haben eine ganz eigene Berufung. Sie haben keine Klöster, sondern leben in Mietswohnungen mitten unter den Leuten. Meist unter Menschen am Rand der Gesellschaft. Oder auch mitten unter Muslimen wie in Marokko. Die drei Schwestern leben dort ganz bewusst als kleine christliche Gemeinschaft. Sie möchten einfach Gott und den Menschen nahe sein. Deshalb sind manche Zeiten am Tag für das Gebet reserviert. Ansonsten aber teilen sie die Lebensbedingungen und den Alltag der Menschen in der Altstadt von Fes. Sie wohnen und arbeiten wie sie und mit ihnen, oft in den am schlechtesten bezahlten Jobs. Die Gastfreundschaft ist den Kleinen Schwestern Jesu besonders wichtig. Sie möchten ihre Mitmenschen etwas von der Liebe Gottes spüren lassen, dass er ihnen nahe ist und dass er es gut mit ihnen meint. Das heißt, sie missionieren nicht, sie betreiben keine christliche Verkündigung. Sie leben im Grund genommen so, wie es Jesus selbst 30 Jahr lang in Nazareth getan hat: Er hat dort auch so gelebt wie alle anderen, hat ganz selbstverständlich ihr alltägliches Leben geteilt – und keine Predigten gehalten. Aber weil er eben auch Gott besonders nahe war, hat er sicherlich eine besondere Ausstrahlung auf seine Mitmenschen gehabt, die ihnen gut getan hat, die für sie ein Segen war. Das leben die Kleinen Schwestern auf ihre Weise. 

Mir imponieren ihre Spiritualität und ihre Lebensweise. Sie führen mir vor Augen, was zu einem Leben aus dem Glauben gehört und wie es überzeugend sein kann.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29298
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