SWR2 Wort zum Tag

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„Das Leben als Laufsteg“. So war einer der vielen Nachrufe auf Karl Lagerfeld überschrieben, der vor kurzem in Paris im Alter von 85 Jahren verstorben ist. Er, der Mann mit dem schlohweißen Schopf und der Sonnenbrille, mit der hautengen schwarzen Hose und dem weißen Hemd mit Vatermörderkragen. Der wichtigste deutsche Modemacher, schon zu Lebzeiten eine Ikone.

Ich fand ihn immer wieder erfrischend  mit seinen Sprüchen und Bonmots über das Leben und die Liebe, über Kunst und Politik. Meist geistreich, originell und oft auch selbstironisch.

Lagerfeld stand mittendrin in diesem Modegeschäft. Bemerkenswert finde ich aber, wie er sich mit dem ihm eigenen Sarkasmus auch davon distanzieren konnte: „Man darf nicht vergessen“, sagte er im Blick auf die Mode, „dass wir ein Produkt machen, das keiner braucht. Man kann ohne es leben.“

Mich verwundert es darum nicht, dass er auch noch eine ganz andere Seite hatte. Sie hatte wohl zu tun mit seiner Kindheit auf dem Land, wo er aufgewachsen war. Zwischen Wiesen und Kühen im Norden bei Hamburg. Das Wort Bodenständigkeit war ihm von daher kein Fremdwort. Er interpretierte es auf seine Weise: "Ich bin sehr geerdet“, sagte er einmal, „nur nicht auf dieser Erde."

Besonders liebte er, das verriet er in einem Interview, die Gedichtzeile des deutschen Lyrikers Friedrich Rückert: „Ich bin der Welt abhanden gekommen“. Da heißt es am Schluss: „Ich bin gestorben dem Weltgetümmel, und ruh' in einem stillen Gebiet! Ich leb' allein in meinem Himmel, in meinem Lieben, in meinem Lied!“

Mir fällt dabei ein, dass der christliche Glaube zwar keine Mode, aber doch eine Kleiderordnung kennt. Die Stoffe, aus denen diese Kleider bestehen, werden im Neuen Testament genannt. „So zieht nun an“, heißt es an einer Stelle, „herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld.“

Ich versuche mir vorzustellen, wie es wäre, wenn das auf den Laufstegen unserer Welt vorgeführt würde. Und Menschen weltweit die Kleider aus diesen Stoffen anziehen und tragen würden. Wäre das nicht eine himmlische Kleiderordnung? Geerdet, wenn auch nicht auf dieser Erde!

Und Karl Lagerfeld? Vielleicht, so denke ich mir, entwirft er jetzt für die Engel im Himmel neue Designs. Die Stoffe dafür sind ja nach wie vor vorhanden: „Herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut und Geduld.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=28344
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