SWR4 Abendgedanken

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Hiob ist der größte Verlierer, den die Welt je gesehen hat. Er verliert alles – seine Gesundheit, seine Familie, seinen Besitz. Die Geschichte von Hiob ist eine der härtesten Geschichten der Bibel. 

Dabei sieht es am Anfang noch so gut für ihn aus: Hiob hat alles, was er sich wünscht: eine große Familie, Geld und gute Freunde. Er ist gesund und freut sich des Lebens. 

Doch dann geht alles schief: Räuber stehlen sein Vieh, seine Kinder sterben bei einem Hauseinsturz. Eine „Hiobs-botschaft“ nach der anderen. Jetzt sitzt er buchstäblich im Dreck. 

Seine Freunde kommen vorbei und reden auf ihn ein. „Gib es zu, irgendetwas musst du doch verbrochen haben – sonst ginge es dir nicht so dreckig. Raus mit der Sprache.“ Doch Hiob sagt: „Nein, ich war immer fair. Da gibt es nichts zu beichten.“ Die klugen Reden seiner Freunde helfen Hiob nicht weiter. Doch er will sich nicht mit seinem Schicksal abfinden. 

Warum, warum das alles? fragt er immer wieder. All seine Sorgen und seine Wut schleudert er Gott entgegen. Immerhin: Gott antwortet Hiob. Er sagt: Ich habe die Welt nicht nur für dich geschaffen. Tiere, Menschen, die tausend Sterne am Himmel –  so weit ist meine Schöpfung. Du kannst doch Gott nicht allein daran messen, ob du gerade glücklich bist.   

Ich lerne von Hiob zwei Dinge. Erstens: Hiob ringt mit seinem Glauben. Er schießt die Sache mit Gott nicht einfach in den Wind, sondern zweifelt und streitet mit ihm. Bei all den Katastrophen sehnt er sich danach, Gott nah zu sein. Das imponiert mir. Wie Hiob aufsteht und sagt: Ich bin zwar nur ein kleiner Mensch, aber ich habe das Recht auf eine Antwort. 

Zweitens lerne ich von Hiob, dass Gott in keine Schublade passt: Gott ist kein Buchhalter, der mal bestraft und mal belohnt. Er ist ganz anders als unsere menschliche Logik. Auch wenn es schwer zu glauben ist: Am Ende fühlt sich Hiob Gott sogar näher als zuvor. Er versteht jetzt: Gott ist größer und lässt sich nie ganz begreifen. Aber er sieht mich.

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