SWR2 Wort zum Tag

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Langsam wird es Zeit, den Christbaumschmuck vom Dachboden oder aus dem Keller zu holen. Wie der Baum geschmückt wird, ist ja in jeder Familie ein wenig anders. Aber meistens gibt es genau festgelegte Regeln, was geht – und was gar nicht geht. Was allerdings an kaum einen Baum fehlt, sind Kerzen, Sterne – und Kugeln. Warum eigentlich?

Bei den Sternen habe ich den Bezug zur biblischen Weihnachtsgeschichte und dem Stern über der Krippe schon als Kind verstanden. Und auch das Symbol der Kerzen, die auf Jesus als Licht der Welt hindeuten, war mir bald klar. Was ich aber lange nicht verstanden habe, das sind die Kugeln. Sie sehen hübsch aus, das ist klar – aber was haben sie mit Weihnachten zu tun?

Es ist noch nicht so lange her, dass ich die Erklärung gehört habe – und seitdem sehe ich die gläsernen oder glänzenden Christbaumkugeln mit anderen Augen. Ursprünglich waren die Kugeln nämlich Äpfel, die den Baum schmückten. Erst mit der Zeit hat man die Äpfel durch kunstvolle Kugeln ersetzt. Die Äpfel erinnern an die Geschichte von Adam und Eva im Paradies – an die verbotene Frucht, die die beiden dort gegessen haben und die ihnen zum Verhängnis wurde.

Die Geschichte von der Vertreibung aus dem Paradies ist natürlich noch keine Weihnachtsgeschichte. Aber der Bezug zum Fest kommt sozusagen aus dem Gegenteil: Durch die Geburt von Jesus, daran erinnern die Äpfel, ist das Tor zum Paradies, das sich hinter Adam und Eva geschlossen hat, wieder offen – so wie es auch in einem alten Weihnachtslied von Jesus heißt: Heut schließt er wieder auf die Tür zum schönen Paradeis!

Für mich ist die alte Botschaft der bunten Kugeln oft ziemlich aktuell. Gerade an den Weihnachtstagen, wo die Sehnsucht nach Harmonie groß ist, ist es ja deutlich zu spüren, dass wir nicht im Paradies leben. Bei den meisten von uns reichen die Feiertage in der Familie, um das zu erfahren – und wenn nicht, dann muss man nicht weit darüber hinaus schauen.

Die glänzenden Kugeln am Christbaum sind aber auch ein Hoffnungszeichen: Dass trotz allem, was schiefläuft, an Weihnachten eine Tür offensteht – zu den Menschen um mich herum und auch zu Gott. Wenn ich darauf vertraue, dann kann ich mich – mitten in allem, was nicht passt – doch einlassen auf die Menschen, die mir an Weihnachten auf besondere Weise begegnen. Und dabei vielleicht auch einen Blick in das Paradies werfen, von dem die roten Kugeln erzählen. Auch an unserem Baum werden sie hängen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27765
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