SWR3 Gedanken

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Was macht man, wenn Kinder schreien? Auf den Arm nehmen, gut zureden, trösten, singen, durch die Wohnung tragen - klar. Jedenfalls so lange, bis man die ersten Rillen in den Teppich gelaufen hat und die Stimme heiser wird.

Wer allerdings mit Ringen unter den Augen, anderen sein Leid klagt, bekommt oft zu hören: "Lass sie doch einfach schreien. Ins Kinderzimmer und Tür zu. Hat uns auch nicht geschadet. Stärkt die Lungen! Außerdem; zu viel hochnehmen verwöhnt nur"

Das ist meiner Frau und mir passiert und vielen anderen Eltern geht es ähnlich.

Mich haben diese Ratschläge immer geärgert. Erstens, weil mich meine Tochter mürbe macht, ob sie nun hinter oder vor der Kinderzimmertür schreit, und zweitens finde ich den Vorwurf: Du verwöhnst dein Kind unmöglich. Sollten sich Kinder schon mit drei Monaten an das harte Leben gewöhnen?

Mir haben bei meinem Ärger zwei Sätze geholfen.
Der erste stammt aus einem Ratgeber für frischgebackene Eltern. Da heißt es: Sie können ihr Kind mit ihrer Liebe nicht verwöhnen! Mit Dingen, die sie ihm schenken wohl, aber nicht mit ihrer Liebe." Der zweite Satz stammt aus der Bibel. Da steht in einem Psalm: Du hörst mein Weinen, Gott.

Das klingt für mich nicht danach, dass Kinder ihre Lungen stärken sollen einsam in ihrem Zimmer. Nein, Gott ist es nicht wurscht, wie es dem Kind dabei geht. Du hörst mein Weinen, Gott. Das tut gut. Ob dem Kind oder den Eltern.
Weil es leider auch Situationen gibt, in denen ich meine Tochter schreien lassen muss. Nicht damit die Lungen gestärkt werden, sondern Weil ich einfach keine Kraft mehr habe und nach einer durchwachten Nacht körperlich am Ende bin. Dann hilft es mir zu wissen: Nicht nur ich höre das Schreien, sondern auch Gott. Vielleicht spürt unsere Tochter das ja auch schon, so klein wie sie ist. Da hört einer mein Schreien. Und ist da. Auch wenn er mich nicht sofort auf den Arm nimmt.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=2469
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