SWR3 Gedanken

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Erinnern Sie sich an Rumpelstilzchen? Im Märchen der Brüder Grimm geht es um eine arme Müllerstochter. Die soll auf Geheiß des Königs Stroh zu Gold spinnen. Schafft sie das, wird sie Königin. Schafft sie es nicht, droht ihr der Tod. In ihrer Verzweiflung hilft ihr ein merkwürdiges Männlein. Immer und immer wieder. Und so wird schließlich aus der Müllerstochter tatsächlich eine Königin.

Und dann fordert das Männchen seinen Lohn. Das erste Kind der Königin will es haben. Außer die findet heraus, wie das Männchen heißt. Nun ist die Not groß. Alle möglichen Namen werden durchprobiert. Ohne Erfolg. Ein glücklicher Zufall bringt die Lösung. „Ach wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß’.“ Schnell nennt die Königin diesen Namen, und der Bösewicht rammt sich selbst in die Erde. Gefahr erkannt, Gefahr benannt, Gefahr gebannt.

Im Märchen hat das Böse einen Namen. Aber im richtigen Leben ist das auch nicht anders. Da hat das Böse auch einen Namen, sogar viele Namen. Ausbeutung, Gewalt, Missbrauch, Vorurteil, Hass, Intoleranz sind nur einige, die mir einfallen. Und dahinter verbergen sich keine Märchen-Männlein, sondern hässliche Realitäten, die Menschen Schaden zufügen. Was tun?

Das Märchen gibt da einen guten Tipp. Das Böse beim Namen nennen. Sich klar machen, was in dieser Welt schief läuft, in laute und deutliche Worte fassen, was das Leben schwer macht, Position beziehen, wenn Menschen Schaden leiden, Zivilcourage zeigen. Allemal besser als den Kopf in den Sand zu stecken und den Rumpelstilzchen dieser Welt das Feld zu überlassen.

Das Leben ist kein Märchen. Klar. Aber ich will daran festhalten: Auch für die Welt soll es irgendwann heißen: Ende gut, alles gut.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25831
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