SWR2 Wort zum Tag

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„Der Mensch braucht in Krisensituationen einen kühlen Kopf und warme Füße!“ Das hat mir eine sehr nette Frau geschrieben. Sie hat mir dazu ein besonderes Geschenk überreicht: Selbstgestrickte Socken aus Drachenwolle. Drachenwolle heißt so, weil der Farbverlauf unberechenbar ist. Angeblich hilft das sogar gegen böse Geister, weil diese sich dank der überraschenden Muster der Socken verwirrt zurückziehen. Drachensocken zeigen keine Gesetzmäßigkeiten und bieten daher keine Angriffsfläche für die fiesen Dämonen.

Wenn das stimmt, wäre gerade jetzt die richtige Zeit für Drachensocken. Denn die Nächte zwischen den Weihnachtsfeiertagen und Epiphanias zählen zu den so genannten Rauhnächten, in denen nach alter Vorstellung die bösen Geister unterwegs sind und man sich sehr in Acht nehmen muss. Die traditionellen Perchtenläufe mit grausigen Masken in Bayern und Österreich gründen sich auf diese Überlieferung.

Jetzt glaube ich nicht an Geister, freue mich in jedem Fall aber über warme Füße und über Menschen, die an mich denken und mich im Leben unterstützen. „Der Mensch braucht in Krisensituationen einen kühlen Kopf und warme Füße“. So sehr ich mich auf das Jahr 2019 freue: Schon die Lebenserfahrung sagt mir, dass dieses Jahr, wie jedes Lebensjahr bisher, kein reines Honigschlecken sein wird, auch ohne böse Geister. Krisen werden mich, wie jeden Menschen, auch im neuen Jahr ereilen, das beschränkt sich nicht auf die Rauhnächte. Bei diesen Aussichten könnte man kalte Füße bekommen. Warme Socken sind da eine erste gute Lösung und meine aus Drachenwolle ein wundervolles Geschenk.

Ihr unregelmäßiger Farbverlauf ist zwar modisch eine Herausforderung, erinnert mich aber auch daran, dass das Leben möglicherweise gerade in seinen überraschenden Momenten nicht nur krisengeplagt, sondern sogar richtig spannend sein kann. Vielleicht entpuppt sich manche Krise als Situation, an der ich innerlich wachsen kann. Gestärkt durch Menschen, die an mich denken und mit warmen Füßen kann ich dann auch einen kühlen Kopf bewahren.

Ich wünsche Ihnen, wenn Sie sich am Anfang dieses neuen Jahres vor Situationen fürchten, in denen Sie kalte Füße bekommen könnten, jemanden, der für sie warme Socken strickt. Oder einfach fürsorglich und freundlich zu Ihnen ist. Freundlich zugewandte Menschen sind echte Gottesgeschenke. Und solche Geschenke Gottes können wir alle das ganze Jahr gut gebrauchen. Und gerne immer wieder füreinander sein.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27827
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