SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Ich habe viel mit jungen Leuten zu tun. Wenn ich mit einem von ihnen persönlich spreche, geht mir das oft noch lange nach. Wie bei dem Jungen, der bei mir saß, weil es um bessere Leistungen in der Schule ging. Als wir miteinander gesprochen haben, ist schnell deutlich geworden, dass sein Problem gar nicht so sehr die Begabung oder der Fleiß ist. Es ist eher sein Selbstvertrauen. Er traut sich vieles einfach nicht zu. Wenn in der Prüfung eine schwierige Aufgabe gestellt wird, fängt er gar nicht erst damit an. Er denkt, dass er es sowieso nicht kann. Und wenn es irgendwo einen Wettbewerb gibt, dann nimmt er nicht teil, weil er denkt, dass er sowieso keine Chance hat im Vergleich mit den anderen.

Mir sind seine Augen aufgefallen. Sein Blick ist immer wieder traurig nach unten gewandert. Und er ist still geworden. Es war beinahe mit den Händen zu greifen, wie diese Gedanken ihn beschäftigen und ihn daran hindern, mutig nach vorne zu schauen.

Es sind ja vor allem solche Gedanken, die einen klein machen und entmutigen. Und klar, wenn ich eine Aufgabe gar nicht anpacke oder nur mit massiven Zweifeln, dann wäre es ja fast schon seltsam, wenn dabei ein grandioses Ergebnis rauskäme. Allein schon, weil die negativen Gedanken ablenken und Kraft brauchen, die man besser in die Aufgabe stecken könnte.

Wenn ich so etwas sehe, frage ich mich, wieso es so gekommen ist, dass jemand so denkt. Vielleicht liegt es am Erziehungsstil seiner Eltern oder ein Lehrer hat mal was Abschätziges über ihn gesagt, was immer noch bei ihm tief sitzt. Ich will gerne etwas dazu beitragen, dass so etwas bei anderen Menschen nicht mehr entsteht. Ich kann darauf achten, ob das, was ich sage, andere herabsetzt oder eher aufrichtet. Als Christ sehe ich es sogar als meinen Auftrag an, andere aufzurichten. So hat es Jesus vorgemacht. Er urteilt nicht über die anderen Menschen, er richtet sie auf. Wo sie entmutigt sind und auf ein Urteil warten, sagt er oft: Los, geh hin, probier‘s mal anders und glaub an das Gute in Dir!

Ich frage mich oft, welche Mittel es gibt, um andere Menschen aufzurichten, wenn sie solche Selbstzweifel haben und nicht aus ihrer Sorge herauskommen. Mit dem Schüler übe ich jetzt, dass er seinen entmutigenden Gedanken mutmachende Sätze entgegensetzt. Denn dieses Umdenken kann man lernen und üben. Mit einem Stopp für die schlechten Gedanken und mit einem Satz, den ich gegen sie setze und wie eine Schallplatte wiederhole. Solange bis mein Mut die anderen Gedanken übertönt. Ein solcher Satz ist zum Beispiel: Ich tu, was ich kann.

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