Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Im Auto überkommt mich so ein komisches Gefühl, das ich erst gar nicht einordnen kann. Plötzlich fange ich an zu weinen und aus mir bricht es heraus: „Mutter, es ist nicht schön ohne dich. Es ist überhaupt nicht schön.“ Ich bin in Neuwied, der Stadt, wo ich aufgewachsen bin und meine Mutter vor ein paar Monaten verstorben ist. Sie war 89, und es ging ihr die letzten Monate nicht gut, also war der Tod willkommen. So wollen mich Freunde trösten und ich versuche auch, es mir selbst zu sagen. Aber es tröstet mich nicht.

 

Ich bin schon 61, ein Kind in dem Alter braucht die Mutter nicht mehr so dringend, versuche ich es mit Selbstironie. Aber das tröstet mich nicht.

Mein Patenkind war 12, als ihr Papa an Krebs gestorben ist. Heute ist Lea 18, man kann mit ihr darüber reden.

Was hat dich damals getröstet, als der Vater gestorben ist? Die Antwort überrascht mich – und doch auch nicht: Majestro hat sie getröstet. Das ist der Bernhardiner, den der Vater und sie kurz vorher bekommen hatten. Sie waren jeden Morgen zusammen mit dem Hund unterwegs – eine gemeinsame Zeit, nur sie und der Papa, und Majestro. Der war nach dem Tod die Brücke zum Vater und ihr größter Trost.

Aber für mich wäre das kein Trost.

Es gibt ein altes Wort, das fällt mir ein: ich bin untröstlich. Es klingt komisch und ich hätte es von mir selber nie gedacht, aber bis jetzt habe ich nichts gefunden, was mich wirklich tröstet. Ablenkung natürlich und ich denke auch nicht dauernd an die Verstorbene, aber ganz unerwartet überfällt mich immer wieder eine tiefe Traurigkeit. Ich weiß, dass es vielen anderen Hinterbliebenen auch so geht.

Und dann rede ich mal mit dem DEM da oben und sag zu ihm:

pass gut auf unsere Mutter auf. Und mach es ihr schön!

Das hat er glaub ich gehört. Ich spüre das in meinem Herzen. Und ich fühle mich getröstet.

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