SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Heute Abend fängt der Deutsche Evangelische Kirchentag  an. Gerade jetzt in diesen Minuten geht in Berlin der Eröffnungsgottesdienst zu Ende. „Du siehst mich“  das ist das Motto des Kirchentags in diesem Jahr. Dort wird dieses Jahr besonders die Reformation gefeiert. Und Martin Luther, der der Kirche ein neues Gesicht geben wollte.

„Du siehst mich“: Das ist die Erfahrung einer Frau namens Hagar. Die Bibel erzählt von ihr. „Du siehst mich“. Hagar sagt das über Gott. Ohne, dass sie eigentlich was dafür konnte, war sie auf der Flucht. Aber Gott hat sie gesehen. Er hat sie in ihrem Elend nicht allein gelassen. Durch einen ganz fremden Menschen hat er ihr Mut gemacht. Und hat ihr gezeigt, dass er sie auf ihrem Weg begleiten wird. Immer.

Du siehst mich. Das war für Martin Luther auch klar. Gott sieht mich. Aber anfangs war dieses Du siehst mich überhaupt nichts Positives für ihn. Er hatte immer das Gefühl, dass er noch mehr machen muss. Mehr leisten muss, damit er für Gott gut genug ist. Mehr beten, mehr pilgern, mehr spenden. Gott sieht und beobachtet mich, hat er geglaubt, so wie alle damals. Und wenn ich etwas nicht richtig mache, dann bestraft er mich. Vor diesem Gott hatte Luther Angst.

Erst durch seine Studien ist ihm klar geworden, dass Gott ihn nicht mit einem strafenden Blick ansieht. Sondern liebevoll und barmherzig. Und das ohne, dass ein Mensch was dafür tun muss. Luther ist klar geworden, dass der Glaube allein reicht. Es reicht, wenn ich darauf vertraue: Ja, Gott sieht mich. Wie ein Vater, der es gut mit mir meint. Der nur das Beste für mich will. Und der mir immer wieder klar macht: Du bist genau so richtig, wie Du bist. Das war Luthers reformatorische Entdeckung. Und das wollte er mit der ganzen Welt teilen. So hat die Reformation angefangen.

Du siehst mich. Das gilt auch 2017 noch. Gott sieht mich. In Berlin und Wittenberg werden zum Kirchentag deshalb bis zu 200.000 Menschen erwartet, die sich darauf besinnen wollen. Ein großes Fest feiern. Diskutieren, zuhören, Neues kennenlernen und dabei spüren: Die Menschen sind Gott nicht egal. Gott sieht auch mich ganz persönlich an. Ich bin ihm wichtig.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24277
weiterlesen...